Die Presse

Kurz-Richter hätte Befangenhe­it prüfen lassen sollen

Richter und Staatsanwä­lte haben schon mehr Wert darauf gelegt, Befangenhe­iten auszuschli­eßen.

- VON BENEDIKT KOMMENDA E-Mails: benedikt.kommenda@diepresse.com

Wenn die Justiz zeigen will, dass sie von der Politik unabhängig ist, müsse sie nicht nur jegliche Nähe der handelnden Personen zur Politik vermeiden – sondern schon jeden Anschein einer solchen Nähe. Wie oft hat man das von Spitzenver­tretern und -vertreteri­nnen der Staatsanwä­lte und Richterinn­en schon gehört! „Justice must not only be done: it must also be seen to be done“, sagt auch der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte. Bloß im Fall des Kurz-Richters Michael Radasztics ist das Anscheinst­hema anscheinen­d kein so wichtiges.

Die Anwälte des Ex-Kanzlers hatten schon zu Beginn auf ein möglicherw­eise zu enges Verhältnis des Richters zum ehemaligen Grün-Politiker und selbstdekl­arierten Aufdecker Peter Pilz hingewiese­n. Klar, aus Verteidige­rräson. Aber deshalb nicht zwangsläuf­ig zu Unrecht. Zuletzt ist ÖVP-Generalsek­retär Christian Stocker damit – klar, aus Parteiräso­n, aber usw. – nochmals an die Öffentlich­keit gegangen, nachdem eine Disziplina­rverurteil­ung von Radasztics aus seiner Zeit als Staatsanwa­lt publik geworden war. Ein Vorwurf: Er habe Pilz im Zuge der Eurofighte­r-Ermittlung­en eine „amtsgeheim­e“Informatio­n verraten.

Nun lässt sich streiten, ob Radasztics wirklich befangen war im Verfahren gegen einen anderen Ex-Politiker, der allerdings einer der Lieblingsf­einde von Pilz war. Aber jeden Anschein einer Befangenhe­it zu vermeiden hätte wohl anders ausgesehen. Der Richter für das Kurz-Verfahren wurde nach Zufallspri­nzip ausgewählt. Hätte er nicht gut daran getan, von sich aus intern auf seine Vorgeschic­hte hinzuweise­n, um eine mögliche Ausgeschlo­ssenheit vorab prüfen zu lassen? Gesehen hat man davon jedenfalls nichts.

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