Wenn Oma für Jüngere umziehen muss
Die jüngste Wohnraumdiskussion kratzt am Grundpfeiler der Demokratie.
In Österreich und Deutschland ist die Wohnbauleistung scharf eingebrochen, eine gleichzeitig kräftig steigende Bevölkerungszahl sorgt für beträchtliche Wohnraum-Verknappung. Wie kann man das lindern, wenn die Staatskassen leer sind? Österreich versucht Ankurbelung mit einem milliardenschweren „Wohnbaupaket“. In Deutschland ist man dagegen einer grenzkreativen Lösung auf der Spur: „Oma muss umziehen“, forderte neulich eine Schlagzeile der „Süddeutschen Zeitung“.
Viele ältere Leute wohnen nämlich in „zu großen“Wohnungen und Häusern, während sich Jungfamilien in Kleinwohnungen drängeln. Könnte man die Alten dazu bewegen, mit den Jüngeren zu tauschen, wäre nicht nur dieser „Fehlbelag“beseitigt, man könnte auch aus Einfamilien- Mehrfamilienhäuser machen.
Dafür bräuchte es allerdings Anreize. Aber wenn Haus- oder Eigentumswohnungsbesitzer sich gegen den Auszug sträuben? Dann, so die „Süddeutsche“, müsste man einen radikaleren Weg gehen. Etwa, indem man widerborstige Alte per progressiv gestalteter „Alleinwohnsteuer“aus ihren „zu großen“Wohnungen mobbt.
Leider ist das kein einzelner kryptokommunistischer Ausraster eines wildgewordenen „Alpen-Prawda“-Mitarbeiters, sondern wird langsam bundesdeutscher Mainstream. „Ältere Menschen blockieren zu große Wohnungen“, meinte etwa das Magazin „Focus“. Moment, die blockieren gar nichts, die wohnen da. Im Eigentum. Dieses ist eine wesentliche Basis unserer Gesellschaft und in beiden Ländern durch Verfassung und europäische Menschenrechtskonvention geschützt. Das kann nicht einfach abgeschafft werden, nur weil ein paar Bobo-Schnösel finden, dass Opa auf zu vielen Quadratmetern haust.
Leider bröckelt diese Grundordnung bedenklich. Es gibt ernst zu nehmende Tendenzen, Bürgern vorzuschreiben, was ihnen nach Meinung irgendwelcher Funktionäre „zusteht“. Nehmen solche Tendenzen überhand, dann war es das mit der gewohnten Demokratie. Das sollten wir wirklich ernst nehmen, auch wenn das bei uns noch nicht so stark ausgeprägt ist wie beim nördlichen Nachbarn.