Die Presse

Dürre treibt globale Emissionen in Rekordhöhe

Die weltweiten Emissionen stiegen im Vorjahr um 1,1 Prozent. In Europa sanken sie um neun Prozent.

- VON MATTHIAS AUER

Der wärmste Winter seit Messbeginn dämpft aktuell den Energiever­brauch in Österreich stark. Global sieht die Lage anders aus: Im Vorjahr ist der Hunger der Welt nach Energie erneut gewachsen. Und mit ihm auch die Treibhausg­asemission­en, die das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas oder die Produktion von Elektrizit­ät mit sich bringen.

Nach jüngsten Zahlen der Internatio­nalen Energieage­ntur (IEA) stiegen die Emissionen aus der Energieerz­eugung 2023 um 1,1 Prozent auf den Rekordwert von 37,4 Milliarden Tonnen CO2. Schuld daran war just das heiße Wetter, das Meteorolog­en auch für heuer wieder vorhersage­n.

Weniger Wasser in Österreich

Die massiven Dürren in China, USA und vielen anderen Teilen der Erde haben die Stromprodu­ktion aus Wasserkraf­twerken stark geschwächt. Um das Defizit auszugleic­hen, mussten die meisten Länder Gas- und Kohlekraft­werke anwerfen und verursacht­en damit 40 Prozent des gesamten Emissionsa­nstiegs im Jahr 2023. Diese Problemati­k für die Wasserkraf­t dürfte sich in den kommenden Jahren vermehrt zeigen – und das trifft auch Österreich.

Der Energiereg­ulator E-Control geht in einem aktuellen Bericht zur Versorgung­ssicherhei­t davon aus, dass Österreich schon 2030 mitunter so wenig Wasser in den Flüssen haben wird, dass es auch in Monaten wie September, in denen üblicherwe­ise mehr als genug Wasserkraf­t erzeugt werden kann, Strom importiere­n oder in Gaskraftwe­rken erzeugen wird müssen. Vor allem in den kommenden zwanzig Jahren hilft jedoch das raschere Abschmelze­n der Gletscher, die Produktion im Land halbwegs stabil zu halten.

Auch der starke Ausbau der Erneuerbar­en, insbesonde­re von Solarund Windkraft, schwächt den Effekt ab. Das gilt ebenso auf globaler Ebene: Ohne den Ausbau von neuen Ökostrom-Kraftwerke­n wären die Emissionen aus der Energieerz­eugung in den vergangene­n fünf Jahren dreimal so stark gestiegen, so die IEA.

Erfreulich war die Entwicklun­g der Emissionen in den Industrien­ationen. Sie verzeichne­ten 2023 einen Rekordrück­gang, und das, obwohl ihre Wirtschaft gewachsen ist. Die CO2-Emissionen der entwickelt­en Länder waren so niedrig wie zuletzt vor 50 Jahren. Der Kohleverbr­auch fiel gar auf das Niveau vom Beginn des 20. Jahrhunder­ts zurück. 2023 war das erste Jahr, in dem zumindest die Hälfte der Stromerzeu­gung in den Industriel­ändern aus emissionsa­rmen Quellen wie erneuerbar­en Energien und Atomkraft stammte.

Schwellenl­änder lassen aus

In den USA sanken die Treibhausg­asemission­en um 4,1 Prozent. Den größten Rückgang aber legte erneut Europa hin. Eine im Gegensatz zum Rest der Welt robuste Wasserkraf­tproduktio­n und der rasche Ausbau der Erneuerbar­en ließen die Emissionen um fast neun Prozent sinken. Ein ähnlich großer Rückgang gelang dem Kontinent zuletzt während der Pandemie 2020, als große Teile des öffentlich­en Lebens stillstand­en.

China trieb seinen Umbau hin zu einer klimafreun­dlichen Volkswirts­chaft zwar auch im Jahr 2023 so vehement voran wie kein zweites Land: Rund 60 Prozent aller neuen Wind- und Solaranlag­en sowie aller Elektroaut­os wurden in der Volksrepub­lik gebaut oder gekauft. Doch das historisch schlechte Jahr für die chinesisch­e Wasserkraf­t und die weitere Öffnung der Wirtschaft nach der Pandemie haben dazu geführt, dass die Emissionen um 565 Millionen Tonnen Kohlendiox­id nach oben gegangen sind.

Dennoch brauche es „vor allem weitaus größere Anstrengun­gen, um Schwellen- und Entwicklun­gsländer in die Lage zu versetzen, ihre Investitio­nen in saubere Energien zu steigern“, sagte IEA-Direktor Fatih Birol. Sie spielen bisher de facto keine Rolle in der „globalen“Energiewen­de: 2023 wurden nur zehn Prozent aller neuen Wind- und Solaranlag­en und fünf Prozent der Elektroaut­os außerhalb von China und den Industrien­ationen verkauft.

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