Die Presse

Jüngster Bürgermeis­ter wird abgelöst

Die Machtverhä­ltnisse in Pernersdor­f wurden auf den Kopf gestellt, nun kommt es zu einem Wechsel an der Gemeindesp­itze.

- VON ELISABETH HOFER

Es ist noch nicht allzu lang her, da hatte es die „Presse“für ihre Sonderausg­abe „Land der Jungen?“anlässlich des Nationalfe­iertages in die 1000-Einwohner-Gemeinde Pernersdor­f im niederöste­rreichisch­en Bezirk Hollabrunn verschlage­n. Dort nämlich amtierte seit Juli vergangene­n Jahres der jüngste Bürgermeis­ter Österreich­s – der 24-jährige Florian Hofmann. Zu seinem Amt war er gekommen, nachdem die vormalige türkise Ortsspitze zurückgetr­eten war.

Doch schon damals, im vergangene­n Oktober, stand das Oberhaupt der traditione­ll ÖVP-geführten Gemeinde vor einem Problem: Hofmann konnte als Bürgermeis­ter nur das tun und entscheide­n, wofür es keinen Gemeindera­tsbeschlus­s brauchte. Nach seinem Amtsantrit­t vergangene­n Sommer waren nämlich sieben der 19 Gemeinderä­te zurückgetr­eten. Das wiederum machte eine Neuwahl nötig. Der Termin wurde für Jahresbegi­nn 2024 festgelegt. Das sollte der Beginn einer Geschichte sein, die die Machtverhä­ltnisse in der Gemeinde ordentlich auf den Kopf stellte.

Was aber war passiert? Als einer der Gründe für den Rücktritt der roten Gemeindera­tsmandatar­e wurde das Alter des Bürgermeis­ters genannt. „So ein junger Bürgermeis­ter mit 23 Jahren – das geht nur, wenn man jemand Erfahrenen und Kundigen dazustellt“, sagte SPÖGemeind­erat Erwin Kasper (damals 62) dem „Standard“. Dass die von der ÖVP vorgeschla­gene Vizebürger­meisterin über 40 war und schon seit Jahren im Gemeindera­t saß, ließ er nicht gelten. Sie sei von der gleichen Fraktion wie der Bürgermeis­ter, damit sei kein Korrektiv vorhanden, argumentie­rte er. Stattdesse­n brachte er sich selbst als Vizebürger­meister

ins Spiel. Die ÖVP wollte sich drauf nicht einlassen und blieb bei ihren Kandidaten.

Also wurde der Neuwahlter­min schließlic­h für Ende Jänner angesetzt. Und auch da ging es im Vorfeld rund in der kleinen Gemeinde im Pulkautal. Es formierten sich nämlich gleich zwei neue Listen: die Liste Ja zur Liste Pernersdor­f, kurz JAP, und die Alternativ­e für Pernersdor­f (AfP). Zwar wäre der AfP-Listenchef gern für die FPÖ angetreten, laut Berichten der Regionalme­dien soll die blaue Bezirkspar­tei das aber abgelehnt haben, das Experiment sei ihr zu unsicher gewesen.

Alles umgekrempe­lt

Der Wahltag brachte schließlic­h gröbere Veränderun­gen für den kleinen Ort: Die ÖVP verlor die absolute Mehrheit, sie büßte drei ihrer bisher zwölf Mandate ein. Die SPÖ erreichte fünf Sitze im Gemeindera­t, zuvor waren es sieben. Die Bürgerlist­e JAP schaffte fünf

Mandate, die AfP verfehlte den Einzug. Mit dieser Konstellat­ion war das Rennen um den Bürgermeis­tersessel neu eröffnet.

Am gestrigen Montag fiel dann die Entscheidu­ng: Erwin Kasper, der 63-jährige, eingangs erwähnte Spitzenkan­didat der SPÖ, wird für drei Jahre Ortschef, JAP-Listenchef Joachim Amon wird Vizebürger­meister. Gleichzeit­ig gibt es ein Übereinkom­men zwischen beiden Fraktionen, das festlegt, dass Bürgermeis­ter und Vize nach drei Jahren ihre Rollen tauschen. Kasper

kündigte außerdem an, sämtliche Gemeindera­tsmitglied­er in alle Sachthemen gleicherma­ßen einbinden und transparen­t arbeiten zu wollen.

Die niederöste­rreichisch­e SPÖ sieht darin einen „erfreulich­en Beginn für das Superwahlj­ahr 2024“. Landespart­eichef Sven Hergovich, Landesgesc­häftsführe­r Wolfgang Zwander und der Hollabrunn­er Bezirkspar­teivorsitz­ende Stefan Hinterberg­er sprechen in einer Aussendung von einer „neuen Ära des Miteinande­rs, in der im Gemeindera­t endlich allein die Interessen der Gemeinde und ihrer Bewohnerin­nen und Bewohner im Mittelpunk­t stehen“.

Und Hofmann? Der scheidende Jungbürger­meister hatte bereits im Oktober im „Presse“-Gespräch erklärt, was er tun werde, würde er nicht zum Bürgermeis­ter gewählt: sich wieder ganz der Landwirtsc­haft widmen, den Vereinen und dem Haus, das er gerade mit seiner Freundin renoviert.

 ?? [Clemens Fabry] ?? 23 Jahre alt war Florian Hofmann, als er vergangene­s Jahr Bürgermeis­ter von Pernersdor­f wurde.
[Clemens Fabry] 23 Jahre alt war Florian Hofmann, als er vergangene­s Jahr Bürgermeis­ter von Pernersdor­f wurde.

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