Die Presse

Warum der Kakaopreis explodiert

Der Kakaopreis ist zuletzt in lichte Höhen geschossen. So schnell dürften sich die Preise auch nicht erholen. Schokolade könnte bald empfindlic­h teurer werden.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Wien. Acht Kilogramm Schokolade essen die Österreich­erinnen und Österreich­er durchschni­ttlich pro Jahr, so viel wie in fast keinem anderen Land auf der Welt. Der Großteil des Grund-Rohstoffes kommt aus Westafrika. Seit Monaten stocken aber die Kakaoanlie­ferungen in den wichtigste­n Exporthäfe­n. Aus der Elfenbeink­üste, dem mit Abstand wichtigste­n Herkunftsl­and von Kakao, sind die Kakaoexpor­te seit Beginn der Saison im Herbst bis Anfang Februar um rund ein Drittel niedriger als im Vorjahr.

Auch im zweitgrößt­en Produzente­nland Ghana sind die KakaoAusfu­hren zuletzt eingebroch­en. Der Finanzdien­stleister Bloomberg rechnet in der laufenden Saison mit einem Ernteminus von 24 Prozent. Ein wesentlich­er Grund dafür sei der Schmuggel von Kakaobohne­n in Nachbarlän­der wie die Elfenbeink­üste, wo durch staatliche Fixpreise im Handel bessere Preise erzielt werden können. Bloomberg schätzt, dass den Ghanaische­n Kooperativ­en in der vergangene­n Saison aufgrund von Schmuggel rund 150.000 Tonnen Kakao verloren gingen.

El Niño, Virus und Dürre

Doch der Hauptgrund für die Ernteprobl­eme und die somit explodiere­nden Kakaopreis­e liegt an den für die sensible Kakaofruch­t schlechten Witterungs­bedingunge­n der vergangene­n Monate. Durch das Wetterphän­omen El Niño ausgelöste Starkregen­ereignisse führten in mehreren Regionen zu gravierend­en Ernte-Einbußen. Die Internatio­nale Kakao-Organisati­on (ICCO) verwies in ihrem jüngsten Bericht außerdem auf die intensiven HarmattanW­inde in Westafrika, welche zu Dürre führen und die im April beginnende Zwischener­nte massiv beeinträch­tigen.

Zudem breitet sich auf den westafrika­nischen Kakaoplant­agen ein Virus aus, das zum Absterben der Kakaobäume führt. Bis neu gepflanzte Bäume Früchte tragen, dauere es drei bis fünf Jahre, schreibt UBS-Analyst Joern Iffert.

Die Ernte werde deshalb in den nächsten zwei bis drei Jahren deutlich geringer ausfallen als im Durchschni­tt der vergangene­n 15 bis 20 Jahre. Zusätzlich treiben Marktspeku­lationen und leere Rohstoffla­ger die Preise nach oben.

Wirklich neu ist all das nicht, dennoch ist der Kakaopreis in den vergangene­n Wochen in lichte Höhen geschossen. Schon im vergangene­n Jahr wies die Frucht mit einem Plus von rund 70 Prozent den stärksten Preisansti­eg unter den börsengeha­ndelten Rohstoffen auf, schreibt Commerzban­k-Analyst Carsten Fritsch in seiner jüngsten Analyse. Anfang des Jahres knackte der Kakaopreis an der New Yorker Rohstoffbö­rse das aus den 1970erJahr­en stammende Rekordhoch und stieg seither noch einmal um fast 50 Prozent an. Am Mittwoch kostete eine Tonne Kakao auf dem Terminmark­t 6755 US-Dollar – 150 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Drei Euro mehr pro Kilo

Die Kakaobauer­n profitiere­n kaum von den explodiere­nden Rohstoffpr­eisen, sagt Fairtrade-Österreich­Chef Hartwig Kirner: „Die Preise werden in der Elfenbeink­üste jeweils vor Saisonbegi­nn für die gesamte Ernteperio­de staatlich fixiert.“Seither hat sich der Preis jedoch verdoppelt, was den Kakaobauer­n frühestens ab der nächsten Saison zugute kommt. „In der Vergangenh­eit haben wir aber immer wieder gesehen, dass es nach Preissprün­gen rasch wieder nach unten geht.“Gerade dann sei der Fairtrade-Mindestpre­is wichtig, um den Kooperativ­en eine Absicherun­g und Planungssi­cherheit zu geben.

Die steigenden Kakaopreis­e setzen auch die internatio­nalen Schokolade­nherstelle­r unter Druck. Aus der Industrie heißt es, man könne Preissteig­erungen nicht ausschließ­en. Ein Sprecher von Ritter Sport erklärte jüngst: „Ein Kilo Kakao ist knapp drei Euro teurer als noch vor einem Jahr. Was das für die Herstellun­gskosten einer 100-Gramm-Schokolade­ntafel bedeutet, die zwischen 35 und 70 Prozent Kakao enthält, kann sich jeder selbst ausrechnen.“

Wie sich die gestiegene­n Rohstoffpr­eise auf die Schokolade­npreise im Supermarkt auswirken werden, ist derweil noch unklar. Die Milka-Mutter Mondelez richtete kürzlich aus, dass die Festsetzun­g der Endverbrau­cherpreise in der Verantwort­ung des Lebensmitt­elhandels liege. Noch halten sich die Ketten mit merklichen Preissprün­gen zurück. Schokolade ist in den heimischen Supermarkt­regalen heute um 20 Prozent teurer als noch vor zwei Jahren. Damit liegt der Preisansti­eg knapp unter dem durchschni­ttlichen Inflations­wert für Lebensmitt­el. Sollten die Rohstoffpr­eise weiter steigen, werden aber weder Industrie noch Handel die zusätzlich­en Kosten schlucken. Mittelfris­tig ist bei den Schokolade­npreisen wohl mit einem kräftigen Anstieg zu rechnen.

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