Solargeschäft in China bricht ein
Mit hohen Subventionen trieb China erst Solarkonzerne in Europa in die Krise und leidet nun selbst darunter. Viele Unternehmen drosseln ihre Produktion aufgrund zu geringer Nachfrage. Die Aktienkurse brechen ein.
Wien. In der Solarindustrie herrscht Krisenstimmung: in Europa angetrieben durch den Rückzug von Meyer Burger. Der Schweizer Solarmodulhersteller hat vergangenen Freitag final bestätigt, eine der größten Produktionsstätten in Europa zu schließen und stattdessen die Produktion in den USA auszuweiten.
Wie das Unternehmen weiter ausführte, wird im März die Zustimmung der Aktionäre für eine Bezugsrechtsemission von bis zu 250 Millionen Schweizer Franken eingeholt, um Produktionsstätten in Colorado und Arizona zu finanzieren. Meyer Burger folgt damit dem Ruf der Subventionen durch den Inflation Reduction Act aus den USA. Denn das Unternehmen kämpft, wie viele andere Solarkonzerne auch, mit der Konkurrenz durch chinesische Billigprodukte. Die USA sind der einzige Markt, der es noch mit China aufnehmen kann. Das aber auch nur durch Steuererleichterungen: fast 270 Milliarden US-Dollar (rund 249 Milliarden Euro) werden durch den Inflation Reduction Act in Investitionen gepumpt – vorausgesetzt diese fließen in Erneuerbare Energien. Mit der großzügigen Subvention für die Produktion von Sonnenstrom hatte Europa und vor allem Deutschland den globalen Solarmarkt erst zum Leben erweckt.
Doch während Berlin Endkunden förderte, steckte Peking Milliarden in den Aufbau einer Solarindustrie, die preislich nicht mehr zu unterbieten war. Heute kontrolliert China mehr als 80 Prozent der gesamten Lieferkette in der Solarbranche. Nun steckt aber auch die chinesische Solarindustrie in der Krise. Dennis She, Vizepräsident des größten chinesischen Solarkonzerns Longi, sagte jüngst in einem Interview mit der „Financial Times“, dass auch die Industrie in China unter einem Nachfrage-Tief leide. Überleben würden nur die größten Player. Das „Handelsblatt“hatte zuerst darüber berichtet. Longi ist der weltgrößte Photovoltaik-Konzern und hat seinen Hauptsitz in der chinesischen Stadt Xi‘an. Im ersten Halbjahr 2023 erwirtschaftete der Konzern noch einen Nettogewinn in Höhe von 9,18 Milliarden Yuan (rund 8,3 Milliarden Euro) – das entsprach einem Anstieg von rund 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im dritten Quartal 2023 hingegen brach der Nettogewinn um fast 50 Prozent ein. Seine Produktion hat Longi mittlerweile auf 70 bis 80 Prozent gedrosselt. Es ist das erste Mal, dass ein Vertreter eines chinesischen Großkonzerns so deutlich die Schwierigkeiten in der Branche anspricht.
Nachfrage weit unter Produktion
Denn China setzt sehr viel Hoffnung in die Branche: Allein im vergangenen Jahr hat die chinesische Volksrepublik mehr Solaranlagen aufgebaut, als andere Länder über gesamte Kapazitäten verfügen. Laut Daten von „Bloomberg“stieg die Energieerzeugung in China 2023 um rund 217 Gigawatt und beträgt nun insgesamt fast 610 Gigawatt.
Auf dem zweiten Platz liegen die Vereinigten Staaten mit 175 Gigawatt, gefolgt von Indien und Japan. Deutschland gilt als das Land mit dem höchsten europäischen Volumen und liegt aber lediglich bei 81 Gigawatt Kapazitäten. China ist vor allem deshalb so dominant, weil Peking Subventionen in die Industrie gepumpt hat. Laut dem Beratungsunternehmen Wood Mackenzie investierte China im vergangenen Jahr mehr als 130 Milliarden Dollar in die Solartechnologie. Rund 800 Gigawatt werden global jährlich produziert – die Nachfrage ist jedoch deutlich geringer: Im vergangenen Jahr lag sie bei 300 bis 400 Gigawatt.
Die Überversorgung des Marktes ließ die Preise einbrechen und brachte damit die ganze Industrie in Schwierigkeiten. Das bekommen die Solarkonzerne, die an der Börse notiert sind, deutlich zu spüren. Longi hat in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 50 Prozent ihres Börsenwertes verloren. Das ebenfalls in China ansässige Unternehmen Gansu Golden Solar stellt hauptsächlich Solarzellen her. Im Juni 2022 durfte es sich über ein Allzeithoch des Aktienkurses bei rund 65,50 Dollar freuen. Seither ist der Kurs jedoch um mehr als 66 Prozent gefallen und liegt nun bei rund 21 Dollar. Die Solarhersteller haben weiter schwere Zeiten vor sich, prognostiziert Wood Mackenzie: Zukünftig werden entweder Aufträge mit Verlust angenommen werden müssen, Kapazitäten weiter reduziert oder die Unternehmen ganz geschlossen.