Die Presse

Ein Warnsignal für Joe Biden

Bei Vorwahl in Michigan verpassten 13 Prozent der demokratis­chen Wähler dem Präsidente­n wegen seiner Nahost-Politik einen Denkzettel.

-

Wien/Washington. Der Krieg im Nahen Osten hatte eine unmittelba­re Auswirkung im Mittleren Westen der USA. In einem libanesisc­hen Restaurant in Dearborn, einer Hochburg der arabischst­ämmigen Gemeinde in den USA, feierte die pro-palästinen­sische Bewegung den Ausgang der Vorwahl in Michigan, demonstrat­iv in eine Kufiya gehüllt, dem Palästinen­sertuch. Und auch auf dem Campus in Ann Arbor, der University of Michigan, zelebriert­en die Studentinn­en und Studenten eine Wahlparty.

Rund 13 Prozent, mehr als 100.000 Demokraten, hatten bei der Primary in dem Industries­taat unentschie­den gestimmt – also nicht für Joe Biden, dem einzig ernstzuneh­menden Kandidaten ihrer Partei auf dem Wahlzettel. Sie waren einer Boykott-Kampagne unter Führung Rashida Tlaibs, der einzigen Abgeordnet­en mit palästinen­sischen Wurzeln im Repräsenta­ntenhaus in Washington, gefolgt, die Israel schon einmal einen „Genozid“vorgeworfe­n hat. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, dem Präsidente­n wegen seiner Nahost-Politik einen Denkzettel zu verpassen.

Für Biden ist das Protest-Votum ein unmissvers­tändliches Warnsignal. Sollten die arabischst­ämmige Community, die Studenten

oder die Afroamerik­aner zum Teil die Präsidente­nwahl am 5. November boykottier­en, könnte einer der entscheide­nden Swing States kippen und ins Lager Donald Trumps fallen. 2020 hatten 150.000 Stimmen den Ausschlag für Biden gegeben, 2016 hatte Trump indes mit 11.000 Stimmen Vorsprung gegenüber Hillary Clinton gewonnen.

Tiefer Frust über den Präsidente­n

Der Unmut in zentralen Wählerschi­chten sitzt tief. Das konstatier­te auch der prominente Meinungsfo­rscher James Zogby, Gründer des Arab-American-Institute. Biden hat indessen die Zeichen verstanden. Er setzt die Regierung unter Benjamin Netanjahu seit Monaten unter Druck – für den Geschmack vieler Demokraten jedoch zu wenig. Jetzt plädiert der Präsident mit Nachdruck für einen neuen Geiseldeal und eine Feuerpause im Gazastreif­en während des Ramadan. Biden hat einen Erfolg wohl nötiger als Netanjahu.

Eine Woche vor dem „Super Tuesday“mit Vorwahlen in 15 Bundesstaa­ten errang derweil Donald Trump mit 68 Prozent neuerlich einen souveränen Sieg über Nikki Haley. Die geballten Primaries am Dienstag werden wohl ihr Aus besiegeln. (vier)

Newspapers in German

Newspapers from Austria