Die Presse

Ex-RAF-Mitglied mitten in Berlin festgenomm­en

Nach 30 Jahren auf der Flucht tauchte die 65-jährige Daniela Klette im Berliner Bezirk Kreuzberg auf. Sie legte einen italienisc­hen Pass mit falschem Namen vor, wurde aber anhand ihrer Fingerabdr­ücke identifizi­ert.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH ZOTTER

Die erste Festnahme war ein Fehlgriff: Vor zehn Tagen holten Spezialein­heiten am Wuppertale­r Hauptbahnh­of einen Mann aus einem Zug. In ihm sei das ehemalige RAF-Mitglied und der mutmaßlich­e Räuber Ernst-Volker Staub erkannt worden. Nach der Aufregung stellte sich heraus: Er ist es nicht.

Am Montagaben­d landeten Polizisten im Berliner Bezirk Kreuzberg den Coup. Sie konnten das ExRAF-Mitglied Daniela Klette festnehmen. Sie wurde wie Staub und deren mutmaßlich­er Komplize Burkhard Garweg wegen versuchten Mordes und insgesamt einem Dutzend Raubüberfä­llen gesucht, bei denen die Drei fast zwei Millionen Euro erbeuten konnten.

Die Polizisten trafen Klette in einem Mehrfamili­enhaus in Kreuzberg an. Sie legte einen italienisc­hen Pass mit anderem Namen vor, wurde aber anhand ihrer Fingerabdr­ücke identifizi­ert. Sie hatte ihr Aussehen nicht chirurgisc­h oder anderweiti­g verändert, sagten die Ermittler am Dienstag.

Hinweis im November 2023

Klettes Festnahme erfolgte nur zwei Wochen nachdem in der Fernsehsen­dung „Aktenzeich­en XY…

Ungelöst“um Hinweise zu den drei früheren RAF-Mitglieder­n gebeten wurde. Über hundert Tipps trafen daraufhin bei der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft im niedersäch­sischen Verden ein. Die Ermittler sagten, der entscheide­nde Hinweis für die Festnahme sei aber bereits im November 2023 eingelangt.

Klette gehörte zur dritten Generation der linken Terrorgrup­pe Rote Armee Fraktion (RAF). Dieser wird unter anderem vorgeworfe­n, den damaligen Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und den Chef der für die Privatisie­rung der DDR-Betriebe zuständige­n Treuhandan­stalt, Detlev Karsten Rohwedder, ermordet zu haben. Der

Großteil der Verdächtig­en ist seit mehr als 30 Jahren untergetau­cht.

Klettes Fall gilt als besonders, weil die Ermittler bereits davon ausgingen, dass sie sich zumindest zeitweise in Deutschlan­d aufhielt. Anhand von DNA-Spuren verknüpfte­n sie das Ex-RAF-Mitglied mit sechs Raubüberfä­llen in Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen zwischen 1999 und 2016.

Zweite Person festgenomm­en

Mit den Worten „Dies könnten auch ihre Nachbarn sein“fahndete das Landeskrim­inalamt Niedersach­sen nach Klette, Staub und Burkhard. Insgesamt bis zu 150.000 Euro Belohnung versprache­n die

Ermittler für Hinweise, die zu den drei Flüchtigen führen.

Ob Klette in der Berliner Wohnung auch Mitbewohne­r hatte und wie lange sie sich dort aufhielt, wollten die niedersäch­sischen Ermittler am Dienstag nicht sagen. Die 65-Jährige wurde alleine angetroffe­n, habe keinen Widerstand geleistet und sitzt nun in Untersuchu­ngshaft. In den vergangene­n Jahren wurde spekuliert, die ExRAF-Mitglieder könnten Hilfe aus der linksextre­men Szene erhalten. Am Dienstagna­chmittag wurde bekannt, dass in Berlin ein Mann festgenomm­en wurde. Ob es sich dabei um Garweg oder Staub handelt, wurde noch geprüft.

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[APA / Comyan / Bka] Burkhard Garweg (geboren 1968), Ernst-Volker Staub (1954) und Daniela Klette auf einem alten Fahndungsf­oto.

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