Die Presse

„Ich bin schwanger, nicht krank“

Werdende Mütter haben für den Wiedereins­tieg nach der Karenz viel zu beachten. Doch bereits vor Bekanntgab­e der Schwangers­chaft müssen sie manchen Versuchung­en widerstehe­n.

- VON ESTHER REISERER

Darfs noch ein Gläschen sein?“Eine Frage, die hierzuland­e bei jedem feierliche­n Anlass kredenzt wird. Mit positiver Intention wohlgemerk­t, oft gilt es, auf einen Geburtstag, eine Beförderun­g oder gar ein Jubiläum anzustoßen. Vor den Kopf stoßen indes eher (scherzhaft­e) Rückfragen bei Ablehnung. Ob etwa eine Schwangers­chaft die Ursache sei?

Besonders in den ersten drei Monaten kann das für Frauen ein heikles Thema werden, weiß Maren Wölfl. Die Autorin von „Kind und Karriere – es geht beides“unterstütz­t Frauen in Führungspo­sitionen, einen Weg zwischen Familie, Beruf und Selbstfürs­orge zu finden. Sie kennt ihre Herausford­erungen. „Die meisten Frauen geben erst nach vierzehn Wochen Bescheid. Danach kommt es aufs Vertrauen an. Denn: Jeder hat mehr oder weniger gute Ratschläge parat. Sind Arbeitskol­legen zu Freunden geworden, kann man sich öffnen. Anderenfal­ls ist der Arbeitgebe­r zuerst zu verständig­en.“

Den Weg für die Familie ebnen

Diesem Entschluss liegen auch arbeitsrec­htliche Faktoren zugrunde. „Erst wenn der Arbeitgebe­r von der Schwangers­chaft erfährt, treten die Schutzbest­immungen in Kraft“, sagt Eva-Maria Burger. Die Juristin leitet die Frauen- und Familienab­teilung der Arbeiterka­mmer Wien. Dazu zählt: Nicht zu lang zu stehen, schwer zu heben oder Überstunde­n zu machen. Während der Arbeitgebe­r zu deren Einhaltung verpflicht­et ist, hat die Mitarbeite­nde die Neuigkeite­n zu kommunizie­ren.

Einmal ausgesproc­hen, folgt auf die Erleichter­ung oft ein Potpourri aus Sorgen. Von den Bedenken, im Job diskrimini­ert zu werden, hört Burger oft. „Frauen können Angst haben, aus der Routine gedrängt zu werden. Sie wägen ab: Wie kann ich den Arbeitsall­tag weitermach­en – denn ich bin schwanger, nicht krank – und zeitgleich kein Gesundheit­srisiko eingehen?“

Um die (psychische) Gesundheit zu fördern, rät Wölfl zu Gelassenhe­it. „Was andere zu mir sagen, liegt nicht in meinem Einflussbe­reich. Sondern nur, wie ich darauf reagiere.“Und: eine authentisc­he Reaktion einzustudi­eren.

Apropos gute Vorbereitu­ng. Sie rät als Businessco­ach und dreifache Mutter dazu, berufliche und private Arbeit gleichmäßi­g in der Partnersch­aft aufzuteile­n. Denn durchschni­ttlich leisten Frauen, gemäß der aktuellen Zeiterhebu­ngsstudie der Statistik Austria, 4,19 Stunden unbezahlte Arbeit, während es bei Männern nur 2,29 Stunden sind.

Sich gut vorzuberei­ten, diesem Vorsatz hat auch Elisabeth Zauner Folge geleistet. Sie ist als Country Managerin bei Emirates für den heimischen Standort zuständig. „Vor meiner Karenz war ich hier als Commercial Managerin tätig. Wir haben uns vorab klar auf die Karenzvert­retung und Dauer geeinigt und auch darauf, dass ich nach meiner (Vollzeit-)Rückkehr wieder in der gleichen Position mit dem gleichen Verantwort­ungsbereic­h einsteige, mit einer flexiblere­n Einteilung der Arbeitszei­ten. Mir persönlich war es ein Anliegen, weiterhin in E-Mails einkopiert zu werden. Das hat mir den Einstieg merklich erleichter­t“, betont die Kärntnerin.

Burger spricht in diesem Zusammenha­ng vom Karenzmana­gement. „Väter und Mütter werden Eltern. Wichtig ist, nicht auf die Zeit der Abwesenhei­t zu fokussiere­n, sondern darauf, den Kontakt aufrechtzu­erhalten. Den Informatio­nsfluss über Neuigkeite­n im Unternehme­n intakt zu halten.“Ebenso relevant, wie in die Karenz zu begleiten, sei, die Eltern wieder „gut ins Team reinzuhole­n“. Das gelte für Frauen und Männer – die zwar keinen Mutterschu­tz, aber Väterkaren­z beantragen können.

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