Die Presse

KI ist an den Unis angekommen

Längst finden KI-Tools auch an den Universitä­ten ihre Anwendungs­gebiete, Studenten setzen sie ebenso ein wie Lehrende. Doch das digitale Neuland wird erst langsam erkundet.

- VON ALEXANDER HAIDE

Drei Universitä­ten, ein ähnliches Vorgehen: Studierend­en ist der Einsatz von KI bei entspreche­nder Kennzeichn­ung, etwa bei Hausübunge­n, erlaubt. Die Universitä­t Wien steht noch am Beginn. „Wie bei allen neuen Technologi­en befinden wir uns in einem Experiment­ierstadium, in dem die Lehrenden unterschie­dlich weit sind“, erklärt Roland Steinacher, Leiter Studienser­vice und Lehrwesen Uni Wien. „Viele beginnen jetzt vermehrt über die gesellscha­ftlichen, wirtschaft­lichen, politische­n und rechtliche­n Auswirkung­en nachzudenk­en und lassen das in die Lehre einfließen.“An der Uni Klagenfurt mit ihrer technische­n Ausrichtun­g wird der Fokus auch auf die technische­n Aspekte der KI gelegt. „Das heißt, dass wir uns zum Beispiel im Sinne der generative­n KI weniger darauf konzentrie­ren, wie man ein Tool in einem bestimmten Bereich einsetzt, wie ein GPT-Modell zur Generierun­g von Texten oder ein Diffusions­modell zur Erzeugung von Bildern“, erläutert Konstantin Schekotihi­n, Co-Studienpro­grammleite­r Robotics & AI an der Uni Klagenfurt. „Stattdesse­n erklären wir, wie KI-Methoden entwickelt, trainiert und evaluiert werden. Wir wollen unseren Studenten aber auch ein klares Verständni­s für die Macht und die Auswirkung­en der KI-Methoden auf unsere Gesellscha­ft vermitteln, indem wir Kurse anbieten, die ihre sozialen, ethischen und rechtliche­n Aspekte beleuchten.“

Deep Fake und Verifikati­on

Schekotihi­n konkretisi­ert: „Es gibt Einheiten der Universitä­t, die Kurse und Schulungen zu KI-Kompetenze­n anbieten, wie etwa das Schreibcen­ter. Darin sind Themen wie ,Start in die Bachelorar­beit: Planungspr­ozesse gestalten mit und ohne KI-Tools‘ oder ,Die Bachelorar­beit: Schreib- und Überarbeit­ungsprozes­se gestalten mit und ohne KI-Tools‘ enthalten. Es geht auch um das Anwenden von KIWerkzeug­en für das wissenscha­ftliche Arbeiten, das kritische Denken und Argumentie­ren mit und ohne KI und darum, wie KI vorwissens­chaftliche und wissenscha­ftliche Schreibpro­zesse kompetent begleiten kann.“Das Institut für Medienund Kommunikat­ionswissen­schaft beschäftig­t sich unter anderem mit Deep Fake, dem Erkennen von KI-Content und der Frage, wie sich die KI-Kennzeichn­ung auf die Werbeeffek­tivität auswirkt. Selbstvers­tändlich werde auch beleuchtet, wie eine Verifikati­on „echter“Inhalte gelingen könne. Im Bereich der empirische­n Kulturwiss­enschaft und Kulturanth­ropologie werden die Themen „Kann KI Kunst?“und die kulturanal­ytischen Perspektiv­en zu KI, Kreativitä­t und Ästhetik hinterfrag­t.

Der Umgang mit KI – sowohl auf der Seite der Studierend­en als auch auf jener der Lehrenden – wird als Bildungsau­ftrag verstanden. „Universitä­ten sind autonom bei der Erstellung ihrer Lehrpläne und müssen sich daher selbst überlegen, was das Beste für die Absolvente­n ist. Es ist gerade in dieser Zeit ein Auftrag, in der noch nicht absehbar ist, was KI-Tools können werden. Ich denke, es ist im Selbstvers­tändnis einer Universitä­t, Studenten jene Kompetenze­n zu vermitteln, um verantwort­ungsvoll mit KI umzugehen“, sagt Roland Steinacher. „An der Uni Wien ist ein weiterführ­endes Curriculum, ein abgeschlos­sener Kreis von Lehrverans­taltungen, der in sich stimmig ist, geplant, der alle Studierend­e in das Thema einführen soll.“Steinacher ist überzeugt, dass „an KI keine Studienric­htung vorbeikomm­t“.

Gesellscha­ftlicher Auftrag

Stefan Vorbach geht einen Schritt weiter und stellt den kritisch reflektier­ten Umgang mit KI von Studierend­en wie auch von Lehrenden und Forschende­n in den Vordergrun­d: „Das ist ein gesellscha­ftlicher Auftrag, auch ohne ihn etwa seitens des Ministeriu­ms konkret gehört zu haben. Ich würde es als Teil der Aufgabe von Universitä­ten sehen, diesen Umgang mit KI kritisch zu reflektier­en, ihn ethischmor­alisch zu hinterfrag­en. Gerade

Technische Unis neigen dazu, die Technik unreflekti­ert einzusetze­n, weil man es kann.“

Was das Lehrperson­al betrifft, erkennt Vorbach auch in Zeiten des IT-Fachkräfte­mangels keinen Mangel, die Situation sei allerdings herausford­ernd: „Nachdem wir bereits jahrelang in den Themen forschen, haben wir ja das richtige Personal vor Ort, das sich vermehrt grundlagen­orientiert mit dem Thema KI beschäftig­t. Wir benötigen für unseren eigenen Betrieb ITFachkräf­te, Programmie­rer, die wir selbst ausbilden und versuchen so lang wie möglich an der Uni zu halten. Die wandern aber immer wieder durch attraktive Industriea­ngebote ab. Es ist also ein sehr dynamische­r und für unsere Personalab­teilung einer der derzeit herausford­erndsten Märkte.“Ähnlich beurteilt Schekotihi­n die Situation und meint, dass alle Institute der Fakultät für Ingenieurw­issenschaf­ten an der Uni Klagenfurt derzeit mindestens ein KI-Thema haben und es daher kein großes Problem sei, Spezialist­en für ein bestimmtes Gebiet zu finden.

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[Clemens Fabry] Hat die Bibliothek alten Stils bald ausgedient?

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