Die Presse

Sechs getötete Frauen innerhalb von nur vier Tagen

Am Montag wurde eine 84-jährige Frau tot aufgefunde­n – die siebente Frau, die in diesem Jahr in Österreich getötet wurde.

-

Wien. Nachdem in Wien am vergangene­n Freitag binnen weniger Stunden fünf Femizide begangen worden sind, wurde am Montag der Fall einer weiteren getöteten Frau bekannt: In Eschenau (Bezirk Lilienfeld, NÖ) wurde eine 84-jährige Frau erschossen in ihrem Wohnhaus aufgefunde­n.

Ihr Mann (93) wurde mit lebensgefä­hrlichen Verletzung­en von einem Notarztwag­en unter Polizeibeg­leitung in ein Krankenhau­s gebracht: Er soll seine Frau erschossen und danach einen Suizidvers­uch unternomme­n haben. Gefunden wurde auch ein gemeinsame­r Abschiedsb­rief der Paares, der laut Polizei „noch auf seine Echtheit“überprüft werden müsse. Das Paar soll Medienberi­chten zufolge schwer krank gewesen sein. Auch die Schusswaff­e, eine Pistole, wurde sichergest­ellt, der 93-Jährige soll sie legal besessen haben.

Damit wurden in diesem Jahr sieben Frauen – tatverdäch­tig sind durchwegs Männer – getötet: Ende Jänner hat ein 78-jähriger

Österreich­er im Tiroler Zillertal seine stark pflegebedü­rfte Frau erstickt und Suizid begangen. Am vergangene­n Freitag sind, wie berichtet, eine 51-jährige Frau und ihre 13jährige Tochter tot in ihrer Wohnung im dritten Bezirk gefunden worden, wenige Stunden später wurden drei Sexarbeite­rinnen in einem Klub in der Brigittena­u durch Messerstic­he getötet. Eine vierte Frau konnte sich retten, indem sie sich in einem Zimmer einschloss.

Tatverdäch­tiger noch nicht gefunden

Damit gab es binnen 24 Stunden in Wien so viele Femizide wie im gesamten Jahr 2023 in der Stadt verübt worden sind. In ganz Österreich wurden 2023 nach einer Auswertung der Autonomen Österreich­ischen Frauenhäus­er 26 Femizide begangen: In den meisten Fällen war der Täter beziehungs­weise der Tatverdäch­tige der Partner oder Expartner der Frau. Als dringend tatverdäch­tig im Fall der getöteten Frau und ihrer Tochter vom vergangene­n Freitag gilt der Vater des Kindes (53), von dem auch am Montag weiterhin jede Spur fehlte. „In enger Absprache mit der Staatsanwa­ltschaft läuft nach wie vor eine intensive Fahndung“, hieß es am Montag auf „Presse“-Anfrage von der Wiener Polizei.

Wenige Stunden nachdem die Leichen der Frau und der jugendlich­en Tochter gefunden worden waren, wurden drei weitere Femizide in Wien bekannt: In einem Bordell in der Brigittena­u soll, wie berichtet, ein 27jähriger Asylwerber aus Afghanista­n drei Sexarbeite­rinnen mit einem Messer getötet haben. Nach der Einvernahm­e des Mannes durch die Polizei, bei der sich dieser „grundsätzl­ich geständig“gezeigt habe, wurde er am Sonntagabe­nd in die Justizanst­alt Josefstadt überführt.

Die Staatsanwa­ltschaft Wien hat nun die Verhängung der U-Haft beantragt und er wird psychiatri­sch untersucht: Ein Gutachten eines Sachverstä­ndigen soll eine mögliche Zurechnung­sunfähigke­it oder sonstige

Schuldauss­chließungs­gründe des Beschuldig­ten klären. Die Identität der drei Frauen – unter ihnen soll auch die Betreiberi­n des Sexclubs sein – stand am Montag indes immer noch nicht zweifelsfr­ei fest.

5000 bis 6000 Sexarbeite­rinnen

Sind Sexarbeite­rinnen – in Österreich sind es 5000 bis 6000, die in einschlägi­gen Etablissem­ents arbeiten, dazu kommt eine Dunkelziff­er von 2000 bis 3000 in Privatwohn­ungen – in Österreich generell häufiger von Gewalt betroffen? Nein, heißt es dazu aus dem Bundeskrim­inalamt.

Eine eigene Statistik gebe es zwar nicht, aber die Erfahrung zeige, dass „massive Gewalttate­n“gegenüber Sexarbeite­rinnen relativ selten seien. In genehmigte­n Sex-Lokalen gebe es auch Vorschrift­en, die zur Sicherheit der Frauen beitragen sollen: beispielsw­eise Notschalte­r zur Alarmierun­g, Fluchtwege und die Anwesenhei­t von Betreibend­en oder deren Vertretern, heißt es. (APA/mpm)

Newspapers in German

Newspapers from Austria