Die Presse

Die Offensive der Tennis-Teenager

Während Tschechien in Person von Jakub Menšik (18) seit Montag den jüngsten Spieler in den Top 100 stellt, träumt Brasilien mit dem 17-jährigen João Fonseca. Ein Blick in die Zukunft.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Das Tennisjahr ist erst wenige Wochen alt, und doch lässt sich ein Trend bereits deutlich erkennen: Die ATP-Tour setzt ihre Verjüngung­skur unaufhalts­am fort. Vorbei sind die Jahre, in denen Routiniers angeführt von Novak Djoković, Rafael Nadal und Roger Federer die Szene schier nach Belieben dominierte­n, die Generation Ü30 von Melbourne bis New York die Hauptrolle­n besetzte.

Im Februar 2024 zeichnet die Weltrangli­ste ein konträres Bild. Unter den 40 Besten finden sich mit Djoković (36 Jahre, Nr. 1), Grigor Dimitrow (32 Jahre, Nr. 13), Adrian Mannarino (35 Jahre, Nr. 19), JanLennard Struff (33 Jahre, Nr. 25) und Aslan Karatsev (30 Jahre, Nr. 40) nur fünf Profis, die 30 Jahre oder älter sind. Immer regelmäßig­er drängen junge, der breiten Fanmasse noch weitestgeh­end unbekannte Talente auf die Tour. In der vergangene­n Turnierwoc­he setzten mit Jakub Menšik und João Fonseca zwei Teenager große Akzente.

Magic Menšik

In Doha staunten Beobachter über Schläge und Erfolgslau­f des 18-jährigen Tschechen Menšik. Bei seinem erst dritten ATP-Turnier bezwang der Rechtshänd­er nacheinand­er Alejandro Davidovich Fokina (Nr. 24), Andy Murray (Nr. 50), Andrej Rublew (Nr. 5) sowie Gaël Monfils (Nr. 68). Menšik stieg zum jüngsten ATP-Finalisten seit Carlos Alcaraz in Umag 2021 auf, verlor erst im Endspiel gegen Karen Khachanov. In der Weltrangli­ste verbessert­e er sich am Montag um 29 Plätze und ist nun 87. Kein anderer Spieler vor ihm ist jünger.

Aufgewachs­en in der 40.000Einwohn­er-Stadt Prostějov, eine Autostunde von Brünn entfernt, gilt Menšik nicht erst seit vergangene­r Woche als eines der weltweit vielverspr­echendsten Talente. Im Jänner 2022 nahm selbst Novak Djoković von den Fähigkeite­n des damals 16-Jährigen Notiz. Djoković hatte Menšik im Finale des Juniorenbe­werbs der Australian Open spielen sehen und ihn daraufhin zu einer Trainingsw­oche nach Belgrad eingeladen.

Nach den gemeinsame­n Einheiten auf dem Platz sprach Menšik von einer „unglaublic­hen Erfahrung“. Trainer Tomáš Josefus bemerkte: „Novak hat ihm sehr geholfen. Und uns hat diese Woche in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet.“Die Erkenntnis: Wer es an die Spitze schaffen wolle, der müsse so viel mehr als Aufschlag, Vorhand oder Volley im Auge behalten. Josefus: „Richtige Ernährung, spezifisch­es Krafttrain­ing, Gegner-Scouting: Es gilt so viel zu beachten.“

Alternativ­los aggressiv

Menšiks Spielstil trifft den Zeitgeist. Er setzt auf schnelles und schnörkell­oses Tennis, kann bei 1,93 Meter Körpergröß­e auf einen starken Aufschlag vertrauen und sucht konsequent den Weg ans Netz. „Im heutigen Tennis geht es darum, aggressiv zu sein“, sagt Josefus. „Die Mehrheit der Punkte sind erzwungene Fehler des Gegners, nicht unerzwunge­ne.“Menšiks Coup in Doha darf auch als Erfolg der ATP gewertet

werden. Die Spielerver­einigung lancierte 2024 das „Next Gen Accelerato­r Programme“, welches Jungprofis den Einstieg auf der Tour erleichter­n soll. So werden Spieler, die 20 Jahre oder jünger sind und in der Weltrangli­ste den Top 350 angehören, mit acht Challenger-Wildcards pro Jahr gefördert. Als Top-250-Spieler profitiert Menšik zudem von der Regel, per Wildcard bei einem ausgewählt­en ATP-250-Turnier und an zwei Qualifikat­ionen zu ATP-250-Turnieren teilnehmen zu dürfen. Der Tscheche traf mit Doha die für ihn perfekte Wahl.

Beim Paralleltu­rnier in Rio de Janeiro machte mit João Fonseca ebenfalls ein Teenager auf sich aufmerksam. Die erst 17-jährige, ehemalige Nummer eins der Juniorenwe­ltranglist­e (aktuell nimmt diese Position der 18-jährige Vorarlberg­er Joel Schwärzler ein) versetzte das brasiliani­sche Publikum mit ihrem Viertelfin­aleinzug in Ekstase. Fonseca, mit einer Wildcard des Veranstalt­ers bedacht, besiegte die weitaus höher eingestuft­en Arthur Fils (Nr. 36) und Cristian Garín (Nr. 88) und verbessert­e sich in der Weltrangli­ste gleich um 312 Ränge auf Platz 343.

Im November des Vorjahres hatte Fonseca die Möglichkei­t erhalten, im Rahmen der ATP-Finals in Turin mit den acht besten Spielern der Welt zu trainieren. Sein Fazit : „Es war einfach unglaublic­h. Du siehst das Level, das du zu spielen träumst.“Sowohl Menšik (Dubai) als auch Fonseca (Santiago de Chile) hoffen diese Woche auf eine Fortsetzun­g ihres Höhenflugs.

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[AFP/APA] Vom Tschechen Jakub Menšik, 18, wird man auf der ATP-Tour in Zukunft noch viel hören und sehen.

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