Wenn die Länder sich die
Jahrelang wurde die Wohnbauförderung kaum benötigt – jetzt aber rächen sich für etliche Bundesländer Versäumnisse aus der Vergangenheit.
Eine Milliarde Euro stellt die Bundesregierung für die Ankurbelung des Wohnbaus zur Verfügung. Dabei existiert ohnehin eine recht üppige Wohnbauförderung, die aus den Lohnnebenkosten gespeist wird: Jeder Arbeitnehmer zahlt ein Prozent des Bruttogehalts für die Wohnbauförderung. Laut einer Studie der Gemeinnützigen Bauvereinigungen haben die Bundesländer in den Jahren 2020 bis 2022 durchschnittlich 1,23 Mrd. Euro jährlich überwiesen bekommen, mit stark steigender Tendenz. Dazu kommen die Rückflüsse aus den Wohnbaudarlehen von 1,35 Mrd. Euro. Das wurde bei Weitem nicht in den Wohnbau investiert, 660 Mio. Euro haben die Länder im Schnitt jährlich für andere Zwecke ausgegeben. Das dürfen sie, die Zweckbindung der Wohnbauförderung wurde 2008 aufgehoben.
Der Wohnbau ist in den vergangenen Jahren auch nur noch zu einem geringeren Teil mit öffentlichen Fördermitteln abgewickelt worden. Waren Ende der 1990erJahre noch fast 80 Prozent der Neubauwohnungen gefördert, so sank der Anteil in den vergangenen Jahren auf deutlich unter 30 Prozent. Der Grund dafür: Die Kreditzinsen befanden sich auf einem historischen Tiefststand. Und da die Inanspruchnahme von Fördermitteln mit etlichen Auflagen verbunden ist, wichen selbst die gemeinnützigen Bauträger gern auf den frei finanzierten Wohnbau aus. So ist auch die Zahl der geförderten Wohnungen von über 40.000 in den 90er-Jahren auf 15.000 zurückgegangen.
Wohnungsknappheit absehbar
Diese Phase geht jetzt zu Ende. In den vergangenen Jahren sind die Baupreise um 30 Prozent angestiegen, gleichzeitig ist die Niedrigzinsphase zu Ende gegangen. Viele frei finanzierte Projekte rechnen sich damit schlicht nicht mehr.
Ohne staatliche Stützung würde damit der Wohnungsneubau einbrechen, eine Wohnungsknappheit wäre absehbar.
Aber warum wird da nicht auf die ohnehin vorhandene Wohnbauförderung zurückgegriffen? Eine Antwort lautet: Die Länder haben das Geld längst für andere Zwecke verplant. Überschüsse bei den Fördermitteln können nicht so einfach wieder umgeschichtet werden.
Es gibt aber noch eine andere Antwort: Die Überschüsse sind recht ungleichmäßig verteilt. Durch die föderale Struktur hat jedes Bundesland sein eigenes Wohnbauförderungsmodell – mit unterschiedlichen Auswirkungen, was nun an Mitteln vorhanden ist.
Ursprünglich war die Wohnbauförderung österreichweit recht einheitlich organisiert: Es gab Landesdarlehen zu einem günstigen Zinssatz, die Rückflüsse wurden wiederum für neue Landesdarlehen verwendet. In den vergangenen Jahrzehnten wurden von einzelnen Ländern zwei weitere Modelle entwickelt: Zuschüsse zu den Kreditzinsen und nicht rückzahlbare Zuschüsse zu den Baukosten.
Beide Modelle hatten einen aus Sicht der Länder zumindest kurzfristigen Vorteil: Die notwendigen Wohnungen konnten mit wesentlich geringerem Finanzaufwand gefördert werden.
Langfristig erwiesen sich die Modelle bald als Nachteil: Zinszuschüsse mussten über 20 Jahre gezahlt werden und belasteten das Wohnbauförderungsbudget lange Zeit. Zudem bleiben die Rückflüsse aus. Noch eine Entwicklung gab es: Manche Länder verkauften die Wohnbauförderungsdarlehen an internationale Finanzinstitute. Auch das spülte kurzfristig Geld in die Kassen, rächt sich aber jetzt, weil die Spielräume kleiner werden. „Wohnbauförderung funktioniert nur, wenn man sie über Jahrzehnte hinweg denkt“, sagt dazu der Wohnbauforscher Wolfgang Amann. Man solle die Langfristigkeit im Auge haben – und auch über eine Wiedereinführung der Zweckbindung nachdenken.
Musterländer
Manche Länder stehen immer noch gut da – speziell jene, die durchgehend auf Landesdarlehen gesetzt haben. Vier Bundesländer – das Burgenland, Salzburg, Tirol und Vorarlberg – können ihre gesamte Wohnbauförderung aus den Rückflüssen finanzieren, die Förderungsmittel fließen damit zur Gänze ins Budget. Dagegen haben zwei Bundesländer, nämlich Niederösterreich und Oberösterreich, schon in den Jahren 2020 bis 2022 mehr für Wohnbauförderung ausgegeben, als sie eingenommen haben.
In Niederösterreich hat das im Vorjahr zu einer Notbremsung geführt: Die Neubauförderung wurde praktisch eingestellt. Man erinnere sich: Niederösterreich hat unter dem damaligen Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka die Wohnbaudarlehen verkauft und ist mit dem Erlös mit mäßigem Erfolg an die Börse gegangen. Seit 2015 setzt das Land auf die Wohnbaufinanzierung über die Hypo Niederösterreich, die sich Kredite bei der EIB besorgt – versehen mit einer Zinsgarantie des Landes. Das Modell kostete Niederösterreich jahrelang praktisch nichts, mit dem Anstieg der Zinsen bringt es das Land aber an den Rand der Finanzierbarkeit. Auch das dürfte wohl ein Grund sein, dass der Bund nun mit einer Wohnbaumilliarde einspringt.