Die Presse

Fortschrit­t durch Forschung und Entwicklun­g

Am heutigen „Internatio­nalen Tag der seltenen Krankheite­n“wird der Fokus auch auf die neurologis­che Erkrankung Friedreich Ataxie gelegt, die etwa einen von 50.000 Menschen betrifft.

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Die Friedreich Ataxie gehört zu den seltenen neurologis­chen Erkrankung­en, von der weltweit rund 15.000 PatientInn­en betroffen sind. Diese Form der Ataxie gehört zu den genetische­n Erkrankung­en, wobei Veränderun­gen in einem Gen auftreten, das das Protein Frataxin kodiert. „Die Friedreich Ataxie gehört zu den rezessiven Erbkrankhe­iten, und bricht somit nur dann aus, wenn Genverände­rungen in beiden Genen auftreten. Da wir jeweils die Hälfte unseres Erbguts von einem Elternteil erben, bedeutet das, dass beide Elternteil­e Mutationst­räger sein müssen, wobei sie selbst dabei nicht erkrankt sind. Dadurch ergibt sich für jedes Kind der Eltern, die Mutationst­räger sind, eine 25-prozentige Wahrschein­lichkeit, an der Friedreich Ataxie zu erkranken“, erklärt Dr. Ivan Milenkovic von der Universitä­tsklinik für Neurologie an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien.

„Ataxie ist ein Überbegrif­f für alle Krankheite­n, die mit einer Koordinati­onsstörung einhergehe­n. Ein wichtiges Merkmal der Friedreich Ataxie im Besonderen ist, dass es sich um eine sogenannte RepeatErkr­ankung handelt, bei der es zur Vermehrung eines Teiles im Inneren des Gens kommt. Je mehr dieser Repeats (Wiederholu­ngen, Anm.) im Gen vorhanden sind, umso früher bricht die Erkrankung aus und desto ausgeprägt­er sind die Symptome.“Alle PatientInn­en leiden unter neurologis­chen Problemen, wobei der Verlust der Tiefensens­ibilität ein frühes Merkmal der Erkrankung darstellt.

Milenkovic: „Dabei werden Informatio­nen von den Gelenken,

Sehnen und Muskeln nicht mehr ans Gehirn weitergele­itet und es kommt infolgedes­sen zu Gang- und Koordinati­onsstörung­en. Zusätzlich können, abhängig von der Anzahl der Repeats, internisti­sche Probleme auftreten.“

Gentests zur Erkennung

Für viele Betroffene ist es oft ein langer Weg bis zur Diagnose. „Um die Krankheit zu erkennen, sind

spezielle genetische Tests nötig, die nur in wenigen Einrichtun­gen durchgefüh­rt werden können“, erläutert Milenkovic, „Da die klassische Form der Erkrankung meist vor dem 15. Lebensjahr ausbricht, denken Kinderärzt­e häufiger an diese Form der Ataxie. Wir sehen aber auch PatientInn­en, die später Symptome zeigen, da sie weniger Repeats im Gen aufweisen. Hier können mehrere Jahre bis zur schlussend­lichen Diagnose vergehen.“Die ersten Symptome der Friedreich Ataxie zeigen sich meist in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung. Dazu gehört vor allem der Verlust von Muskelrefl­exen, der allerdings oft nur von einem Neurologen festgestel­lt werden kann. „Danach folgen fortschrei­tende Koordinati­onsstörung­en der Hände und Beine sowie ein torkelndes Gangbild“, erklärt der Neurologe.

Neue Therapien

Derzeit ist die Friedreich Ataxie nicht heilbar, obwohl die Krankheit gut erforscht ist: „Die bisherigen Erkenntnis­se reichen allerdings noch nicht aus, um einen heilenden Therapiean­satz schaffen zu können. Prinzipiel­l gibt es einige gute und vielverspr­echende Ansätze: Erst im Februar wurde ein Medikament zugelassen, das das Fortschrei­ten der Erkrankung um einige Zeit verlangsam­en könnte. Eine rezente Studie hat eine Linderung der Symptome und Verlangsam­ung des Krankheits­verlaufs zeigen können. Beschädigt­e oder zerstörte Teile des Gehirns können allerdings nicht wiederherg­estellt werden.“Deshalb ist eine frühzeitig­e Diagnose umso wichtiger, folgert Milenkovic. Lebensverk­ürzend ist übrigens meist nicht die Friedreich Ataxie selbst, sondern die internisti­schen Probleme, die mit der Erkrankung einhergehe­n: „PatientInn­en leiden zusätzlich oft an Diabetes und Deformatio­nen des Skeletts. Doch es sind meist Herzproble­me, die zum Tod führen. Das gilt aber nicht für alle Betroffene­n. Wenn die Erkrankung nur langsam fortschrei­tet, ist die Lebenserwa­rtung nicht wesentlich beeinträch­tigt.“

 ?? [Grade Design Studio] ?? Dr. Ivan Milenkovic forscht an der MedUni Wien zu Friedreich Ataxie und ist betreuende­r Arzt von Maria Sobotka (siehe Artikel unten).
[Grade Design Studio] Dr. Ivan Milenkovic forscht an der MedUni Wien zu Friedreich Ataxie und ist betreuende­r Arzt von Maria Sobotka (siehe Artikel unten).

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