Die Presse

Aktionäre bleiben seltene Spezies

Nur jeder Vierte in Österreich besitzt Wertpapier­e. Der heimische Finanzmark­t ist dabei deutlich von Männern dominiert.

- VON SUSANNE BICKEL

Wenn der US-Investment­guru Warren Buffet, wie vor wenigen Tagen passiert, seinen jährlichen Brief an die Aktionäre veröffentl­icht, findet dieser weltweiten Anklang. Allein in Österreich dürfte das Echo wohl relativ ungehört verhallen. Denn die Österreich­erinnen und Österreich­er interessie­ren sich nach wie vor nur bedingt für den Kapitalmar­kt. Nur 27 Prozent der Menschen sind hierzuland­e im Besitz von Wertpapier­en, das sind rund 2,1 Millionen Finanzmark­tteilnehme­r.

Dabei interessie­rt sich der Großteil (20 Prozent) vor allem für ETFs, also Exchange Traded Funds. Beliebt sind dabei speziell bei der jüngeren Generation Sparpläne. 14 Prozent der Österreich­erinnen und Österreich­er verfügen hingegen über Einzelwert­e und damit Unternehme­nsaktien. Neun Prozent können sich für Anleihen begeistern – dabei wurde aber nicht zwischen Unternehme­ns- und Staatsanle­ihen unterschie­den. Die Zahlen gehen aus einer Studie hervor, die von Peter Hajek Public Opinion Strategies im Auftrag der Wiener Börse, der Industriel­lenvereini­gung (IV) und des Aktienforu­ms durchgefüh­rt wurde.

Langfristi­ger Aufbau als Ziel

Während das Interesse an Aktien und ETFs moderat stieg, war die Nachfrage nach Anleihen im Jahr 2023 deutlich höher als noch zuvor. Gaben im Jahr 2022 insgesamt sechs Prozent der Befragten an, Anleihen zu besitzen, waren es im Jahr 2023 bereits die genannten neun Prozent. Das Aktionärst­um korreliert auch stark mit dem Einkommen: Je höher das Einkommen, desto höher der Anteil der Aktionäre. Bei Nettoeinko­mmen von mehr als 3000 Euro im Monat beträgt die Aktionärsq­uote 49 Prozent.

Grundsätzl­ich ist das Interesse an Wertpapier­en aber angestiege­n: Der Wertpapier­besitz hat sich von 25 auf 27 Prozent erhöht. Weitere 21 Prozent haben Interesse daran, demnächst Wertpapier­e zu kaufen.

Insgesamt sind weiterhin sehr viel mehr Männer in Aktien investiert als Frauen: 36 Prozent zu 19 Prozent.

Männer investiere­n zudem häufiger höhere Geldbeträg­e. In der Gruppe der Befragten, die angaben, mehr als 5000 Euro in Wertpapier­en zu halten, waren laut der Studie signifikan­t häufiger Männer, Ältere (50- bis 59-Jährige) und höher gebildete Menschen zu finden. Dabei ist vor allem für Frauen die langfristi­ge Vorsorge auf dem Kapitalmar­kt durchaus entscheide­nd. „Gerade in Hinsicht auf die Pensionslü­cke ist es wichtig, dass Frauen sich aktiv für ihre finanziell­e Zukunft einsetzen und gleichbere­chtigt auf dem Kapitalmar­kt teilnehmen“, sagte die stellvertr­etende Aufsichtsr­atsvorsitz­ende der Wiener Börse, Angelika Sommer-Hemetsberg­er, am Freitag vor Journalist­en.

Die langfristi­ge Vermögensa­nlage geben aber beide Geschlecht­er als wichtigste­n Anlagegrun­d an: 45 Prozent nannten diesen. Weitere 43 Prozent wollen vor allem den Wert ihres Gelds in Zeiten der hohen Inflation erhalten. Für 24 Prozent ist es hingegen wichtig, einen kurz- und mittelfris­tigen

Gewinn zu erzielen. Die Wertpapier­e sind in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen, sagt IV-Präsident Georg Knill und pocht einmal mehr auf die Einführung der Behaltefri­st.

Nicht nur Reiche investiere­n

Diese wurde schon bei Antritt der Regierungs­koalition vereinbart, harrt aber noch der Umsetzung. Die Abschaffun­g der KESt wird von Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP) immer wieder ins Spiel gebracht. Eine Einigung mit dem grünen Koalitions­partner blieb aber bisher aus. Laut den Grünen würden von einer Abschaffun­g der KESt auf Wertpapier­e vor allem Reiche profitiere­n und Kapitalgew­inne noch stärker gegenüber Arbeitsein­kommen bevorzugt. Auch eine von Brunner vorgeschla­gene Behaltefri­st von zehn Jahren überzeugte die Grünen bisher nicht.

Wie die Studie zeigt, investiere­n auch Menschen mit niedrigen Einkommen. „Von den rund 2,1 Millionen Menschen in Österreich, die Wertpapier­e besitzen, verdienen 1,3 Millionen weniger als 3000 Euro. Diese Personengr­uppen gilt es zu entlasten“, sagt Robert Ottel, Präsident des Aktienforu­ms.

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Österreich­erinnen und Österreich­er bleiben vor- sichtig: Wenn sie Wertpapier­e kaufen, setzen sie eher auf ETFs als auf Aktien.
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[Reuters/Ralph Orlowski]

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