Jüngster Bürgermeister wird abgelöst
Die Machtverhältnisse in Pernersdorf wurden auf den Kopf gestellt, nun kommt es zu einem Wechsel an der Gemeindespitze.
Es ist noch nicht allzu lang her, da hatte es die „Presse“für ihre Sonderausgabe „Land der Jungen?“anlässlich des Nationalfeiertages in die 1000-Einwohner-Gemeinde Pernersdorf im niederösterreichischen Bezirk Hollabrunn verschlagen. Dort nämlich amtierte seit Juli vergangenen Jahres der jüngste Bürgermeister Österreichs – der 24-jährige Florian Hofmann. Zu seinem Amt war er gekommen, nachdem die vormalige türkise Ortsspitze zurückgetreten war.
Doch schon damals, im vergangenen Oktober, stand das Oberhaupt der traditionell ÖVP-geführten Gemeinde vor einem Problem: Hofmann konnte als Bürgermeister nur das tun und entscheiden, wofür es keinen Gemeinderatsbeschluss brauchte. Nach seinem Amtsantritt vergangenen Sommer waren nämlich sieben der 19 Gemeinderäte zurückgetreten. Das wiederum machte eine Neuwahl nötig. Der Termin wurde für Jahresbeginn 2024 festgelegt. Das sollte der Beginn einer Geschichte sein, die die Machtverhältnisse in der Gemeinde ordentlich auf den Kopf stellte.
Was aber war passiert? Als einer der Gründe für den Rücktritt der roten Gemeinderatsmandatare wurde das Alter des Bürgermeisters genannt. „So ein junger Bürgermeister mit 23 Jahren – das geht nur, wenn man jemand Erfahrenen und Kundigen dazustellt“, sagte SPÖGemeinderat Erwin Kasper (damals 62) dem „Standard“. Dass die von der ÖVP vorgeschlagene Vizebürgermeisterin über 40 war und schon seit Jahren im Gemeinderat saß, ließ er nicht gelten. Sie sei von der gleichen Fraktion wie der Bürgermeister, damit sei kein Korrektiv vorhanden, argumentierte er. Stattdessen brachte er sich selbst als Vizebürgermeister
ins Spiel. Die ÖVP wollte sich drauf nicht einlassen und blieb bei ihren Kandidaten.
Also wurde der Neuwahltermin schließlich für Ende Jänner angesetzt. Und auch da ging es im Vorfeld rund in der kleinen Gemeinde im Pulkautal. Es formierten sich nämlich gleich zwei neue Listen: die Liste Ja zur Liste Pernersdorf, kurz JAP, und die Alternative für Pernersdorf (AfP). Zwar wäre der AfP-Listenchef gern für die FPÖ angetreten, laut Berichten der Regionalmedien soll die blaue Bezirkspartei das aber abgelehnt haben, das Experiment sei ihr zu unsicher gewesen.
Alles umgekrempelt
Der Wahltag brachte schließlich gröbere Veränderungen für den kleinen Ort: Die ÖVP verlor die absolute Mehrheit, sie büßte drei ihrer bisher zwölf Mandate ein. Die SPÖ erreichte fünf Sitze im Gemeinderat, zuvor waren es sieben. Die Bürgerliste JAP schaffte fünf
Mandate, die AfP verfehlte den Einzug. Mit dieser Konstellation war das Rennen um den Bürgermeistersessel neu eröffnet.
Am gestrigen Montag fiel dann die Entscheidung: Erwin Kasper, der 63-jährige, eingangs erwähnte Spitzenkandidat der SPÖ, wird für drei Jahre Ortschef, JAP-Listenchef Joachim Amon wird Vizebürgermeister. Gleichzeitig gibt es ein Übereinkommen zwischen beiden Fraktionen, das festlegt, dass Bürgermeister und Vize nach drei Jahren ihre Rollen tauschen. Kasper
kündigte außerdem an, sämtliche Gemeinderatsmitglieder in alle Sachthemen gleichermaßen einbinden und transparent arbeiten zu wollen.
Die niederösterreichische SPÖ sieht darin einen „erfreulichen Beginn für das Superwahljahr 2024“. Landesparteichef Sven Hergovich, Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander und der Hollabrunner Bezirksparteivorsitzende Stefan Hinterberger sprechen in einer Aussendung von einer „neuen Ära des Miteinanders, in der im Gemeinderat endlich allein die Interessen der Gemeinde und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner im Mittelpunkt stehen“.
Und Hofmann? Der scheidende Jungbürgermeister hatte bereits im Oktober im „Presse“-Gespräch erklärt, was er tun werde, würde er nicht zum Bürgermeister gewählt: sich wieder ganz der Landwirtschaft widmen, den Vereinen und dem Haus, das er gerade mit seiner Freundin renoviert.