Dividenden-Vergnügen ohne Steuerfalle
Kapitalerträge auf Wertpapiere sind in Österreich prinzipiell steuerpflichtig. Vor allem bei Einkünften aus dem Ausland gilt es, zu hohe Abgaben zu vermeiden. Ein Leitfaden durch den heimischen Steuerdschungel.
Politische Krisen, Wirtschaftsflaute, Lieferkettenprobleme: Ungeachtet all dieser negativen Aspekte haben die meisten Unternehmen im Vorjahr durchwegs gut verdient, wie die langsam zu Ende gehende Berichtssaison gezeigt hat. Damit sprudeln auch die Dividenden: Weltweit dürften die 1200 größten Konzerne im Vorjahr laut Berechnung der Investmentgesellschaft Janus Henderson 1,63 Billionen Dollar an ihre Aktionäre ausgeschüttet haben, wie die „Presse“bereits kürzlich berichtete. Im laufenden Jahr dürfte dieser Wert sogar noch überschritten werden
Ganz ohne Wermutstropfen lässt sich das Dividenden-Vergnügen jedoch nicht genießen. Der Grund sind Steuern. Die fallen im In- und im Ausland in unterschiedlicher Höhe auf alle Kapitalerträge an - also auf Dividenden, Zinserträge aus Anleihen, Investment- bzw. Immobilienfonds sowie aus Spareinlagen. Aber auch Erträge aus Kursgewinnen beim Verkauf von Aktien oder Fondsanteilen unterliegen fiskalischen Abgaben.
Ein Dschungel an komplizierten Vorschriften also, in dem man sich leicht verirren kann? Nicht unbedingt. Wer sich allerdings in die Welt der Finanzmärkte begibt, sollte nicht nur Grundkenntnisse über die Marktmechanismen, sondern auch die Steuervorschriften haben, um einerseits einen zu hohen Aufwand zu vermeiden und andererseits nicht zu viel Steuern zu zahlen. Gerade bei Erträgen im Ausland – Stichwort Quellensteuer – gilt es, unliebsame Überraschungen beim Fiskus zu vermeiden. Andererseits kann man eben zumindest Teile der Abgaben wieder zurückholen.
Maßnahmen der Politik
Der zentrale Bestandteil des Einkommensteuergesetzes ist in Österreich die Kapitalertragssteuer (KESt). Trotz gefühlt jahrzehntelanger Diskussionen um eine Stärkung des heimischen Kapitalmarkts und trotz wiederholter Ankündigungen in diversen Regierungsprogrammen ist diesbezüglich bisher wenig geschehen.
Im Gegenteil: Mit zwei Maßnahmen hat die Politik dem Kapitalmarkt einen schweren Schlag versetzt: Erstens wurde 2016 die KESt auf Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 27,5 Prozent angehoben, während für Zinserträge auf Sparbüchern und Girokonten weiterhin 25 Prozent anfallen. Andere Staaten sind freilich ebenfalls nicht zimperlich: In Deutschland beträgt der Steuersatz 26,375 Prozent, in Belgien und Schweden sind es 30 Prozent, in Italien 26 und in Frankreich nur 12,8 Prozent. In den USA fallen auf Dividenden jedoch nur 15 Prozent an, in der Schweiz indes 35 Prozent. Großbritannien und Irland heben gar keine KESt ein.
Die zweite Maßnahme der österreichischen Politik war, dass 2011 die davor geltende einjährige Behaltefrist für die Steuerbefreiung auf Gewinne beim Wertpapierverkauf wieder abgeschafft wurde. Seither sind alle Versuche einer Wiedereinführung gescheitert, was die Attraktivität von Wertpapieren für den langfristigen Vermögensaufbau und damit die eigene Altersvorsorge zumindest beeinträchtigt. Finanzminister Magnus Brunner hat nun einen neuerlichen Vorstoß gemacht und schlägt sogar eine zehnjährige Behaltefrist vor. Ob das angesichts des nach wie vor großen ideologischen Widerstands der Opposition gelingt, bleibt abzuwarten.
