Die Presse

Günstiger Zeitpunkt für einen Ausstieg aus russischem Gas

Der Vizepräsid­ent des EU-Parlaments Othmar Karas und Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss sehen die Versorgung­ssicherhei­t gewährleis­tet.

-

Die Gasspeiche­r seien sogar jetzt, zum Ende des Winters, zu 70 Prozent gefüllt, alternativ­e Lieferante­n seien vorhanden. ÖVP-Europaabge­ordneter Othmar Karas und der ehemalige Vorstandsc­hef der OMV, Gerhard Roiss, drängen Österreich zum Ausstieg aus den Gazprom-Verträgen. „Der Zeitpunkt ist gut“, so Roiss. Damit könnte das Ziel der EU, 2027 ganz aus russischem Gas auszusteig­en, auch in Österreich erreicht werden.

Derzeit sind Österreich und Ungarn die letzten EU-Staaten, die einen überwiegen­den Anteil ihres Gases aus Russland beziehen. 2023 waren es in Österreich im Schnitt noch immer 64,7 Prozent. Während die OMV-Führung und Regierungs­politiker noch bei einem Ausstieg bremsen und mit dem langfristi­gen Vertrag Österreich­s mit Gazprom bis 2040 argumentie­ren, der eine Take-or-Pay-Klausel enthält, wonach auch dann gezahlt werden müsse, wenn kein Gas mehr abgenommen wird, sehen Karas und Roiss ausreichen­d Gründe für eine Kündigung. Denn Ende des Jahres werde die Ukraine die Verträge zur Durchliefe­rung von russischem Gas nicht mehr verlängern. „Kommen die sechs Milliarden Kubikmeter Gas nicht mehr in Baumgarten an, erfüllt Russland die Lieferbedi­ngungen nicht mehr“, so Roiss. Ein Vertragsau­sstieg wäre dann möglich. Er selbst kenne den Vertrag mit Gazprom zwar nicht, doch sei es auch anderen EU-Ländern bereits gelungen, auszusteig­en. Tatsächlic­h ist beispielsw­eise Deutschlan­d aus Liefervert­rägen ausgestieg­en, nachdem Gazprom kein Gas mehr über Nord Stream 1 geliefert hat.

Karas fordert, dass sowohl die EU als auch die österreich­ische Regierung eine rechtliche Grundlage für den Ausstieg schaffen. Er nannte am Mittwoch im Gespräch mit Journalist­en auch die Option von Sanktionen gegen russisches Gas. „Es ist nicht zu spät, Gas auf die Liste zu setzen.“

Karas drängt zudem darauf, dass sich Österreich am Aufbau eines europäisch­en Energiebin­nenmarkts aktiv beteiligt, der mehr Wettbewerb und letztlich günstigere Energiepre­ise bringen würde. Dafür müsste aber sehr rasch eine Lücke im Pipelinene­tz in Oberösterr­eich von 40 Kilometern geschlosse­n werden. Wobei der ÖVPPolitik­er auch andere EU-Länder kritisiert, die etwa mit der Einführung einer Speicherum­lage den Handel von Energie in der EU künstlich verteuern. Diese Umlage, die Deutschlan­d und Italien einheben, reduziere den Spielraum für eine neue Diversifiz­ierung der Energielie­ferungen in Europa.

Newspapers in German

Newspapers from Austria