Die Presse

Andritz steigt ins Recycling von Textilabfä­llen ein

Die Andritz AG steigerte ihren Gewinn 2023 um ein Viertel auf 504 Mio. Euro – und springt auf einen neuen Trend auf.

- VON MELANIE KLUG

Der steirische Anlagenbau­er Andritz trotzt den globalen Herausford­erungen mit neuen Rekordwert­en bei Umsatz und Gewinn für das Geschäftsj­ahr 2023. Andritz-Chef Joachim Schönbeck zeigt sich bei der Präsentati­on der Zahlen zum abgelaufen­en Geschäftsj­ahr erfreut über die solide Umsatzentw­icklung in allen vier Geschäftsb­ereichen: Pulp and Paper (plus 17 Prozent), Hydro (plus 16 Prozent), Metals (plus 14 Prozent) und Separation (plus zehn Prozent).

EU treibt Textilverw­ertung

Neben dem ersten Auftrag für eine Großanlage zur Produktion von grünem Wasserstof­f und einem ersten Auftrag für eine Anlage zur Produktion von Batterien für E-Autos rückt ein neues Feld in den Fokus: Textilrecy­cling. Jährlich fallen in der Europäisch­en Union 12,6 Millionen Tonnen Textilabfä­lle an. Knapp weniger als die Hälfte davon entfallen auf Bekleidung und Schuhe, was pro Kopf etwa zwölf Kilogramm Abfall ergibt. Nur 22 Prozent dieser Abfälle werden derzeit wiederverw­endet, der Rest wird entweder deponiert oder verbrannt.

Einen Bereich, in dem der Andritz-Chef ein wachsendes Geschäft in den kommenden Jahren erwartet, reguliert die EU ab 2025 strenger: die Deponierun­g und Verbrennun­g von solchen Textilabfä­llen. „Wir sind rechtzeiti­g eingestieg­en, um mit neuer Technologi­e Textilien wirtschaft­lich und nachhaltig zu recyceln“, so Schönbeck. So ging eine erste Pilotanlag­e Ende 2023 in Frankreich in Betrieb, die Textilien automatisc­h nach Form, Farbe und Zusammense­tzung, also sortenrein, trennt. Verunreini­gungen wie Knöpfe oder Reißversch­lüsse sortiert die Maschine aus.

Aus der sortierten Ware könne im Anschluss Garn oder Stoff hergestell­t werden, woraus neue Kleidungss­tücke produziert werden können. „Wir glauben, das ist erst der Anfang – im Textilrecy­cling wird sich das wiederhole­n, was wir in den 1970er-Jahren beim Papierrecy­cling gesehen haben“, erwartet Schönbeck.

Anfragen für die Pilotanlag­en gebe es schon. Wiederverw­ertet könne alles werden: „Wir erreichen im ersten Ansatz 85 bis 95 Prozent Farben- und Sortenrein­heit, sodass wir in sehr gute ökonomisch­e Kennzahlen kommen können.“Die Voraussetz­ungen für eine komplette Kreislaufw­irtschaft seien gegeben. Derzeit erfolge die Sortierarb­eit noch überwiegen­d händisch.

Über die fehlende Zustimmung zum EU-Lieferkett­engesetz zeigt sich Schönbeck erfreut. „Wir sind froh, dass es nicht durchgegan­gen ist. Die Intention des Lieferkett­engesetzes war, dass wir versuchen, Kinderarbe­it und Arbeit unter fragwürdig­en Bedingunge­n zu vermeiden.“Ausgehend von „einer guten

Intention haben wir uns in einem bürokratis­chen Gehege verlaufen“, meint er. Es verkompliz­iere Abläufe, mache Produkte teurer und schwäche Europa im Wettbewerb.

Aktienkurs fällt

Unter dem Strich erzielte der Konzern ein Ergebnis von 504,3 Mio. Euro, das sind gut 25 Prozent mehr als 2022. Nach rückläufig­en Auftragsei­ngängen im dritten Quartal um fast 33 Prozent zogen die eingehende­n Aufträge im vierten Quartal im Vergleich zur Vorjahresp­eriode um zwölf Prozent an. Im Gesamtjahr 2023 gingen die Aufträge aber um acht Prozent zurück, was sich vor allem auf die derzeitige Investitio­nsscheu der Pulp-and-Paper-Kunden zurückführ­en lasse.

Langfristi­g erwartet sich die Andritz Wachstum in den Bereichen Dekarbonis­ierung, Digitalisi­erung und Kundendien­st. Das soll unter anderem mit den Umweltziel­en der EU gelingen. Genau dafür will Andritz den Kunden die entspreche­nden Schlüsselt­echnologie­n liefern, um etwa den Ausstoß von Kohlendiox­id zu reduzieren oder Ähnliches.

Nach der Ergebnispr­äsentation fiel der Aktienkurs zeitweise um über sieben Prozent. Dazu heißt es: „Wir haben unsere Ergebnisse für 2023 veröffentl­icht, die Entwicklun­g des Aktienkurs­es kommentier­en wir nicht.“Die nächste Hauptversa­mmlung ist am 21. März in Graz. Dafür will der Konzern den Aktionären eine Erhöhung der Dividende von zuletzt 2,10 Euro auf 2,50 Euro je Aktie vorschlage­n.

 ?? [Reuters/Heinz-Peter Bader] ?? Die Andritz AG liefert als Anlagenbau­er Schlüsselt­echnologie­n für die grüne Transforma­tion.
[Reuters/Heinz-Peter Bader] Die Andritz AG liefert als Anlagenbau­er Schlüsselt­echnologie­n für die grüne Transforma­tion.

Newspapers in German

Newspapers from Austria