ORF III will Jüngere verführen
Peter Schöber, Senderchef von ORF III, will die Infoschiene ausbauen und einen Klassik-Podcast starten. Das Kabarett bekommt neue Formate, Beethoven wird gewürdigt.
Wenn Peter Schöber über ORF III spricht, dann merkt man: Das ist sein Baby. Er leitete schon ab 2010 den Fernsehsender TW1 und war federführend daran beteiligt, dass aus dem Tourismusund Wetterkanal 2011 der Kultur- und Informationssender ORF III hervorgehen konnte. Ein Spartenkanal, mit dem Schöber noch einiges vorhat, wie er im Gespräch mit der „Presse“sagt. Der ORF sei aufgefordert, Eigen- und Koproduktionen auszubauen. Für ihn sei es daher logisch, den Newsbereich im Tandem mit ORF2 weiter zu stärken: „Wir von ORF III übernehmen nach ,Guten Morgen Österreich‘ volley bis zur 13-Uhr,ZiB‘: Das sind dreieinhalb Stunden Information
täglich von Montag bis Freitag. Wir wollen das jetzt schrittweise in Richtung Nachmittag ausbauen.“Gerade im Info-Bereich gebe es viele Synergien. ORF III profitiere durch die neue Struktur im ORF-Zentrum am Küniglberg: „Wir können die Ressourcen des Newsrooms nutzen. Das ist ja nicht nur ein physisches Gebäude, es wurde auch technische Infrastruktur geschaffen.“Zusätzlich könne ORF III auf die Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen aus dem Infobereich zugreifen, auch ganze Beiträge abrufen: „Die Zusammenarbeit mit dem großen Newsroom funktioniert sehr gut“, sagt Schöber. Es sei „eine gut geölte Infomaschinerie“. Man arbeite in enger Abstimmung, vor allem auch bei unerwarteten aktuellen Ereignissen wie dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, wo ORF III die Berichterstattung von ORF 2 mit einem Kurz-Porträt, einer Diskussionsrunde und einer Doku ergänzt habe. „Wir sind mit ORF 2 immer im Doppelpass unterwegs.“
„Erlebnis Bühne“bekommt Podcast
Und wird auch ORF III multimedial mehr anbieten? Die lineare Ausspielung der Sendungen stehe zwar im Vordergrund, sagt Schöber, aber auch ORF III habe digitale Pläne: Der Info-Podcast solle ausgebaut werden, einzelne Sendungen in die digitale Welt getragen werden, wie man es schon mit dem Podcast zu „Österreich – Die ganze Geschichte“gemacht habe. Als Nächstes kommt die Klassik dran: „Wir werden einen ,Erlebnis Bühne‘-Podcast bauen.“Und man wolle im Bereich Social Media weiter Akzente setzen: „Wir machen eigene Beiträge etwa für Instagram, um mit Versatzstücken aus unseren Programmen ein jüngeres Publikum zum ORF-III-Konsum zu verführen.“
Schwerpunkt zu Beethoven
Kultur dürfe kein Elitenthema sein. ORF III habe die Aufgabe, den Menschen einen möglichst breiten Zugang zu vermitteln, auch über die Kooperation mit 3sat, Arte und ARD alpha. 2024 ist etwa ein Beethoven-Projekt geplant: Arte präsentiert zum 200-JahrJubiläum von Beethovens Neunter am 7. Mai die vier Sätze von Beethovens letzter vollendeter Symphonie nacheinander live zeitversetzt aus vier europäischen Städten: Leipzig, Paris und Mailand, und „der vierte und mit der Europahymne wohl wichtigste Satz wird aus Wien kommen – mit den Wiener Symphonikern und Joana Mallwitz am Pult.“Dieses ungewöhnliche Konzert ist Teil eines umfassenden Beethoven-Schwerpunkts: Unter anderem wiederholt ORF III schon am 28. April den Zweiteiler „Beethovens Wien“und ORF2 zeigt die neue Dokumentation „Das Kärntnertortheater und Beethovens Neunte – Ein musikalischer Krimi“(5. und 9. Mai). ORF III plant außerdem die Ausstrahlung eines ungewöhnlichen Konzertprojekts: die Vervollständigung der von Beethoven nur in Skizzen hinterlassenen 10. Symphonie.
Neue Kabarettformate
Nicht zu kurz kommen soll auch die Kleinkunst, der Spartensender holt mehrere neue Formate ins Programm. So greifen ab Mai namhafte Kabarettisten in „Meine Bewunderung gilt …“ihre Vorbilder auf. Im selben Monat bekommen die Jüngeren in der Szene die Gelegenheit, bei einer Show ihre Pointen vor einer Fachjury abzuliefern. Im Herbst folgt dann der „Mimi-Wunderer-Kabarettpreis“.
Im Bereich Wissenschaft kommt „Werner Grubers Experimentalküche“hinzu. Der Physiker wird kochen, experimentieren und „den Menschen Wissenschaft unterhaltsam und relativ niederschwellig näherbringen“, sagt Schöber. Mit der Performance des Senders ist er zufrieden: „ORF III ist mit einem Marktanteil zwischen 2,8 und 3 Prozent der mit Abstand erfolgreichste deutschsprachige Kultur- und Informationssender in Europa.“3sat etwa erreiche in Österreich einen Marktanteil von 1,4 Prozent.