Eine Milliarde für den Wohnbau
Konjunkturpaket. Der Bauboom geht zu Ende, die Regierung steuert dagegen und finanziert 25.000 neue Wohnungen – ein großer Teil davon im Eigentum.
Wien. Das Ambiente: nackter Beton. Das Stehpult : übereinandergestapelte Paletten, darüber eine Schalungsplatte. Es ist, als wollte die türkis-grüne Koalition in ihrer Endphase zeigen: Wir beherrschen die Kunst der Inszenierung immer noch. Und Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und sein Vize Werner Kogler (Grüne) wecken Erinnerungen an den Beginn ihrer Zusammenarbeit, als es noch hieß: das Beste aus beiden Welten.
Es ist ein Bauprogramm, das die Koalition hier, im Rohbau einer neuen Wohnungsanlage am Nordrand Wiens, präsentiert. Das Beste aus der Welt der ÖVP heißt hier: Es wird 10.000 neue Eigentumswohnungen geben. Nehammer hat ja gerade erst in seinem „Österreich-Plan“die Förderung des Eigentums auf seine Fahnen geschrieben. Das Beste aus der Welt der Grünen: 5000 Wohnungen werden saniert. Und die 10.000 neuen Mietwohnungen reklamiert Kogler auch noch irgendwie für seine Welt. Nicht enthalten im türkis-grünen Kosmos ist die Welt der Sozialpartner. Deren Vorschlag, Jungfamilien bis zu 100.000 Euro für das erste Eigenheim zu spendieren, wurde schlicht ignoriert. Oder, wie Nehammer es formuliert: „Im Wettbewerb der Ideen“hat sich der umstrittene Vorschlag nicht durchgesetzt.
Eine Milliarde Euro gibt die Regierung für die Belebung des Wohnbaus über die gemeinnützigen Bauträger aus. Die Länder werden Wohnbaudarlehen bis zu 200.000 Euro mit einem Zinssatz von maximal 1,5 Prozent vergeben. Zudem wird die alte ÖVPForderung nach Streichung der Grundbucheintragungsgebühr sowie der Pfandrechtseintragungsgebühr (für die ersten 500.000 Euro) für das erste Eigentum umgesetzt. Immobilienkäufern bringt das eine Entlastung von immerhin bis zu 11.500 Euro. Und es gibt einen Handwerkerbonus, Details dazu will die Regierungsspitze aber erst am Mittwoch veröffentlichen. Insgesamt 40.000 Arbeitsplätze sollen mit diesen Maßnahmen gesichert werden.
Bauboom zu Ende
Aber warum braucht man das Konjunkturpaket überhaupt? In den vergangenen Jahren hat es – angetrieben durch die niedrigen Zinsen – einen Bauboom gegeben. So wurden 2022 mehr als 77.000 Wohneinheiten fertiggestellt, deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt. Im Vorjahr waren es mit rund 63.000 immer noch recht viele. Doch der Bauboom ist zu Ende, was sich aus den Baubewilligungen ablesen lässt, deren Zahl deutlich zurückgegangen ist. So wurden im Vorjahr im mehrgeschoßigen Wohnbau nur rund 15.000 Einheiten genehmigt, 2020 waren es noch 45.000.
An Wohnbauförderungsmitteln würde es eigentlich nicht mangeln: Die Länder hatten laut einer Statistik der gemeinnützigen Bauvereinigungen in den vergangenen Jahren im Schnitt 2,58 Mrd. Euro zur Verfügung – haben aber nur 1,92 Mrd. Euro dafür ausgegeben. An eine Wiedereinführung der Zweckbindung denkt die Regierung nicht und schüttet stattdessen nochmals eine Mrd. Euro aus. Ob das wirkt? „Von der Stoßrichtung her ist es sehr sinnvoll“, sagt Michael Klien, Bauwirtschaftsexperte beim Wifo. Das Paket erkenne an, dass Geschwindigkeit das oberste Gebot sei. Und auch der Fokus auf den Wohnbau sei sinnvoll, denn im Tiefbau spüre man de facto keine Krise. Gut sei auch, dass alle Maßnahmen befristet seien.
Etwas kritischer sieht Jan Kluge, Ökonom bei der Agenda Austria, das Paket: Er kritisiert, dass die Wohnbauförderungsmittel der Länder nicht eingesetzt werden. Und dass Kreditvergaben auf der einen Seite an die kurze Leine genommen, auf der anderen Seite aber staatliche Kredite an Personen vergeben werden, die diese von den Banken nicht bekommen – und zu Konditionen, die bei den Banken nicht erhältlich sind. Da entstehe die Gefahr einer neuen Kreditblase. Positiv sieht man bei der Agenda Austria hingegen den Wegfall der Gebühren.