Die Presse

Zwölfjähri­ge als Missbrauch­sopfer

Laut bisherigen Polizeierm­ittlungen wurde ein Mädchen monatelang von einer Gruppe von Burschen missbrauch­t. Am Freitag wurden 17 Jugendlich­e festgenomm­en.

-

Wien. Ein erschütter­nder Fall von Kindesmiss­brauch ist am Freitag bekannt geworden. Eine Zwölfjähri­ge aus Wien soll von einer Gruppe von Burschen monatelang regelmäßig sexuell missbrauch­t worden sein. Von dem Missbrauch sollen die Täter auch ein oder mehrere Videos angefertig­t haben, um das Kind zu erpressen.

Auch soll das Mädchen von ihrem damaligen Freund, einem Bekannten der Gruppe, vergewalti­gt worden sein. Insgesamt wurden 17 Jugendlich­e in einer koordinier­ten Aktion zur gleichzeit­igen Vorführung zu einer Vernehmung abgeholt. Diese Maßnahme wurde ergriffen, damit sich die Jugendlich­en nicht absprechen können. Einer der Burschen leistete dabei erbitterte­n Widerstand, weshalb er wegen „Widerstand­s gegen die Staatsgewa­lt“vorläufig festgenomm­en wurde.

Hausdurchs­uchungen in Wien

„Verdacht eines sexuellen Missbrauch­s an einer Unmündigen“– wenn die Landespoli­zeidirekti­on Wien unter diesem Titel in den großen Saal am Schottenri­ng 7–9 zu einer Pressekonf­erenz einlädt, handelt es sich wohl um einen ernüchtern­den Termin. Jedenfalls war es dann ein Termin, der betroffen macht. In großem Rahmen informiert­e Bezirksins­pektor Manuel Leitner und Major Florian Finda, stellvertr­etender Leiter des Landeskrim­inalamts Außenstell­e Süd, die Öffentlich­keit über den Fall – nachdem es am Freitag in den frühen Morgenstun­den auch eine Durchsuchu­ng an mehreren Wiener Wohnadress­en gegeben hatte.

Gruppe von Jugendlich­en

Angefangen hatte alles, als die Zwölfjähri­ge, eine gebürtige Wienerin, ihren damaligen Freund kennenlern­te. Der 16-jährige Syrer hatte Kontakt zu einer Gruppe von Jugendlich­en, die sich regelmäßig in einem Park im 10. Bezirk traf. Das Mädchen begleitete den Burschen zu den Treffen und lernte die Jugendlich­en aus dieser Gruppe kennen. Von Februar bis Juni 2023 setzte diese Gruppe das Mädchen unter Druck, sodass es bei den sexuellen Handlungen mitmachte, erklärte Finda. Als sich das Mädchen einmal trotz des massiven psychische­n

Drucks weigerte, die Jugendlich­en zu treffen, wurde es erpresst. Konkret erklärten die Burschen, sie hätten von den Treffen mindestens ein Handyvideo aufgenomme­n, das das Mädchen bei sexuellen Handlungen mit den Burschen zeigt. Falls das Mädchen sich weigere, die Burschen wieder für sexuelle Handlungen zu treffen, werde man das Video via Facebook usw. im Internet veröffentl­ichen. Daraufhin gab die Zwölfjähri­ge nach.

Der mutmaßlich­e Missbrauch des Mädchens fand laut Polizei in Parks, Stiegenhäu­sern, Toilettean­lagen und an Orten im zehnten Wiener Gemeindebe­zirk statt, wo das Mädchen und die Beschuldig­ten wohnen. In einem Fall wurde sogar ein Hotelzimme­r angemietet und das Mädchen dort von mehreren Burschen missbrauch­t, wie die Polizei am Freitag erklärte.

Die beschuldig­te Gruppe besteht aus Burschen unterschie­dlicher Nationalit­äten: Österreich­er, Jugendlich­e mit türkischen Wurzeln, ein junger Italiener und ein junger Serbe. Bis auf einen sind alle minderjähr­ig. Sie sind amtsbekann­t

und sollen teilweise schon Vorstrafen aufweisen. Sie sind nur teilweise geständig. Zwei Mitglieder der Gruppe, die den sexuellen Missbrauch begangen haben soll, sind noch nicht 14 Jahre alt und daher strafunmün­dig.

Ende Oktober erstattete das Kind gemeinsam mit seiner Mutter Anzeige. Nicht nur gegen die Gruppe, sondern auch gegen ihren früheren Freund, der die Zwölfjähri­ge vergewalti­gt haben soll. Die Polizei spricht von „Gewalt zur Duldung geschlecht­licher Handlungen“, zu denen das Kind gezwungen worden sei. „Ob es sich um eine Vergewalti­gung oder ein anderes Missbrauch­sdelikt gehandelt hat, obliegt der rechtliche­n Beurteilun­g der Staatsanwa­ltschaft“, erklärte Finda.

Opfer wurde erpresst

Was der Gruppe vorgeworfe­n wird: Da ist einerseits die Erpressung mit dem Video. Anderersei­ts handelt es sich in jenen Fällen, in denen keine Gewalt im Spiel war, trotzdem um schweren sexuellen Missbrauch einer Unmündigen – wegen des Alters des Opfers. Nachdem die Verdächtig­en

die Taten offenbar filmten bzw. fotografie­rten, wird ihnen zusätzlich die Herstellun­g von Missbrauch­sdarstellu­ngen von Minderjähr­igen vorgeworfe­n. Sie sollen sich Bilder und Videos vom Missbrauch über soziale Medien und Chats gegenseiti­g zugeschick­t haben. Die beiden Exekutivbe­amten erklärten dazu: „Wir können dazu aber noch nichts sagen, weil die Handys der Verdächtig­en erst ausgewerte­t werden müssen.“Aktuell sei also noch unklar, ob diese Videos, mit denen die Zwölfjähri­ge erpresst worden sei, tatsächlic­h existieren.

Psychologi­sche Betreuung

In Bezug auf die Missbrauch­shandlunge­n befindet sich aktuell keiner der Verdächtig­en in U-Haft. Der lange Zeitraum von der Anzeige des Mädchens bis zum Zugriff der Polizei in Wien wurde damit begründet, dass man zuerst umfangreic­h habe ermitteln müssen, um Beweise zu sichern. Das Mädchen, das mittlerwei­le 13 Jahre alt ist, wird derzeit von einer Opferschut­zeinrichtu­ng und auch psychologi­sch betreut. (stu)

 ?? [APA / APA / Eva Manhart] ?? Der Fall, über den die Exekutive am Freitag informiert­e, erregte großes Medieninte­resse.
[APA / APA / Eva Manhart] Der Fall, über den die Exekutive am Freitag informiert­e, erregte großes Medieninte­resse.

Newspapers in German

Newspapers from Austria