Bis dahin gilt der Status quo. Und da gibt es vorweg zwei gute Nachrichten: Die KESt muss nur für Aktien bzw. Fondsanteile abgeführt werden, wenn diese nach dem 1.1. 2011 erworben worden sind. Bei Anleihen, Zertifikaten und Derivaten gilt als Stichtag der 1.4.2012. Für diesen Fall gelten die Wertpapiere als Neubestand. Früher erworbene Wertpapiere, sogenannter Altbestand, unterliegen nicht der KESt. Diese Regelung gilt übrigens auch bei Gewinnen aus dem Verkauf von Wertpapieren. Da spricht man von der sogenannten Kursgewinnsteuer, die Teil der KESt ist.
Besitzt man nun österreichische Aktien, Anleihen oder Anteile von hierzulande aufgelegten bzw. registrierten Fonds, muss man sich nicht selbst um die KESt kümmern. Das übernimmt die inländische depotführende Stelle – meist die Bank oder ein Broker. Der Anleger muss daher die Erträge auch nicht mehr in der Steuererklärung deklarieren.
Quellensteuer zurückerstatten
Anders sieht die Sache aus, wenn man im Portfolio auch ausländische Wertpapiere hat und entsprechende Einkünfte lukriert. Dann wird die Steuer, in dem Fall die Quellensteuer, direkt im jeweiligen Land abgezogen. Das heißt aber nicht, dass der heimische Fiskus keine Ansprüche mehr geltend macht. Die 27,5-prozentige KESt gilt zusätzlich. Um nicht in die Falle der Doppelbesteuerung zu tappen, kann man sich in etlichen Ländern die ausländische Quellensteuer zumindest zum Teil zurückerstatten lassen.
Die Basis dafür bilden die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die Österreich mit vielen Staaten geschlossen hat. Häufig liegt der Höchstsatz der ausländischen Quellensteuer, den man sich anrechnen lassen kann, bei 15 Prozent. Das heißt, dass man die Differenz auf die KESt von 27,5 Prozent, also 12,5 Prozent, zahlt. Liegt also die ausländische Quellensteuer bei bis zu 15 Prozent, bleibt die Steuerbelastung insgesamt bei den 27,5 Prozent KESt. So ist das etwa mit Dividenden aus US-amerikanischen Aktien, die nur mit 15 Prozent besteuert werden.
Job für den Steuerberater
Komplizierter wird es, wenn ein Land Steuern einhebt, die über den anrechenbaren Satz hinausgehen. Beispiel Deutschland: Für Dividenden kommt man in Summe auf 38,875 Prozent Steuerbelastung (26,375 deutsche Quellensteuer plus 27,5 Prozent KESt minus 15 Prozent abrechenbares Pauschale). Das Nicht-EU-Land Schweiz hebt sogar 35 Prozent Quellensteuer auf Dividenden ein. Laut DBA gibt es ebenfalls ein 15-prozentiges Pauschale. Dennoch fallen daher bei Schweizer Papieren in Summe 47,5 Prozent Steuern an. Auch in vielen anderen Ländern, wie beispielsweise in Tschechien, liegt die Steuersumme über dem heimischen KESt-Satz.
Die Differenz auf die KESt, also die zu viel bezahlte Quellensteuer, kann man zurückfordern. Das muss man allerdings selbst oder der Steuerberater machen und ist mit viel Papierkram und Gebühren verbunden. Inzwischen muss der Antrag online gestellt werden. Ob sich der bürokratische und finanzielle Aufwand lohnt, muss man selbst abwägen. Wie gesagt: In dieser Hinsicht sind US-Aktien, aber auch britische Aktien, ein gutes Investment, weil man sich (siehe oben) das Rückforderungsprozedere spart.
Verluste gegenrechnen
Die automatische Steuerdeklaration durch die hiesige Depotstelle ist übrigens nicht möglich, wenn man auch das Depot bei einem ausländischen Broker bzw. einer ausländischen Bank hat. Dann kommt man um die Deklaration in der Einkommensteuererklärung nicht herum. Dort kann man aber die Quellensteuer auch gegenverrechnen. Wobei Steuerexperten raten, ausländische Einkünfte, auch wenn sie mittels DBA geregelt sind, offenzulegen. So lassen sich zusätzliche Nachfragen des Fiskus vermeiden.
Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Fährt man an der Börse Verluste ein, kann man sie im selben Kalenderjahr mit realisierten Erträgen ausgleichen. Das heißt, die bei Gewinnen abgezogene Kapitalertragsteuer wird durch Verluste aus anderen Wertpapiergeschäften reduziert.