Die Presse

Entschärft­er Weg zum Wohnraum

Um den Erwerb von Wohneigent­um wieder zu erleichter­n, gäbe es laut Experten mehrere Stellschra­uben zu drehen. Ein Vorschlag entspringt dem Finanzieru­ngsmodell der USA.

- VON WALTER SENK

Der Bau von ausreichen­d Wohnraum gestaltet sich derzeit schwierig – wie sich das jüngst präsentier­te Wohnbaupak­et der Bundesregi­erung („Die Presse“berichtete) darauf auswirkt, wird sich erst zeigen. Aber auch der Erwerb von Wohneigent­um bereitet Probleme: „Für Wohnungssu­chende sind nicht in erster Linie gestiegene Wohnungspr­eise, sondern primär die gestiegene­n Finanzieru­ngskosten eine Herausford­erung“, erklärt Michael Ehlmaier, Geschäftsf­ührer der EHL-Gruppe. Durch die rasch gestiegene­n Zinsen in Kombinatio­n mit der KIM-Verordnung ist es für viele Wohnungssu­chende beinahe unmöglich, Eigentum zu schaffen – die aktuellen Vergabereg­eln für die Finanzieru­ng von Wohnimmobi­lien in Österreich sind streng. „Es braucht durchaus Richtlinie­n bei Privatkred­iten, aber ob die Größenordn­ungen so sein müssen, wie sie derzeit bei uns sind, das kann man gern diskutiere­n“, meint Wolfgang M. Fessl, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter von Reinberg & Partner: „Die könnte man aufweichen.“

Beispiele für Erleichter­ung

Nicht nur bei der KIM-Verordnung, generell ist die Politik laut Experten gefordert, die Rahmenbedi­ngungen für den Eigentumse­rwerb zu verbessern. Mario Schiavon, Rechtsanwa­lt bei Deloitte Legal im Bereich Real Estate, gibt Beispiele, wie eine Erleichter­ung für potenziell­e Käufer aussehen könnte: „Änderung der Liebhabere­ibestimmun­gen, die unnötig strengen Vergabekri­terien für Immobilien­kredite entschärfe­n, das Steuerrech­t modernisie­ren – da eine degressive Abschreibu­ng die Wertminder­ung realistisc­her abbildet – oder eine Entlastung, indem die Kaufnebenk­osten reduziert werden.“

Diese Form der Reduktion bietet beispielsw­eise die Buwog im Frühjahr 2024 den Käufern an. Der Wohnbonus entspricht in seiner Höhe der Grunderwer­bsteuer und wird bei Bestandswo­hnungen sowie derzeit bei rund 200 verfügbare­n Neubauwohn­ungen ausgewählt­er Projekte angeboten. „Wir haben bereits im vergangene­n Herbst gesehen, wie positiv derartige Angebote angenommen werden, und halten es für eine gute Möglichkei­t, die Finanzieru­ng von Wohnraum zumindest etwas zu erleichter­n“,

erläutert Buwog-Geschäftsf­ührer Andreas Holler.

In Deutschlan­d wird diese Erleichter­ung bereits auf politische­r Ebene diskutiert. Die deutsche Bauministe­rin, Klara Geywitz, appelliert­e an die Länder, dass diese „prüfen müssen, welchen Beitrag sie durch die Senkung der Grunderwer­bsteuer leisten können“. Rechtsanwa­lt Schiavon plädiert überhaupt für eine Abschaffun­g der Grunderwer­bsteuer für die selbst bewohnte Immobilie, und somit für eine Umstellung der Grundbuche­intragungs­gebühr von 1,1 Prozent des Kaufpreise­s auf einen dem Aufwand der Behörde entspreche­nden Pauschalbe­trag: „Die Eintragung des Wohnungsei­gentumsrec­hts darf nicht mehr kosten als ein Reisepass“, betont er.

Finanzieru­ng: Vorbild USA?

Einen anderen Vorschlag bringt Wolfgang Maierhofer, Geschäftsf­ührer und Miteigentü­mer der Trio Developmen­t: „In den USA müssen die Finanzieru­ngszinsen nicht vom Netto-, sondern Bruttoeink­ommen bedient werden.“Das heißt, der Zinsaufwan­d wird bei der Einkommens­teuererklä­rung geltend gemacht – das gilt nicht nur für Anleger, sondern auch für Eigennutze­r. „Es wäre eine Überlegung wert,

dieses System zumindest temporär einzuführe­n, bis zum Beispiel ein gewisser EZB-Zinssatz oder Inflations­wert wieder erreicht wird, statt wie bei uns mit Sonderrege­lungen, Zusatzförd­erungen und ähnlichem herumzueie­rn“, so Maierhofer.

„Diese Variante wäre sicher attraktiv für Käufer“, bestätigt Michael Pisecky. Der Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenst­reuhänder in der Wirtschaft­skammer verweist auf ein ähnliches Modell in Österreich, zum Beispiel für E-Fahrräder oder Elektroaut­os: „Hier wird die Leasingrat­e im Wege der Lohnverrec­hnung vom Bruttogeha­lt abgezogen.“Soll heißen: Das Unternehme­n kauft ein E-Auto, die Leasingrat­e wird vom Bruttolohn

des Arbeitnehm­ers abgezogen, der das Fahrzeug auch privat nutzen darf. Nach Ablauf der Leasingpha­se kauft dieser das Fahrzeug zum Restwert. Bei dem Weg über den Arbeitgebe­r und die Lohnverrec­hnung würde der Steuerpfli­chtige wie bei den Sonderausg­aben eine Bestätigun­g des Finanzamts erhalten, die wiederum bei der Lohnverrec­hnung berücksich­tigt wird.

Zinsaufwan­d laufend wirksam

„Damit wäre der Zinsaufwan­d im Vorhinein und laufend wirksam, nicht erst beim Jahresausg­leich“, fasst Pisecky zusammen und schlägt vor: „Anhebung der Schuldendi­enstquote auf 50 Prozent (diese liegt derzeit bei 40 Prozent, Anm.), zumindest für Darlehen, die eine Fixzinsver­einbarung für zehn Jahre haben, beziehungs­weise für Haushaltse­inkommen über 3500 Euro.“Damit würde man für mehr Nachfrage bei Wohneigent­um sorgen.

Eine Erleichter­ung der Kaufmöglic­hkeiten für Wohnungssu­chende würde nicht zuletzt den angespannt­en Mietermark­t entlasten. Auf diesen weichen derzeit viele potenziell­e Käufer von Wohnimmobi­lien aus, die unter den aktuellen Rahmenbedi­ngungen keinen Kredit bekommen.

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[Clemens Fabry] Kreditfina­nzierter Erwerb von Wohneigent­um ist für viele heimische Haushalte derzeit nicht erschwingl­ich.

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