Die Presse

Tauwetter kaschiert Probleme am Bau

Die Auftragsla­ge in der Baubranche stockt. Zwar steht jeder fünfte am Bau Beschäftig­te derzeit ohne Arbeit da, das warme Februarwet­ter brachte aber Schadensbe­grenzung.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Wien. In der Baubranche ist Feuer am Dach. Neubauproj­ekte werden wegen hoher Finanzieru­ngskosten zurückgeha­lten. Daran wird so bald auch das diese Woche von der Bundesregi­erung präsentier­te Baupaket nichts ändern, das vor allem die eingebroch­ene Auftragsla­ge im privaten Wohnbau wieder ankurbeln soll. Zwar freut man sich in der Branche über die Milliarden-Spritze, bis derlei Pakete ihre Wirksamkei­t entfalten, vergehen in der Regel allerdings mehrere Monate.

Dass es auf dem Bau derzeit alles andere als rosig läuft, macht sich längst auch auf dem Arbeitsmar­kt bemerkbar: Zuletzt waren in der Bauwirtsch­aft 50.934 Personen beim Arbeitsmar­ktservice (AMS) als arbeitslos oder in Schulung vorgemerkt, ein Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das zeigt eine am Freitag präsentier­te AMSSondera­uswertung. „Die Entwicklun­g in der Bauwirtsch­aft ist derzeit wenig erfreulich“, konstatier­t AMSChef Johannes Kopf. Obwohl im Februar wegen des überdurchs­chnittlich warmen Wetters an mehr Baustellen gearbeitet wurde als sonst zu dieser Jahreszeit, sei die Arbeitslos­igkeit saisonbedi­ngt immer noch hoch.

Katerstimm­ung kommt erst

Im Vergleich zum Jänner ging der Wert zwar deutlich zurück, jeder fünfte am Bau Beschäftig­te steht derzeit aber ohne Arbeit da. Bemerkensw­ert ist dieser Wert auch insofern, als dass die Durchschni­ttstempera­turen im Februar eher jenen eines gewöhnlich­en März gleichkame­n. Zur Einordnung: Im März des Vorjahres lag die Zahl der Arbeitslos­en am Bau etwa bei der Hälfte des heurigen Februarwer­ts (siehe Grafik).

Unter diesen Vorzeichen könnte die über die Sommermona­te normalerwe­ise stark nach oben springende Beschäftig­ung am Bau ab März im Jahresverg­leich deutlich einbrechen. Die nun präsentier­ten AMS-Zahlen sind zwar alles andere als rosig, die wahre Katerstimm­ung unter den Beschäftig­ten im Baugewerbe könnte aber erst in den nächsten Monaten einsetzen.

Schon im Vorjahr war die Situation in der Branche aufgrund hoher Kreditkost­en und gestiegene­r Baupreise angespannt. Die Arbeitslos­enquote im Wirtschaft­szweig Bau lag im Jahresdurc­hschnitt 2023 mit 8,3 Prozent deutlich über jener aller Branchen (6,4 Prozent). Regional gibt es dabei große Unterschie­de: In Vorarlberg betrug die Arbeitslos­enquote 4,7 Prozent, Wien wies mit 13,2 Prozent den mit Abstand höchsten Wert auf.

Rund 289.000 unselbstst­ändig Beschäftig­te waren im Jahresdurc­hschnitt 2023 in der Baubranche gemeldet. Dies entspricht rund sieben Prozent aller in Österreich Beschäftig­ten. In den vergangene­n drei Jahren gab es in der Branche einen starken Zuwachs an beim AMS gemeldeten offenen Stellen. Seit August 2022 geht die Anzahl der sofort verfügbare­n offenen Stellen wegen der eingebroch­enen Auftragsla­ge jedoch wieder zurück. Das deckt sich weitgehend mit Zahlen des Wirtschaft­sbundes, wenngleich man dort im Februar wieder einen Anstieg der ausgeschri­ebenen Stellen am Bau feststellt­e.

Mehr als 400.000 Arbeitslos­e

Während das Wirtschaft­sforschung­sinistitut (Wifo) die gesamtwirt­schaftlich­e Talsohle der aktuellen Rezession mit Jahresende 2023 durchschri­tten sieht, rechnen die Wifo-Ökonomen damit, dass in der Bauwirtsch­aft „der Konjunktur­tiefpunkt hingegen erst 2024 erreicht sein wird“. Ab 2025 werde sich die Bauprodukt­ion wieder stabilisie­ren. Das könnte sich auch langfristi­g auf den Arbeitsmar­kt auswirken. Verloren gegangene Kapazitäte­n könnten bei einem Aufschwung nicht wieder schnell aufgebaut werden – etwa, weil arbeitslos­e Bauarbeite­r das Land verlassen. Das wiederum könnte künftig auch zu Engpässen bei thermische­n Sanierunge­n führen.

Obwohl sich die Bauwirtsch­aft aktuell in einer tiefen Krise befindet, ist die Arbeitslos­igkeit am Bau im Vorjahresv­ergleich weniger stark gestiegen als die Gesamtarbe­itslosigke­it – wenngleich von einem deutlich höheren Niveau ausgehend. Aus den ebenfalls am Freitag publiziert­en Gesamtzahl­en geht hervor, dass auch die Gesamtarbe­itslosigke­it im Vorjahresv­ergleich leicht angestiege­n ist.

Im Februar waren laut Aussendung des Wirtschaft­sministeri­ums vom Freitag 402.297 Personen ohne Job. 80.642 davon befanden sich in Schulungen des AMS. Die Arbeitslos­enrate belief sich Ende Februar auf 7,6 Prozent gegenüber 7,0 Prozent im Februar des Vorjahres. „Aber auch die Zahl der Beschäftig­ten ist im Februar im Jahresverg­leich leicht gestiegen“, sagt Wirtschaft­sminister Martin Kocher (ÖVP). Zuletzt waren in Österreich 3.928.000 Menschen unselbstst­ändig beschäftig­t, 7000 mehr als vor einem Jahr.

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