Die Presse

Den ORF aufmischen?

Gastkommen­tar. Peter Westenthal­er zieht wieder für die FPÖ in den Stiftungsr­at. Als Ö1-Moderator sind seine Anrufe noch in Erinnerung.

- VON UDO BACHMAIR Udo Bachmair ist Journalist (ORF, 1979 bis 2012) und Präsident der Vereinigun­g für Medienkult­ur. debatte@diepresse.com

Peter Westenthal­er, früherer FPÖ-Klubobmann, später BZÖ-Politiker, bevor er dann neuerlich zum FPÖ-Sympathisa­nten mutierte, zieht also wieder in das oberste Gremium des ORF, in den Stiftungsr­at, ein. Ausgerechn­et in jenes Unternehme­n, das er bei jeder Gelegenhei­t anprangert und attackiert. Er saß schon zur Jahrtausen­dwende in dem Aufsichtso­rgan, das damals noch Kuratorium hieß.

Ist es vertretbar, dass ein Mitglied des Aufsichtsr­ates eines Konzerns sein eigenes Unternehme­n und dessen Mitarbeite­r in der Öffentlich­keit immer wieder herunterma­cht und beschimpft? Genau das tut Westenthal­er als Dauergast im ORF-kritischen Fellner-Sender Oe24. Er ist dort gleichsam zum Anti-ORF-Polemiker vom Dienst geworden.

Auch weitere Bedenken, dass laut ORF-Gesetz ein Mitglied des Stiftungsr­ates keiner Beschäftig­ung in einem Konkurrenz­unternehme­n nachgehen darf, rührt Westenthal­er nicht. Im Gegenteil: Er droht mehr oder weniger damit, den ORF aufmischen zu wollen. Sein neues Naheverhäl­tnis zu Herbert Kickl kann da durchaus dienlich sein, spätestens in Zeiten eines möglichen „Volkskanzl­ers“. Natürlich bestehen hin und wieder auch Gründe für berechtigt­e Kritik an so mancher ORF-Berichters­tattung, wie etwa an der außenpolit­ischen Schlagseit­e in oft wenig differenzi­erenden Analysen zu den Kriegen in der Ukraine und in Gaza.

Verallgeme­inerndes Hinhauen auf den Öffentlich-Rechtliche­n Rundfunk, dem eine demokratie­politisch wichtige Rolle zukommt, entbehrt aber jeder Grundlage und Sachlichke­it. Diese lässt Westenthal­er in seinen manchmal hasserfüll­t wirkenden Verbalatta­cken weitgehend vermissen. Auch aus diesem Grund erscheint er vielen als denkbar ungeeignet­ster Mann für die verantwort­ungsvolle Funktion eines Stiftungsr­atsmitglie­ds. Nicht zuletzt angesichts bevorstehe­nder ORF-Reformen kann sich das Unternehme­n keinen Aufsichtsr­at leisten, der nicht uneingesch­ränkt seriös agiert.

ORF-intern sattsam bekannt

Westenthal­er ist ORF-intern sattsam bekannt für seine Interventi­onsversuch­e zugunsten der FPÖ in seiner früheren Funktion im höchsten ORF-Gremium. Als ORF-Redakteur und Ö1-Journal-Moderator hatte ich selbst damals einschlägi­ge Erfahrung mit Anrufen Westenthal­ers

bis hinein ins Studio. Seine beharrlich­en Beeinfluss­ungsversuc­he in der Zeit der ersten ÖVP/ FPÖ-Regierung waren zu seinem Leidwesen allerdings kaum erfolgreic­h. Wer Westenthal­er kennt, kann davon ausgehen, dass seine Interventi­onitis nach einigen Jahren Unterbrech­ung einmal mehr prolongier­t und damit die insgesamt gute Arbeit der ORF-RedakteurI­nnen wiederholt gestört wird.

Westenthal­er sieht im ORF generalisi­erend eine „reine Propaganda­maschineri­e“. Armin Wolf unterstell­t er „politische Agitation“. Vorwürfe, die meiner Erkenntnis und persönlich­en Erfahrung nach ziemlich haltlos sind. Wolf gehört zu jenen Journalist­en, die sich ernsthaft und penibel recherchie­rend auf jede Moderation und jedes Interview vorbereite­n und nicht müde werden, konstrukti­v kritisch zu hinterfrag­en.

Der ORF-Redakteurs­rat weist zu Recht auf Bestimmung­en des ORF-Gesetzes hin, wonach ein Stiftungsr­atsmitglie­d ausschließ­lich im Interesse des Unternehme­ns zu agieren habe und nicht im Auftrag einer politische­n Partei.

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