Das Geschäft mit der Liebe
Bei der Suche nach dem richtigen Partner gibt es viele Stolpersteine: Ein schmerzhafter kann sich dabei auch um das Finanzielle drehen – vor allem bei Dating-Apps.
Im Grunde könnte es sehr einfach sein: Menschen sind auf der Suche nach einer Partnerschaft, registrieren sich dafür auf Tinder & Co und finden Gleichgesinnte. Was in der Theorie einfach klingt, hat aber seine Tücken: Denn das Geschäft mit der Liebe hat sich als durchaus ertragreiches Geschäftsmodell etabliert. Hinter den gängigen Dating-Apps stehen börsennotierte Konzerne, die massive Gewinne einfahren.
In Deutschland nutzen fast doppelt so viele Männer wie Frauen Dating-Apps: 63 Prozent zu 37 Prozent. Die Nutzer sind üblicherweise zwischen 25 und 34 Jahre alt. Über Jahre hinweg war Tinder dabei die unangefochtene Nummer eins, mittlerweile holen progressivere Portale wie Hinge und Bumble stark auf. Beide verzeichneten im Vorjahr massive Zuwächse an Nutzerinnen und Nutzern: Hinge 344 Prozent und Bumble 96 Prozent.
Das „Grundpaket“bei solchen Apps ist üblicherweise gratis: Je nach Portal kann man damit aber nur wenig anfangen. Wer einem schon ein „Like“gegeben hat, sieht man auf Tinder etwa nur, wenn zuvor Geld fließt. Auch die Besuche auf dem eigenen Profil verbergen sich hinter einer Bezahlschranke. Und: Je mehr Geld investiert wird, desto öfter wird das eigenen Profil anderen Nutzerinnen und Nutzern angezeigt.
Was die Zielgruppe der DatingApp-Nutzer für Marken dabei besonders interessant macht? Sie verbringen viel Zeit online: Jeder Fünfte nutzt Social-Media-Portale wie
Instagram zehnmal und öfter pro Tag, mehr als die Hälfte besucht die Plattform ein- oder mehrmals pro Tag. Das macht die Liebessuche auch für Werbekunden interessant: Innerhalb der App werden Werbeplätze ausgespielt.
Lockangebot mit Gratisprobe
Während der Pandemie war es möglich, die Reisepass-Funktion der Tinder-App für einen Monat gratis zu nutzen. Das bedeutet: keine Einschränkung auf den eigenen Standort. Wer etwa in Wien tindert und einen Menschen in Miami kennenlernen wollte, konnte dies ungehindert machen. Diese Funktion gibt es nach wie vor – kostet aber mittlerweile wieder. Wer solche Probeaktionen ausprobieren möchte, sollte aber vorsichtig sein.
Denn viele dieser Verträge werden automatisch verlängert, wenn Kunden nicht rechtzeitig kündigen. Davor warnt auch die Arbeiterkammer Vorarlberg regelmäßig. „Weil die Gratis-Lockangebote keine Kommunikation ermöglichen, tappen junge Menschen oft unwissentlich in die Falle kostspieliger Mitgliedschaften. Wer nicht bezahlt, wird von Inkassobüros oder Anwaltskanzleien aus Berlin und Luxemburg mit Klagen bedroht“, sagt Franz Valandro, Konsumentenschützer bei der AK Vorarlberg. Üblicherweise bleibt es aber bei der Androhung, Klage wurde noch keine eingebracht.
Tinder generiert seine Einnahmen hauptsächlich durch die Premium-Abonnementdienste Tinder Plus und Tinder Gold. Im vierten Quartal 2023 verzeichnete die App mehr als zehn Millionen bezahlende Nutzer. Bei Bumble ist die Zahl noch niedriger: rund 2,3 Millionen Nutzer – das sind etwa fünf Prozent – haben zuletzt InApp-Käufe getätigt.
Wohin fließt das Geld?
Tinder und Hinge gehören etwa zu dem börsennotierten US-amerikanischen Konzern Match Group. Die Hauptaktionäre darin sind The Vanguard Group mit rund elf Prozent Anteil, BlackRock mit rund zwölf Prozent und Edgewood Management mit fast sechs Prozent Anteil.
45 soziale Netzwerke gehören zu dem Konzern, und im vierten Quartal wurden rund 230 Millionen Dollar Gewinn verbucht. Bumble wurde von Whitney Wolfe Herd 2014 gegründet, die zuvor bei Tinder tätig war. Im Februar 2021 vollzog die Dating-App ihren Börsengang an der Nasdaq und machte Herd nicht nur zur jüngsten Selfmademilliardärin der Welt, sondern auch zur jüngsten weiblichen Chefin, die in den USA ein Unternehmen an die Börse gebracht hat. 2021 war sie 32 Jahre alt.
VKI zog vor Gericht
Die Vertragsbedingungen, die beim Abschluss bestätigt werden, sind oft nicht einfach zu durchschauen. Kritisch für die Nutzer kann das dann bei den tatsächlichen Kosten oder beim Kündigungszeitraum werden. Wenn eine Verlängerung stattgefunden hat, gibt es aber nur wenig Chancen, aus dieser wieder kostenlos auszusteigen. Ein gängiges Mittel ist ein Vergleich: Wer mit den Plattformen Kontakt aufnimmt, bezahlt einen Pauschalbetrag der offenen Summe. Für Kunden ist das zwar ein rascher, aber teurer Weg aus dem Vertrag.
2022 zog deshalb der Konsumentenschutz (VKI) vor das Handelsgericht Wien – damals ging es vor allem um Vertragsverlängerungen durch Parship und Elitepartner. Das Handelsgericht bestätigte, dass bei einer Vertragsverlängerung den Konsumenten das Rücktrittsrecht nach dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz zusteht. Eine Rücktrittsmöglichkeit von einem im Internet abgeschlossenen Vertrag besteht damit nicht nur beim erstmaligen Abschluss, sondern auch bei Verlängerungen. Darüber waren die Kunden damals nicht informiert worden.