Kurz-Richter hätte Befangenheit prüfen lassen sollen
Richter und Staatsanwälte haben schon mehr Wert darauf gelegt, Befangenheiten auszuschließen.
Wenn die Justiz zeigen will, dass sie von der Politik unabhängig ist, müsse sie nicht nur jegliche Nähe der handelnden Personen zur Politik vermeiden – sondern schon jeden Anschein einer solchen Nähe. Wie oft hat man das von Spitzenvertretern und -vertreterinnen der Staatsanwälte und Richterinnen schon gehört! „Justice must not only be done: it must also be seen to be done“, sagt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Bloß im Fall des Kurz-Richters Michael Radasztics ist das Anscheinsthema anscheinend kein so wichtiges.
Die Anwälte des Ex-Kanzlers hatten schon zu Beginn auf ein möglicherweise zu enges Verhältnis des Richters zum ehemaligen Grün-Politiker und selbstdeklarierten Aufdecker Peter Pilz hingewiesen. Klar, aus Verteidigerräson. Aber deshalb nicht zwangsläufig zu Unrecht. Zuletzt ist ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker damit – klar, aus Parteiräson, aber usw. – nochmals an die Öffentlichkeit gegangen, nachdem eine Disziplinarverurteilung von Radasztics aus seiner Zeit als Staatsanwalt publik geworden war. Ein Vorwurf: Er habe Pilz im Zuge der Eurofighter-Ermittlungen eine „amtsgeheime“Information verraten.
Nun lässt sich streiten, ob Radasztics wirklich befangen war im Verfahren gegen einen anderen Ex-Politiker, der allerdings einer der Lieblingsfeinde von Pilz war. Aber jeden Anschein einer Befangenheit zu vermeiden hätte wohl anders ausgesehen. Der Richter für das Kurz-Verfahren wurde nach Zufallsprinzip ausgewählt. Hätte er nicht gut daran getan, von sich aus intern auf seine Vorgeschichte hinzuweisen, um eine mögliche Ausgeschlossenheit vorab prüfen zu lassen? Gesehen hat man davon jedenfalls nichts.