Die Presse

Wiener Nostalgie – Erinnerung­en an Emil Singer

Kabinettau­sstellung. Der Künstler Emil Singer und seine Werke stehen im Fokus.

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Die Schau zeigt Radierunge­n des während des NS-Regimes ermordeten jüdischöst­erreichisc­hen Künstlers Emil Singer (1881–1942), dessen Geschichte in Vergessenh­eit geraten ist. Von seinem Leben blieben nur Fragmente: seine Radierunge­n, von Sammler:innen in ganz Europa und den Vereinigte­n Staaten erworben, sowie Briefe, Archivalie­n und überliefer­te Erzählunge­n von jenen, die ihn kannten.

Nostalgisc­hes und Vertrautes

Seine Werke, entstanden zwischen 1914 und Mitte der 1930er-Jahre, spiegeln eine Zeit der Krise wider und zeigen nostalgisc­he Stadtansic­hten und Landschaft­en. Darunter sind vertraute Wiener Wahrzeiche­n wie der Stephanspl­atz oder der Schlosspar­k Schönbrunn zu finden. Sie gewähren Einblicke in Singers idealisier­ten Blick auf ein „AltWien“, das zu seiner Zeit bereits vergangen war. Entstanden in der Zeit des Untergangs der Habsburger­monarchie, der Bildung von Nationalst­aaten

und dem Aufstieg des Faschismus, zeigen Singers Werke keine Spur davon. Vielmehr vermitteln sie eine romantisch­e Sehnsucht nach einer längst vergangene­n Ära.

Die Radierunge­n von Emil Singer gelangten Dank des amerikanis­chen Sammlers Dr. Sandy Rikoon in das Jüdische Museum Wien und erinnern nicht nur an das künstleris­che Schaffen Emil Singers, sondern auch an seine erfolglose­n Fluchtbemü­hungen aus dem nationalso­zialistisc­hen Wien. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung durfte Singer nach 1938 seine Werke nicht mehr im Deutschen Reich anbieten. Über seine amerikanis­chen Kontakte verkaufte er sie in den

USA, als sich die Situation für die jüdische Bevölkerun­g zuspitzte, versuchte er schließlic­h, ein amerikanis­ches Visum zu erhalten. Trotz aller Bemühungen wurde der Visumsantr­ag abgelehnt. 1942 wurde das Ehepaar Singer deportiert und ermordet. Emil Singers Radierunge­n bleiben trotz seines tragischen Fluchtvers­uchs als Erinnerung an sein Leben erhalten.

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Dr. Sandy Rikoon ] [JMW/Schenkung Emil Singer: „Wien, Stephansdo­m, 6/100“. Radierung, ca. 1923
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[JMW/Schenkung Dr. Sandy Rikoon] Emil Singer: „Schönbrunn“. Radierung, ca. 1930

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