Warum der Kakaopreis explodiert
Der Kakaopreis ist zuletzt in lichte Höhen geschossen. So schnell dürften sich die Preise auch nicht erholen. Schokolade könnte bald empfindlich teurer werden.
Wien. Acht Kilogramm Schokolade essen die Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich pro Jahr, so viel wie in fast keinem anderen Land auf der Welt. Der Großteil des Grund-Rohstoffes kommt aus Westafrika. Seit Monaten stocken aber die Kakaoanlieferungen in den wichtigsten Exporthäfen. Aus der Elfenbeinküste, dem mit Abstand wichtigsten Herkunftsland von Kakao, sind die Kakaoexporte seit Beginn der Saison im Herbst bis Anfang Februar um rund ein Drittel niedriger als im Vorjahr.
Auch im zweitgrößten Produzentenland Ghana sind die KakaoAusfuhren zuletzt eingebrochen. Der Finanzdienstleister Bloomberg rechnet in der laufenden Saison mit einem Ernteminus von 24 Prozent. Ein wesentlicher Grund dafür sei der Schmuggel von Kakaobohnen in Nachbarländer wie die Elfenbeinküste, wo durch staatliche Fixpreise im Handel bessere Preise erzielt werden können. Bloomberg schätzt, dass den Ghanaischen Kooperativen in der vergangenen Saison aufgrund von Schmuggel rund 150.000 Tonnen Kakao verloren gingen.
El Niño, Virus und Dürre
Doch der Hauptgrund für die Ernteprobleme und die somit explodierenden Kakaopreise liegt an den für die sensible Kakaofrucht schlechten Witterungsbedingungen der vergangenen Monate. Durch das Wetterphänomen El Niño ausgelöste Starkregenereignisse führten in mehreren Regionen zu gravierenden Ernte-Einbußen. Die Internationale Kakao-Organisation (ICCO) verwies in ihrem jüngsten Bericht außerdem auf die intensiven HarmattanWinde in Westafrika, welche zu Dürre führen und die im April beginnende Zwischenernte massiv beeinträchtigen.
Zudem breitet sich auf den westafrikanischen Kakaoplantagen ein Virus aus, das zum Absterben der Kakaobäume führt. Bis neu gepflanzte Bäume Früchte tragen, dauere es drei bis fünf Jahre, schreibt UBS-Analyst Joern Iffert.
Die Ernte werde deshalb in den nächsten zwei bis drei Jahren deutlich geringer ausfallen als im Durchschnitt der vergangenen 15 bis 20 Jahre. Zusätzlich treiben Marktspekulationen und leere Rohstofflager die Preise nach oben.
Wirklich neu ist all das nicht, dennoch ist der Kakaopreis in den vergangenen Wochen in lichte Höhen geschossen. Schon im vergangenen Jahr wies die Frucht mit einem Plus von rund 70 Prozent den stärksten Preisanstieg unter den börsengehandelten Rohstoffen auf, schreibt Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch in seiner jüngsten Analyse. Anfang des Jahres knackte der Kakaopreis an der New Yorker Rohstoffbörse das aus den 1970erJahren stammende Rekordhoch und stieg seither noch einmal um fast 50 Prozent an. Am Mittwoch kostete eine Tonne Kakao auf dem Terminmarkt 6755 US-Dollar – 150 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Drei Euro mehr pro Kilo
Die Kakaobauern profitieren kaum von den explodierenden Rohstoffpreisen, sagt Fairtrade-ÖsterreichChef Hartwig Kirner: „Die Preise werden in der Elfenbeinküste jeweils vor Saisonbeginn für die gesamte Ernteperiode staatlich fixiert.“Seither hat sich der Preis jedoch verdoppelt, was den Kakaobauern frühestens ab der nächsten Saison zugute kommt. „In der Vergangenheit haben wir aber immer wieder gesehen, dass es nach Preissprüngen rasch wieder nach unten geht.“Gerade dann sei der Fairtrade-Mindestpreis wichtig, um den Kooperativen eine Absicherung und Planungssicherheit zu geben.
Die steigenden Kakaopreise setzen auch die internationalen Schokoladenhersteller unter Druck. Aus der Industrie heißt es, man könne Preissteigerungen nicht ausschließen. Ein Sprecher von Ritter Sport erklärte jüngst: „Ein Kilo Kakao ist knapp drei Euro teurer als noch vor einem Jahr. Was das für die Herstellungskosten einer 100-Gramm-Schokoladentafel bedeutet, die zwischen 35 und 70 Prozent Kakao enthält, kann sich jeder selbst ausrechnen.“
Wie sich die gestiegenen Rohstoffpreise auf die Schokoladenpreise im Supermarkt auswirken werden, ist derweil noch unklar. Die Milka-Mutter Mondelez richtete kürzlich aus, dass die Festsetzung der Endverbraucherpreise in der Verantwortung des Lebensmittelhandels liege. Noch halten sich die Ketten mit merklichen Preissprüngen zurück. Schokolade ist in den heimischen Supermarktregalen heute um 20 Prozent teurer als noch vor zwei Jahren. Damit liegt der Preisanstieg knapp unter dem durchschnittlichen Inflationswert für Lebensmittel. Sollten die Rohstoffpreise weiter steigen, werden aber weder Industrie noch Handel die zusätzlichen Kosten schlucken. Mittelfristig ist bei den Schokoladenpreisen wohl mit einem kräftigen Anstieg zu rechnen.