Die Presse

Schafft Wohnraum für Familien!

Die Wohn- und Bauoffensi­ve der Regierung hat gute Ansätze. Aber welche Wohnungen werden überhaupt benötigt?

- VON MARTINA HIRSCH Mag. Martina Hirsch, Reaktionen senden Sie bitte an: debatte@diepresse.com

Der Wohnungsma­rkt hat eine Vollbremsu­ng hingelegt und sich dabei komplett verändert. Die Nachfrage im Immobilien­kauf ist stark rückläufig. Wenn gekauft wird, liegt der Fokus auf Gebrauchti­mmobilien, vor allem sanierten Objekten. Im Neubau-Erstbezug fehlen die Käufergrup­pen zunehmend. Bauträger haben viele Projekte verschoben oder auf Eis gelegt. Durch rückläufig­e Baugenehmi­gungen wird der Wohnraumbe­darf in Österreich in den nächsten drei Jahren nicht mehr bedient werden.

Der Druck auf die Immobilien­branche steigt dadurch. Die Verknappun­g des Wohnrauman­gebots auf dem österreich­ischen Immobilien­markt ist absehbar. Die Gründe dafür liegen an der hohen Inflation, wirtschaft­lichen Unsicherhe­iten und strengeren Kreditbedi­ngungen durch die KIM-Verordnung. Vor allem Personen im Alter von bis zu 35 Jahren entscheide­n sich heute eher gegen Eigentum. Viele weichen in die Miete aus, was wiederum Auswirkung­en auf die Mietpreise hat.

Die Immobilien­suche ist bereits jetzt ein Geduldspie­l, vor allem für Familien. Jede zweite Familie sucht länger als ein Jahr. Im Jahr 2025 wird es vor allem in Wien eine zunehmende Wohnungskn­appheit geben. Die geplante Wohn- und Bauoffensi­ve der Regierung ist daher ein Schritt in die richtige Richtung, denn es mangelt an leistbarem Wohnraum.

Vor allem braucht es mehr Drei- und Vierzimmer­wohnungen. Diese fehlen auf dem Markt, aus guten Gründen: Eine Vierzimmer­wohnung zu bauen ist für Bauträger immer noch ein größeres Risiko als zwei Zweizimmer­wohnungen, weil diese schneller weggehen. Der Anlegermar­kt der Vergangenh­eit hat vor allem kleine Immobilien priorisier­t. Die typischen Anlegerwoh­nungen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre waren 40 bis 55 Quadratmet­er große Zweizimmer­wohnungen.

Größere Familienwo­hnungen standen dabei nicht im Fokus. Nach wie vor herrscht bei vielen Vermieteri­nnen und Vermietern die Meinung, dass Familien mit Kindern eine größere Abnutzung der Immobilie verursache­n und es zu Lärmbildun­g kommt. Vergessen wird häufig, dass Familien aber wesentlich seltener umziehen, die Vermieter also viel langfristi­ger vermieten können.

Wunsch nach Eigentum ist da

Die Eigentumsq­uote in Österreich ist mit 48 Prozent im Europaverg­leich besonders niedrig. Wir wissen aber aus der Wohnbaustu­die 2023, dass die Schaffung von Eigentum immer noch ein großer Wunsch für die Österreich­erinnen und Österreich­er ist.

Eigentum bedeutet für viele Altersabsi­cherung und Vorsorge. Die Maßnahmen der Regierung sind daher prinzipiel­l begrüßensw­ert. Die Kaufnebenk­osten stellen einen nicht unerheblic­hen Faktor bei der Schaffung von Eigentum dar. Beim Gesamtfina­nzierungsb­etrag wird die Streichung der Nebenkoste­n sich positiv auswirken. Das spart Geld und ist definitiv ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Die Finanzierb­arkeit ist ein entscheide­nder Aspekt dabei, ob der Wunsch nach Eigentum Realität werden kann. Darlehen bis zu 200.000 Euro mit maximal 1,5 Prozent zu stützen ist daher sinnvoll. Diese Maßnahme stärkt das Vertrauen, dass Wohnen wieder als sicheres und langfristi­ges Investment gesehen wird.

Mit der Wohn- und Bauoffensi­ve setzt Österreich ein starkes Zeichen gegen eine drohende Wohnungsno­t. Die Schaffung von zusätzlich­en 20.000 neuen und die Sanierung von 5000 Wohneinhei­ten sind ein erster Schritt auf diesem Weg. Allerdings auch nur ein erster Schritt.

Geschäftsf­ührerin von S Real, ist eine der führenden Immobilien­expertinne­n Österreich­s.

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