Ein Zombie-Ausschuss im Parlament?
Die Höchstrichter entscheiden, ob der von der ÖVP beantragte U-Ausschuss rechtskonform ist. Davon hängt ab, ob Akten geliefert werden und Zeugen aussagen müssen.
In rund zwei Wochen, am 13. März, sollen die Befragungen im Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“starten. Ob das wirklich so sein wird, ist noch offen. Denn diese Woche befasst sich der Verfassungsgerichtshof mit Aktenlieferungen an diesen von der ÖVP beantragten U-Ausschuss. Und da wird es auch um die grundsätzlichere Frage gehen, ob der Untersuchungsgegenstand verfassungsrechtlich korrekt formuliert wurde.
SPÖ und FPÖ haben sich an die Höchstrichter gewandt. Die beiden Oppositionsparteien wollten von ÖVP-Ministern dieselben Unterlagen, die die ÖVP von sozialdemokratischen und freiheitlichen Ressortchefs angefordert hatten, was die Koalitionsmehrheit abgelehnt hatte. Diese Entscheidung sei rechtswidrig, weil der gesamte Untersuchungsgegenstand rechtswidrig sei, so die Begründung.
Dazu muss man wissen: Gegenstand eines U-Ausschusses darf nur ein abgeschlossener Vorgang in der Bundesverwaltung sein. Dieses Grundprinzip ist in der Vergangenheit immer schon sehr großzügig ausgelegt worden, sachliche und zeitliche Zusammenhänge wurden konstruiert, um dem Gesetz genüge zu tun. Diesmal aber, so die Argumentation der Opposition, gebe es die einheitliche Klammer nicht, die die unterschiedlichen Themen zusammenhalte. Schon der Fokus auf SPÖ und FPÖ sei ein „unsachlicher Zusammenhang“. Die beiden Parteien hätten nichts miteinander zu tun. Zudem seien verschiedene Themen wie Inseratenvergaben, Untersuchung der Staatsanwaltschaften und gar der gesamten Bundesverwaltung in dem Antrag enthalten. Und auch der Untersuchungszeitraum von 2007 bis 2020 sei sehr weit gefasst. „Ein Paradefall von Unzulässigkeit“, heißt es aus dem SPÖ-Klub.
Und was passiert, wenn die Höchstrichter tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass der Untersuchungsgegenstand rechtswidrig
ist? Darüber herrscht derzeit großes Rätselraten. Juristisch wäre das „Neuland“, sagt Parlamentsexperte Werner Zögernitz, einst ÖVP-Klubdirektor. Denn normalerweise würden derlei Grundsatzfragen ja bei der Einsetzung geklärt.
VfGH gibt die Richtung vor
Verfassungsrechtsprofessor Peter Bußjäger erklärt, dass jedenfalls ein neuer Untersuchungsgegenstand definiert werden müsste, sofern der VfGH den alten als ungültig klassifiziert. Sonst könne der Ausschuss schließlich nicht funktionieren. Den U-Ausschuss abdrehen könne der VfGH aber auch nicht. Möglich wäre, dass der U-Ausschuss zwar weiter existiert, aber niemand gezwungen werden kann, Akten zu liefern oder dort auszusagen, so die Vermutung der SPÖ. Ein ZombieAusschuss quasi – tot und lebendig zugleich. Aus der Parlamentsdirektion heißt es, dass der VfGH wohl die weitere Vorgehensweise nahelegen würde.
Nicht nur SPÖ und FPÖ klagen
über fehlende Akten, auch die ÖVP hat bisher wesentliche Teile der angeforderten Unterlagen nicht bekommen. Auch da geht es um die Frage, ob die Anforderungen rechtlich gedeckt sind. Es ist laut ÖVPFraktionschef Andreas Hanger das vordringlichste Anliegen des UAusschusses, Skandale der ihm zufolge „im Wesen korrupten“Freiheitlichen neu aufzurollen.
Und da geht es um Vorgänge, die mit der Bundesverwaltung – und nur die darf das Parlament kontrollieren – recht wenig zu tun haben. Die ÖVP will nämlich die Lieferung von Akten aus dem Verfahren zum Grazer FPÖ-Finanzskandal mit mutmaßlich veruntreuten Fördergeldern. Und sie will die rund 20 Jahre alte Causa „Ideenschmiede“nochmals aufrollen. Da geht es um Aufträge des Landes Kärnten an eine Werbeagentur, wobei der Verdacht der Kickback-Zahlungen an die FPÖ bestand. Involviert war der heutige FPÖ-Chef Herbert Kickl, gegen den allerdings nie ermittelt wurde.
In beiden Fällen geht es also ganz offensichtlich um keine Vorgänge in der Bundesverwaltung. Um sie in den U-Ausschuss zu holen, versuchte die ÖVP einen Kunstgriff, der schon in früheren Fällen erfolgreich angewandt wurde: Sie will die Ermittlungen der Justiz in diesen Fällen prüfen.
Zadić wartet auf den VfGH
Justizministerin Alma Zadić verweigert allerdings dem Koalitionspartner zumindest bisher die Akten. Zur Begründung zieht sie den Untersuchungsgegenstand heran: Der sei auf Handlungen von SPÖund FPÖ-Mitgliedern der Bundesregierung eingeschränkt. Und die haben eben nicht das Justizministerium geführt. Wie die Sache ausgeht, ist noch unklar: In einem der „Presse“vorliegenden Brief erklärte das Justizressort dem Parlament, dass man „um Verständnis“wegen der ausgebliebenen Lieferung bitte, man müsse aber jedenfalls noch eine Entscheidung des Höchstgerichts abwarten.