Österreich schüttelt Energiekrise ab
Die heimische Handelsbilanz hat sich nach dem Energieschock von 2022 wieder gefangen. Heuer und 2025 sinkt die preisliche Wettbewerbsfähigkeit im Export aber wieder.
Wien. Das Jahr 2022 war eine Zäsur für den heimischen Außenhandel. So sorgten der Angriff Russlands auf die Ukraine und der darauf folgende rasante Anstieg der Energiepreise zum größten Handelsbilanzdefizit seit fast 30 Jahren (siehe Grafik). Doch dieser Einbruch ist inzwischen verdaut, wie aus dem am Montag veröffentlichten „Jahresgutachten zur Lage der österreichischen Außenwirtschaft“hervorgeht, das von einer Kooperationsplattform mehrerer heimischer Universitäten und Wirtschaftsforschungsinstitute herausgegeben wird.
Demnach verbesserte sich die Warenhandelsbilanz im Vorjahr um 16,8 Mrd. Euro und sank auf ein Minus von 3,8 Mrd. Euro oder 0,8 Prozent des BIP. Wichtiger Grund dafür ist die Verbesserung der Terms of Trade – also des Verhältnisses zwischen den Preisen von importierten und exportierten Gütern. Diese wurden aufgrund des Rückgangs der Energiepreise für die heimische Volkswirtschaft wieder deutlich positiver.
Gewinn von Marktanteilen – vorerst
Diese gute Entwicklung dürfte im Vorjahr auch zu einer stärkeren Marktposition Österreichs geführt haben. So war das österreichische Exportwachstum von zwei Prozent deutlich stärker als die konjunkturelle Veränderung in den Exportmärkten, die um 1,8 Prozent schrumpften. „Somit dürften nicht nur die nominellen Marktanteile österreichischer Exporteure ausgeweitet worden sein, sondern auch die realen Exportmarktanteile“, schreiben die Ökonomen.
Auch für heuer erwarten die Studienautoren erneut einen deutlichen Anstieg der realen Warenexporte um zwei Prozent. Das Handelsbilanzdefizit von prognostizierten 3,9 Mrd. Euro soll zudem durch den Überschuss in der Dienstleistungsbilanz „mehr als ausgeglichen werden“. Dadurch ergebe sich in Summe für 2024 ein Leistungsbilanzüberschuss von 13,1 Mrd. Euro oder 2,6 Prozent des BIPs. Eine Entwicklung, die sich im kommenden Jahr weiter fortsetzen und dann sogar zu einem Leistungsbilanzüberschuss von 14,2 Mrd. Euro führen dürfte.
Allerdings gibt es nicht nur gute Nachrichten in der Prognose. So bleibe der Druck auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit weiterhin hoch. Und das hat auch Auswirkungen auf die Marktanteile der Exporteure. Diese werden trotz der in Summe wachsenden Exportzahlen prozentuell an Marktanteilen verlieren, erwarten die Ökonomen. „Das Wachstum der Exportmärkte auf Basis der internationalen Konjunkturprognosen dürfte im Jahr 2024 2,5 Prozent erreichen und damit über dem Wachstum der österreichischen Warenausfuhren liegen. Für die österreichische Industrie ist im laufenden Jahr 2024 daher mit leichten Marktanteilsverlusten zu rechnen“, heißt es.
Ein wichtiger Grund dafür ist nicht zuletzt die deutlich über dem EU-Schnitt liegende Inflation, die über die Lohnanpassungen im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen inzwischen zu sogenannten Zweitrundeneffekten führt und so die Exportpreise österreichischer Güter verteuert. Ein anderer Unsicherheitsfaktor für die Zukunft ist laut dem Gutachten die steigende Bedeutung der USA für Österreichs Exporteure. Die erhöhe das Risiko künftiger protektionistischer Tendenzen – sollte etwa Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehren.