Tauwetter kaschiert Probleme am Bau
Die Auftragslage in der Baubranche stockt. Zwar steht jeder fünfte am Bau Beschäftigte derzeit ohne Arbeit da, das warme Februarwetter brachte aber Schadensbegrenzung.
Wien. In der Baubranche ist Feuer am Dach. Neubauprojekte werden wegen hoher Finanzierungskosten zurückgehalten. Daran wird so bald auch das diese Woche von der Bundesregierung präsentierte Baupaket nichts ändern, das vor allem die eingebrochene Auftragslage im privaten Wohnbau wieder ankurbeln soll. Zwar freut man sich in der Branche über die Milliarden-Spritze, bis derlei Pakete ihre Wirksamkeit entfalten, vergehen in der Regel allerdings mehrere Monate.
Dass es auf dem Bau derzeit alles andere als rosig läuft, macht sich längst auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar: Zuletzt waren in der Bauwirtschaft 50.934 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos oder in Schulung vorgemerkt, ein Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das zeigt eine am Freitag präsentierte AMSSonderauswertung. „Die Entwicklung in der Bauwirtschaft ist derzeit wenig erfreulich“, konstatiert AMSChef Johannes Kopf. Obwohl im Februar wegen des überdurchschnittlich warmen Wetters an mehr Baustellen gearbeitet wurde als sonst zu dieser Jahreszeit, sei die Arbeitslosigkeit saisonbedingt immer noch hoch.
Katerstimmung kommt erst
Im Vergleich zum Jänner ging der Wert zwar deutlich zurück, jeder fünfte am Bau Beschäftigte steht derzeit aber ohne Arbeit da. Bemerkenswert ist dieser Wert auch insofern, als dass die Durchschnittstemperaturen im Februar eher jenen eines gewöhnlichen März gleichkamen. Zur Einordnung: Im März des Vorjahres lag die Zahl der Arbeitslosen am Bau etwa bei der Hälfte des heurigen Februarwerts (siehe Grafik).
Unter diesen Vorzeichen könnte die über die Sommermonate normalerweise stark nach oben springende Beschäftigung am Bau ab März im Jahresvergleich deutlich einbrechen. Die nun präsentierten AMS-Zahlen sind zwar alles andere als rosig, die wahre Katerstimmung unter den Beschäftigten im Baugewerbe könnte aber erst in den nächsten Monaten einsetzen.
Schon im Vorjahr war die Situation in der Branche aufgrund hoher Kreditkosten und gestiegener Baupreise angespannt. Die Arbeitslosenquote im Wirtschaftszweig Bau lag im Jahresdurchschnitt 2023 mit 8,3 Prozent deutlich über jener aller Branchen (6,4 Prozent). Regional gibt es dabei große Unterschiede: In Vorarlberg betrug die Arbeitslosenquote 4,7 Prozent, Wien wies mit 13,2 Prozent den mit Abstand höchsten Wert auf.
Rund 289.000 unselbstständig Beschäftigte waren im Jahresdurchschnitt 2023 in der Baubranche gemeldet. Dies entspricht rund sieben Prozent aller in Österreich Beschäftigten. In den vergangenen drei Jahren gab es in der Branche einen starken Zuwachs an beim AMS gemeldeten offenen Stellen. Seit August 2022 geht die Anzahl der sofort verfügbaren offenen Stellen wegen der eingebrochenen Auftragslage jedoch wieder zurück. Das deckt sich weitgehend mit Zahlen des Wirtschaftsbundes, wenngleich man dort im Februar wieder einen Anstieg der ausgeschriebenen Stellen am Bau feststellte.
Mehr als 400.000 Arbeitslose
Während das Wirtschaftsforschungsinistitut (Wifo) die gesamtwirtschaftliche Talsohle der aktuellen Rezession mit Jahresende 2023 durchschritten sieht, rechnen die Wifo-Ökonomen damit, dass in der Bauwirtschaft „der Konjunkturtiefpunkt hingegen erst 2024 erreicht sein wird“. Ab 2025 werde sich die Bauproduktion wieder stabilisieren. Das könnte sich auch langfristig auf den Arbeitsmarkt auswirken. Verloren gegangene Kapazitäten könnten bei einem Aufschwung nicht wieder schnell aufgebaut werden – etwa, weil arbeitslose Bauarbeiter das Land verlassen. Das wiederum könnte künftig auch zu Engpässen bei thermischen Sanierungen führen.
Obwohl sich die Bauwirtschaft aktuell in einer tiefen Krise befindet, ist die Arbeitslosigkeit am Bau im Vorjahresvergleich weniger stark gestiegen als die Gesamtarbeitslosigkeit – wenngleich von einem deutlich höheren Niveau ausgehend. Aus den ebenfalls am Freitag publizierten Gesamtzahlen geht hervor, dass auch die Gesamtarbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich leicht angestiegen ist.
Im Februar waren laut Aussendung des Wirtschaftsministeriums vom Freitag 402.297 Personen ohne Job. 80.642 davon befanden sich in Schulungen des AMS. Die Arbeitslosenrate belief sich Ende Februar auf 7,6 Prozent gegenüber 7,0 Prozent im Februar des Vorjahres. „Aber auch die Zahl der Beschäftigten ist im Februar im Jahresvergleich leicht gestiegen“, sagt Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Zuletzt waren in Österreich 3.928.000 Menschen unselbstständig beschäftigt, 7000 mehr als vor einem Jahr.