Wie aus Aluminiumschrott ein neues Auto werden soll
Um die Mobilität nachhaltiger zu gestalten, wollen österreichische Forschungsteams die Fertigungsprozesse von Fahr- und Flugzeugbestandteilen optimieren. Sie sollen ein „zweites Leben“bekommen, um Rohstoffe und Energieverbrauch zu schonen.
Die Optimierung von Kfz-Antrieben ohne erdölbasierte Kraftstoffe treibt die Dekarbonisierung in der Mobilität voran. Um die Mobilität noch grüner zu machen, muss allerdings auch die Herstellung der Fahrzeuge nachhaltiger werden, sind sich Expertinnen und Experten einig. Deshalb und angesichts zunehmender Rohstoffknappheit setzen die Automobilhersteller in aller Welt immer stärker auf Komponenten aus recyceltem Aluminium.
Vorleben des Materials interessiert
„Das Re-Manufacturing, also das Herstellen neuer Bauteile aus bestehenden, erfordert jedoch mit den derzeit zur Verfügung stehenden Verfahren energieaufwendige Schmelzprozesse“, umreißt Carina Schlögl einen der Bremsklötze im Bemühen um Ressourceneinsparung. Als Projektleiterin am Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen (LKR) des Austrian Institute of Technology AIT) ist sie mit ihrem Team sowie mit einem Konsortium aus 20 Forschungs- und Industriepartnern im Projekt „Prometheus“auf der Suche nach effizienteren Lösungen.
Gefördert wird das Vorhaben von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und von den Ministerien für Klimaschutz sowie für Arbeit und Wirtschaft. Um ausgediente Fahrzeugkomponenten auf nachhaltigere Weise in neue zu verwandeln, benötige man zunächst umfassende Informationen über deren „Vorleben“und die genaue Zusammensetzung des Materials, sagt Schlögl. Entsprechende Sensorik, digitale Tools wie eine automatisierte Bilderkennung sowie der Einsatz
künstlicher Intelligenz sollen dazu beitragen, diese sowie weitere Daten zu erfassen und stabile Fertigungsverfahren für das zweite Leben der Recyclingstoffe zu entwickeln. Damit könne man unter anderem Prozesse etablieren, die mit weniger energieintensiven Schmelzvorgängen auskommen. Ein solcher Prozess, das Tiefziehen, eignet sich nicht nur für die Fertigung von Aluminiumkomponenten für Autos, sondern auch für das Herstellen von Bauteilen aus Titan, wie sie im Flugzeugbau Verwendung finden.
„Derzeitige Verfahren sind aufgrund ihrer stundenlangen Dauer bei Temperaturen um die 900 Grad sogar derart energieaufwendig, dass sie in Europa gar nicht durchgeführt werden“, erklärt Schlögl. „Europäische Hersteller müssen solche Teile daher aus Übersee zukaufen.“Ziel des Forschungsprojektes ist es, das Tiefziehen, das bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen in Sekundenschnelle vor sich geht, unter Einsatz der selbst entwickelten Tools weiter zu optimieren. Damit reduziere man sowohl den Verbrauch von Energieressourcen als auch industrielle Abhängigkeiten. „Und der Produktionsprozess erhält einen österreichischen Stempel“, weist Schlögl auf die Bedeutung für eine Stärkung des Innovations- und Wirtschaftsstandortes Österreich hin.
Alles in einem Stück
Verbesserungen erhoffen sich die Projektverantwortlichen auch für das Druckgussverfahren zur Erzeugung von Kfz-Teilen aus Aluminium. „Üblicherweise werden komplexe Strukturen durch Schweißen und Fügen von Einzelteilen gefertigt“, erläutert Schlögl. „Schweißnähte und Fügestellen sind aber mögliche Schwachpunkte im Material. Wir wollen daher der Vision des sogenannten Giga-Casting einen Schritt näherkommen: Es geht um das Herstellen komplexer Strukturen in einem einzigen Stück. Das sichert eine hohe Qualität, was vor allem bei sicherheitsrelevanten Bauteilen von entscheidender Bedeutung ist.“Um das zu ermöglichen, muss die Aluminiumschmelze kurz vor dem Erstarren auf besondere Weise behandelt werden. Wie das am besten gelingt, soll eine der Erkenntnisse des Forschungsprojekts sein.
Künstliche Intelligenz hilft mit
Um Rohstoffe zu sparen und Abhängigkeiten von Lieferquellen zu minimieren, sind die Forschenden darüber hinaus auf der Suche nach neuen Materialien und legen den Fokus auf Legierungen. „Unter anderem mithilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz wollen wir herausfinden, wie sich Änderungen der Zusammensetzungen auf die Materialeigenschaften, auf die Qualität des Endprodukts und auf die Fertigungsprozesse auswirken“, sagt Schlögl. Eines der Ziele ist es, kritische Rohstoffe durch andere mit ähnlichen Parametern zu ersetzen und so den ökologischen Fußabdruck im Bereich der Mobilität weiter zu verringern.
‘‘ Das Herstellen neuer Bauteile aus bestehenden erfordert derzeit energieaufwendige Schmelzprozesse.
Carina Schlögl, Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen, AIT