Das große Verharren bei den schönen alten Mauern
Derzeit gibt sich der noble Markt ein wenig gelangweilt.
So leicht lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen: Österreichs Schlösser und Burgen haben schon viel kommen und noch mehr gehen gesehen und Jahrhunderte an Käufer- und Verkäufermärkten überstanden. Dementsprechend unaufgeregt bleibt dieses Marktsegment auch in der aktuellen Krise.
Etwas zu unaufgeregt
Vielleich sogar ein wenig zu unaufgeregt, wenn es nach Fridolin Angerer geht, bei Spiegelfeld Immobilien für den Bereich Forst, Land und Schlösser verantwortlich. „Das Jahr 2023 war grundsätzlich sehr ruhig, und man musste den Leuten eher vom Verkauf abraten, weil es nach der ‚Euphorie‘ der Coronajahre ein allgemeines Stimmungstief gab. Und es ist einfach schade, wenn dann schöne Objekte auf den Markt kommen, und der reagiert dann eher gelangweilt“, erklärt der Makler. Auch Siegbert Sappert, der dieses Segment bei Hendrich Real Estate betreut, konstatiert „ein großes Verharren“, und ist gespannt, was das Frühjahr bringt, denn der Markt springt erfahrungsgemäß dann an, wenn das Wetter schön wird und dann auch eine Weile so bleibt.
Die Gründe für die Ruhe rund um die alten Mauern haben allerdings nur bedingt mit den Problemen zu tun, mit denen sich die Immobilienbranche in Österreich sonst derzeit plagt. „Dieses Segment ist immer ein eigenes Thema, das recht abgehoben vom allgemeinen Marktgeschehen ist“, sagt Angerer. Denn potenzielle Schlossherren und -damen setzen eher nicht auf fallende Zinsen oder Preise, sondern auf das richtige Objekt, ist er überzeugt. „Null Zinsen haben vielleicht manche Entscheidung begünstigt, aber diese Käufer sind nicht von der Zinslandschaft abhängig.“Für Sappert lässt sich „dieser Bereich nicht ganz von dem Drama lösen, aber einige müssen nicht verkaufen, gehen mit dem Preis nicht hinunter. Und wer derzeit keinen Wohnbedarf hat, wartet ab“, erklärt er.
Der Wohnbedarf spielte in den vergangenen Jahren auch im Schlösserbereich durchaus eine Rolle. Während der Ausgangssperren waren Liegenschaften mit mehreren Hektar Grund und einem
mächtigen Tor vor der Auffahrt aus Gründen der persönlichen Bewegungsfreiheit gefragt. Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs rückten Objekte mit eigenem Wald, Kaminen und Kachelöfen in den Fokus jener, die sich vor einem Blackout fürchteten oder einfach Autarkie in unsicheren Zeiten schätzten.
Gastro kehrt zurück
Brach lag dagegen das Konzept von Schlössern als Eventlocations, was sich jetzt aber schön langsam wieder ändert. „Corona ist vergessen, und das hilft den Schlössern, „wie allen, die in Gastro denken“, so Sappert. Noch ein weiterer Aspekt spielt den einst oft als „kalte, zugige Gemäuer“geziehenen Häusern langfristig in die Hände: die Klimaerwärmung.
Denn in den immer länger und heißer werdenden Sommern in den Städten bekommt die Vorstellung von kühlen Mauern und schattigen Wäldern eine ganz neue Attraktivität. „Während Corona war das Eingesperrtsein in der Stadt das Thema, jetzt ist es die Hitze dort“, meint Angerer.
Neu ist das Konzept des Kaufens von kühlen Sommerdomizilen in ländlichen Gegenden nicht, allerdings gehörten Österreicher bisher eher nicht zur Käufergruppe: „Menschen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten haben sich dagegen schon lang in England oder Finnland mit entsprechenden Objekten eingedeckt, weil man sich nicht immer in technisch gekühlten Räumen aufhalten will“, erzählt Sappert. Zu den Käufern
hierzulande gehören allerdings in der großen Mehrheit Österreicher, „zehn bis 15 Prozent stammen aus dem EU-Ausland und vereinzelt gibt es Interesse von Ukrainern, die sich aber, wenn Interesse bestand, bereits eingedeckt haben“, berichtet Sappert.
Eigenjagden gehen immer
Umgekehrt sind Österreicher an Schlössern im Ausland – Klassiker sind Ungarn, Tschechien, seit einiger Zeit auch Rumänien, manche heimischen Makler haben aber auch Objekte in Schweden im Angebot – vor allem dann interessiert, wenn diese mit einer Eigenjagd auf den Markt kommen. Und naturgemäß andere Wildarten als die Wälder im eigenen Land bieten. Aber auch heimische Schlösser und Burgen
mit einem Jagdrevier – das nach dem kaiserlichen Jagdgesetz aus mindestens 115 zusammenhängenden Hektar bestehen muss – sind begehrt. Dieses Segment ist von Krisen aller Art „sehr stark unberührt“, wie es Marco Neubrand, Immobilienberater bei Engel & Völkers Graz Umgebung, formuliert. Denn für diese Objekte müsse sicherlich nicht der letzte Euro umgedreht werden. Wer sich einen solchen Luxus leiste, ist von Zinskursen oder Finanzierungsregeln unbeeindruckt. Zumal der Markt der Eigenjagden traditionell ein Verkäufermarkt ist, zumindest in Österreich, auf dem Wartelisten geführt werden und der Begriff „Vermarktungsdauer“selten gehört wird. Besonders, wenn der Wald direkt am eigenen Schloss
beginnt oder vielleicht noch ein Jagdschlössl darin zu finden ist. „Extrem attraktiv sind Eigenjagden , wenn es auch eine Baubewilligung gibt, denn diese sind fast unmöglich neu zu bekommen“, sagt der Makler. Und ein Wochendhaus
mit echter, moderner Wohnqualität im eigenen Jagdrevier errichten zu können ist für viele ein Traum.
„Horrende Summen gezahlt“
Außerdem spielen der Wildbestand und die Art des Wildes eine Rolle, aber wirklich reelle wirtschaftliche Werte lassen sich kaum angeben. „Da werden horrende Summen aus persönlichem Gefallen bezahlt“, so Neubrand. Tendenz weiter steigend, was auch mit dem wachsenden Bewusstsein für die Vorteile von Abgelegenheit und Ruhe zu tun habe. Was Eigenjagden inzwischen nicht mehr nur für Jäger interessant macht, wie Angerer hinzufügt. „Da liegt der Luxus viel mehr darin, dass man keine Nachbarschaft hat.“Und wirklich viel Platz im Schatten. (sma)