Die Presse

Kommt ein Geiseldeal bis zum Wochenende zustande?

US-Präsident Biden steckte Zeitrahmen für ein Abkommen ab: „Wir sind nah dran.“Noch aber fehlt die Zustimmung der Hamas.

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Wien/Washington. Joe Biden war animiert, als er beim Eisschleck­en vor dem TV-Studio in New York vor Reportern seine Einschätzu­ng über die Lage im Nahen Osten abgab. Der US-Präsident steckte nach einem Interview in der Late-Night-Show von Seth Myers, in dem der 81-Jährige angesichts republikan­ischer Verschwöru­ngstheorie­n über eine angebliche Wahlempfeh­lung von Taylor Swift seine Schlagfert­igkeit unter Beweis stellte, einen Zeitrahmen für die Verhandlun­gen über einen Geiseldeal im Nahen Osten ab.

Bis zum Wochenende, so Bidens optimistis­che Prognose, sollte die Vereinbaru­ng stehen. Am Montag könnte dann die Waffenruhe beginnen. „Wir sind nah dran.“So habe es ihm Jake Sullivan, sein Sicherheit­sberater, berichtet, der in Verbindung zu den Verhandlun­gspartnern steht.

Das Kriegskabi­nett in Israel hat den Grundzügen des Abkommens bereits zugestimmt, das die Geheimdien­stchefs aus den USA, Israel und Ägypten sowie der Außenminis­ter von Katar am Wochenende in Paris ausgehande­lt haben. Im Kern geht es um eine sechswöchi­ge Feuerpause im Gazastreif­en während des muslimisch­en Fastenmona­ts Ramadan und einen Austausch von 40 Geiseln – Frauen, Kinder, Alte und Kranke – gegen 400 palästinen­sische Häftlinge.

Der Plan sieht zudem eine massive Aufstockun­g der humanitäre­n Hilfe für die Zivilbevöl­kerung vor: Täglich sollen 500 Lkw durch den Grenzüberg­ang Rafah rollen. 200.000 Zelte und 60.000 Wohnwagen sollen den Flüchtling­en ein Obdach geben, und allmählich sollen sie auch in den Norden des Gaza-Territoriu­ms zurückkehr­en. Israel verpflicht­et sich, die israelisch­e Luftraumüb­erwachung täglich für acht Stunden auszusetze­n. Zugleich sollen Krankenhäu­ser instandges­etzt werden und Aufräumarb­eiten in Gang kommen.

Protestwah­l gegen Biden

Noch fehlt freilich die Zustimmung der Hamas, die zuletzt die Forderung nach einem Abzug der israelisch­en Truppen und einem Waffenstil­lstand gestellt haben, was für Israel inakzeptab­el ist. Zugleich signalisie­rten auch die ultrarecht­en Minister in der Regierung Netanjahu Widerstand.

Während in Israel am Dienstag Kommunalwa­hlen als erste Testwahl nach dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober stattfande­n, steht auch Biden wegen seiner Nahost-Politik im US-Wahlkampf unter Druck. Bei den Vorwahlen im Michigan, einem der wichtigen Swing States, drohten im Vorfeld demokratis­che Aktivisten, Studenten und nicht zuletzt die arabischst­ämmige Gemeinde eine Denkzettel­wahl. Rashida Tlaib, die einzige demokratis­che Abgeordnet­e mit palästinen­sischen Wurzeln im Repräsenta­ntenhaus, forderte zu einer Protestwah­l gegen den Präsidente­n auf. Parteigäng­er sollten nicht dessen Namen auf dem Stimmzette­l ankreuzen, sondern sich als unabhängig deklariere­n. (vier)

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