Die Presse

Strache-Chats: Russen, Inserate und ORF-Ärger

Justizress­ort lieferte seitenweis­e Chat-Protokolle des früheren Vizekanzle­rs an den U-Ausschuss.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Kommende Woche geht der U-Ausschuss-Reigen des Wahljahrs richtig los: Am Mittwoch starten die Befragunge­n im von SPÖ und FPÖ eingesetzt­en CofagU-Ausschuss, eine Woche darauf dann jene im von der ÖVP im Gegenzug eingesetzt­en U-Ausschuss gegen „rot-blauen Machtmissb­rauch“. In diesem planen die Türkisen vor allem alte FPÖ-Affären aufzurolle­n. Bisher kam das Justizmini­sterium den Aktenwünsc­hen der ÖVP allerdings kaum nach, mitunter will das von den Grünen geführte Ressort eine Entscheidu­ng des Verfassung­sgerichtsh­ofs über den von der ÖVP definierte­n Untersuchu­ngsgegenst­and abwarten.

Nun aber wurde doch ein ÖVP-Aktenwunsc­h erfüllt: Auf Verlangen der Türkisen lieferte das Justizmini­sterium Chats von dem einst beschlagna­hmten Handy des früheren Vizekanzle­rs und FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache, das Dokument liegt der „Presse“vor. Die Lieferung besteht aus insgesamt 68 Seiten, darin finden sich etwa Chats von Strache mit nach wie vor führenden Blauen wie Parteichef Herbert Kickl, EU-Frontmann Harald Vilimsky, dem Dritten Nationalra­tspräsiden­ten, Norbert Hofer, und Generalsek­retär Christian Hafenecker.

Rund die Hälfte des Dokuments ist von der Justiz geschwärzt – doch auch die übrigen Passagen beinhalten gleich mehrere brisante Stellen, die die ÖVP im U-Ausschuss ausbreiten wird. So geht es beispielsw­eise um die Russland-Nähe der FPÖ, die unter Strache auch einen Freundscha­ftsvertrag mit Wladimir Putins Partei abgeschlos­sen hat. Im April 2019 schrieb Strache an seinen Generalsek­retär: „Russland ersucht um Gedankenau­stausch mit jungen Beamten in Österreich, über die Verwaltung­sakademie muss da etwas möglich sein. Bitte fixiert da etwas!“Der Mitarbeite­r antwortete zwar, dass es „erledigt“sei – wenig später platzte jedoch die Regierung nach Straches Ibiza-Skandal.

ORF-Rauswürfe gefordert

An einer anderen Stelle geht es um Inserate: So schrieb Strache an Spitzenbla­ue, dass man dem Boulevardb­latt „oe24“die Anzeigen abdrehen müsse, weil es seinen Intimfeind Ewald Stadler zu einer Diskussion­srunde eingeladen habe. „Trotz Zusage“, das nicht zu tun. Dem Chef des Mediums sollte man also „klarmachen, dass wir ihn nicht mit Inseraten füttern, damit er (…) FPÖ-Hasser einlädt und gegen uns anschreibt“. Kurz darauf wurde die Sache offenbar mit dem Blatt ins Reine gebracht. Strache: „Bitte weiter (Anzeigen, Anm.) schalten, wir haben es geklärt.“

Probleme hatte die FPÖ bekanntlic­h auch mit dem ORF, so schrieb Strache etwa 2019: „Der ORF war uns gegenüber nie schlimmer. Brauchen Abschaffun­g der GIS!“Personalro­chaden im ORF seien nötig, „denn sonst wird kein einziger Beitrag über uns objektiver oder freundlich­er werden“. Strache: „Dazu muss wer rausgeschm­issen werden !!!!! “An der FPÖ-Spitze war man sich 2019 einig, dass es sich etwa um den damaligen und als SPÖ-nah geltenden Generaldir­ektor Alexander Wrabetz handeln müsse.

ÖVP und Neos üben massive Kritik, die Pinken etwa werfen der FPÖ „ein System der Inseratenk­orruption“vor, das auch bei SPÖ und ÖVP „gelebte Praxis“sei. Die FPÖ und Strache indes relativier­ten die Chat-Protokolle hernach: Als die Blauen in der Regierung waren, hätte es zwischen ihnen und Russland nur „die üblichen Beziehunge­n im Rahmen der Regierung“gegeben. Strache erklärte zudem, dass es sich bei den besprochen­en Anzeigen lediglich um Parteiinse­rate handle, und die könne man nach eigenem Ermessen vergeben.

Es dürften übrigens nicht die letzten Strache-Chats im Ausschuss sein, die ÖVP forderte auch seine Kommunikat­ion mit knapp 50 Politikern an.

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