Thiems neuer Coach steht ante portas
Dominic Thiems neuer Touring-Coach müsse „keine Kernspaltung“vollziehen, sagt Manager und Bruder Moritz. Federers Ex-Trainer Severin Lüthi wäre daher eine Fehlbesetzung.
Es ist ruhig geworden um Dominic Thiem. Der Februar des ehemaligen Weltranglistendritten ist schnell zusammengefasst. Auf das Daviscup-Gastspiel gegen Irland inklusive Sieg gegen die Nummer 935 der Welt, Michael Agwi, folgte der Ausflug zu einem Showturnier nach Oslo. Das Ergebnis: zwei Niederlagen und eine Lebensmittelvergiftung.
Mittlerweile ist beides verdaut. Thiem trainiert derzeit wie geplant mit seinem Vater Wolfgang in Traiskirchen, bereitet sich – und das ist für diese Jahreszeit ungewöhnlich – auf Sandplatz auf seine nächsten Einsätze vor. Während die Elite dem ersten ATP-1000-Turnier des Jahres unter der Sonne Kaliforniens in Indian Wells (ab 6. März) entgegenfiebert, verschlägt es den 17-fachen Turniersieger in das etwas weniger mondäne Székesfehérvár.
Beim Challengerturnier in Ungarn – der Hauptbewerb beginnt am 11. März – ist Thiem nach derzeitigem Stand die Nummer eins. In Indian Wells hätte es nicht einmal für einen Platz im Hauptbewerb
gereicht. Die Diskrepanz zwischen Indian Wells und Székesfehérvár spiegelt auch das Dilemma Dominic Thiems wider.
Die Premiere des Neuen
Der US-Open-Champion von 2020 will nicht länger um Teilnahmen an großen Turnieren zittern, sich in den Niederungen der Tour aufhalten. „Ich stehe jetzt seit zwei Jahren in Rankingsphären, in denen ich nicht stehen will. Natürlich belastet mich das“, hatte der 30-Jährige bei einem Medientermin Ende Jänner zu Protokoll gegeben.
Sollte sich am Status quo bis Jahresende nichts geändert haben und das Ziel Top 50 verfehlt werden, wäre selbst ein Karriereende mit 31 denkbar. „Dann muss man sich schon überlegen, ob sich das Ganze noch lohnt.“Thiem sieht die Saison 2024 als „letzte Chance“, macht dafür auch zum wiederholten Mal den Schritt zurück auf die zweitklassige Challengertour. Nach
Székesfehérvár folgen in Zadar und Neapel noch zwei weitere Auftritte auf kleinerer Bühne.
In Ungarn wird erstmals Thiems neuer Touring-Coach mit dabei sein. Beim Nachfolger von Benjamin Ebrahimzadeh handelt es sich allerdings nicht wie kolportiert um Mate Delić. „Er war ein Kandidat, hat aber bis Sommer noch Verpflichtungen gegenüber einem anderen Spieler“, erklärt Bruder und Manager Moritz Thiem der „Presse“. Durchaus denkbar wäre, dass Delić das Betreuerteam in der zweiten Jahreshälfte ergänzt. Székesfehérvár dient auch als Testlauf für Thiem und seinen neuen Betreuer, dessen Name erst kommende Woche offiziell verlautbart werden soll. „Aber wir gehen davon aus, dass es passt.“
Der Wunsch vieler Beobachter nach einem großen Trainer mit viel Renommee an Thiems Seite wird sich jedenfalls nicht erfüllen. Severin Lüthi, langjähriger Coach von
Roger Federer, wäre ein solcher gewesen. Ob der Schweizer Lüthi, nach der Trennung von Holger Rune seit gut einem Monat auf dem Markt, denn eine Überlegung war? Moritz Thiem: „Er hat mit Federer alles erreicht, ist sicher ein sehr guter Trainer. Aber wir wissen eigentlich schon seit einiger Zeit, was Dominic braucht.“Und das ist nicht jemand wie Severin Lüthi.
„Wenn man jetzt jemanden holen würde, der etwas ganz anderes einbringt, wird es nur kompliziert. Das ist keine Kernspaltung, die wir da durchführen.“Kurzum: Der Touring-Coach soll sich an der Herangehensweise von Hauptcoach und Vater Wolfgang Thiem orientieren. „Die eigentliche Arbeit wird zu Hause gemacht. Auf den Turnieren soll diese Arbeit nur fortgeführt werden. Es braucht niemanden, der versucht, auf eigene Faust die Welt verändern zu wollen.“
Moritz Thiem ist überzeugt davon, dass der Weg stimmt, dass Bruder Dominic seine Ziele erreicht. Und falls nicht? Ist dann noch 2024 Schluss? „Er wird das schaffen. Und falls nicht, wäre es nachvollziehbar, wenn er aufhört.“