Hinteregger deutet Comeback an
Martin Hinteregger gab im Sommer 2022 mit nur 29 Jahren sein Karriereende bekannt. Der „Presse“erzählt er von seiner möglichen Rückkehr in den Profifußball.
Dass die Wiener Viktoria just am Tag des großen Wirbels beim sehr viel bekannteren Stadtrivalen aus Hütteldorf zu einem Pressegespräch mit dem Titel „Für Leiwand, gegen Oasch“lud, hatte schon etwas für sich. Der Meidlinger Regionalligist schmückt sich als „diversester Verein“Österreichs. Spielerinnen, Spieler und Betreuer aus 45 Nationen nennen die Oswaldgasse 34 momentan ihr sportliches Zuhause.
Mit Toni Polster (Trainer), Martin Hinteregger (Präsident) und Christopher Seiler („Seiler und Speer“, Markenbotschafter) hat der Klub prominente Unterstützung, die manch Bundesligisten neidisch werden lässt. Polster und Hinteregger waren Dienstagvormittag persönlich in Meidling zugegen. Sie sprachen über die Chancen und Probleme des Klubs, Vielfalt in der Welt des Fußballs – und natürlich über das leidige grünweiße DerbyNachspiel (Polster: „Ich finde das peinlich und erbärmlich“).
Ein neues Leben
Als der offizielle Vorhang gefallen war, nahm sich Hobbykicker Hinteregger Zeit für fortführende Gespräche. Der 67-fache Nationalteamspieler schiebt seit seinem Karriereende im Juni 2022 eine verhältnismäßig ruhige Kugel, fungiert in seiner Kärntner Heimat als Spielertrainer der SGA Sirnitz in der fünften Liga. Niederlagen seien in Sirnitz kein Weltuntergang, es gehe doch mehr um den Spaß, erzählt Hinteregger. Und: „Sirnitz ist bekannt dafür, dass die Kantinenkasse gefüllt wird. Auch auswärts.“
Als Hinteregger vor 20 Monaten als frischgebackener Europa-League-Sieger mit Eintracht Frankfurt seine Karriere überraschend beendet, brach er von einem Tag aus dem anderen aus dem System Profifußball aus. Der Unangepasste wollte sich nicht länger anpassen. „Mich hat der Druck von außen fertiggemacht“, sprach Hinteregger erst am Montag auf ServusTV über die mentalen Belastungen des Spitzensports. Mit nur 29 Jahren war Schluss. Für immer, so der Plan.
Der 67-fache Nationalteamspieler könnte wohl ewig über die Schattenseiten des Profilebens referieren. „Ständig am Wochenende
unterwegs zu sein, die viele Zeit in Bussen, Flieger und Hotels. Ein Profifußballer hat kein wirkliches Zuhause.“Bei der SGA Sirnitz schlägt die längste Auswärtsreise mit eineinhalb Stunden Fahrzeit an. „Wir liegen geografisch schlecht.“Es gibt immer noch genügend Aspekte des Sports, die Hinteregger „nicht vermisst“.
Und doch brennt da immer noch ein Feuer im Ex-Internationalen, wenn er über seinen Zugang, seine Liebe zum Fußball spricht. „Was mir komplett abgeht“, sagt der 31-Jährige, „ist dieser Ehrgeiz. Dieses gemeinsame Gewinnen. Dieses Woche für Woche gemeinsam Trainieren für Erfolge.“Zu akzeptieren, dass sich die Umstände nach seinem Karriereende geändert hätten, habe er „über Monate erst lernen müssen.“
Er könne nun verstehen, warum Profis nach dem letzten Schlusspfiff in ein Loch fallen. „Du
hast Woche für Woche für das Wochenende gelebt. Das habe ich jetzt nicht mehr. Ich habe versucht, in Sirnitz etwas davon zu bekommen, aber in der Unterliga steht das Gewinnen nicht so im Vordergrund. Hier ist der Ehrgeiz nicht so ausgeprägt.“Nachsatz: „Das geht mir schon ab.“
Im Sommer ablösefrei
Hinteregger spricht an diesem Dienstagvormittag nicht wie jemand, der für immer mit dem Profifußball abgeschlossen hat. Im Juni läuft der bis 2024 datierte und seit Sommer 2022 ruhende Vertrag („das hat rechtliche Gründe“) mit Frankfurt aus, wäre der Kärntner für jeden Klub ablösefrei zu haben. Auf Nachfrage bekräftigt Hinteregger, dass er Gefallen daran finden würde, bei einem Klub „etwas zu hinterlassen.“
Sein aktuelles Leistungsvermögen lasse sich nach eineinhalb Jahren im Unterhaus schwer einschätzen. „Aber wenn ich ein, zwei, drei Monate wieder richtig professionell trainieren würde, würde es wieder für die Deutsche Bundesliga reichen.
Es ist ja nicht so, dass ich die letzten eineinhalb Jahre gar nicht gespielt hätte.“
Ein Engagement in der Regionalliga oder der zweiten österreichischen Liga würde ihn nicht reizen, versichert Hinteregger. „Wenn, dann richtig. Dieser Ehrgeiz ist da, nochmal erfolgreich zu sein.“Um Geld ginge es bei der möglichen „zweiten Karriere“nicht.
Hintereggers Aussagen dürften so manchen Klub in der deutschen Bundesliga hellhörig werden lassen. Nur eines schließt der 31-Jährige aus: Ein Comeback im Nationalteam. „Meine A-Teamkarriere ist sicher vorbei. Außer, es fallen noch fünf Innenverteidiger aus.“
Mir geht dieser Ehrgeiz komplett ab. Dieses gemeinsame Gewinnen, das Trainieren für Erfolge.“
Hinteregger über das Leben ohne Profifußball