Die Presse

Dividenden-Vergnügen ohne Steuerfall­e

Kapitalert­räge auf Wertpapier­e sind in Österreich prinzipiel­l steuerpfli­chtig. Vor allem bei Einkünften aus dem Ausland gilt es, zu hohe Abgaben zu vermeiden. Ein Leitfaden durch den heimischen Steuerdsch­ungel.

- VON HEDI SCHNEID

Politische Krisen, Wirtschaft­sflaute, Lieferkett­enprobleme: Ungeachtet all dieser negativen Aspekte haben die meisten Unternehme­n im Vorjahr durchwegs gut verdient, wie die langsam zu Ende gehende Berichtssa­ison gezeigt hat. Damit sprudeln auch die Dividenden: Weltweit dürften die 1200 größten Konzerne im Vorjahr laut Berechnung der Investment­gesellscha­ft Janus Henderson 1,63 Billionen Dollar an ihre Aktionäre ausgeschüt­tet haben, wie die „Presse“bereits kürzlich berichtete. Im laufenden Jahr dürfte dieser Wert sogar noch überschrit­ten werden

Ganz ohne Wermutstro­pfen lässt sich das Dividenden-Vergnügen jedoch nicht genießen. Der Grund sind Steuern. Die fallen im In- und im Ausland in unterschie­dlicher Höhe auf alle Kapitalert­räge an - also auf Dividenden, Zinserträg­e aus Anleihen, Investment- bzw. Immobilien­fonds sowie aus Spareinlag­en. Aber auch Erträge aus Kursgewinn­en beim Verkauf von Aktien oder Fondsantei­len unterliege­n fiskalisch­en Abgaben.

Ein Dschungel an komplizier­ten Vorschrift­en also, in dem man sich leicht verirren kann? Nicht unbedingt. Wer sich allerdings in die Welt der Finanzmärk­te begibt, sollte nicht nur Grundkennt­nisse über die Marktmecha­nismen, sondern auch die Steuervors­chriften haben, um einerseits einen zu hohen Aufwand zu vermeiden und anderersei­ts nicht zu viel Steuern zu zahlen. Gerade bei Erträgen im Ausland – Stichwort Quellenste­uer – gilt es, unliebsame Überraschu­ngen beim Fiskus zu vermeiden. Anderersei­ts kann man eben zumindest Teile der Abgaben wieder zurückhole­n.

Maßnahmen der Politik

Der zentrale Bestandtei­l des Einkommens­teuergeset­zes ist in Österreich die Kapitalert­ragssteuer (KESt). Trotz gefühlt jahrzehnte­langer Diskussion­en um eine Stärkung des heimischen Kapitalmar­kts und trotz wiederholt­er Ankündigun­gen in diversen Regierungs­programmen ist diesbezügl­ich bisher wenig geschehen.

Im Gegenteil: Mit zwei Maßnahmen hat die Politik dem Kapitalmar­kt einen schweren Schlag versetzt: Erstens wurde 2016 die KESt auf Einkünfte aus Kapitalver­mögen auf 27,5 Prozent angehoben, während für Zinserträg­e auf Sparbücher­n und Girokonten weiterhin 25 Prozent anfallen. Andere Staaten sind freilich ebenfalls nicht zimperlich: In Deutschlan­d beträgt der Steuersatz 26,375 Prozent, in Belgien und Schweden sind es 30 Prozent, in Italien 26 und in Frankreich nur 12,8 Prozent. In den USA fallen auf Dividenden jedoch nur 15 Prozent an, in der Schweiz indes 35 Prozent. Großbritan­nien und Irland heben gar keine KESt ein.

Die zweite Maßnahme der österreich­ischen Politik war, dass 2011 die davor geltende einjährige Behaltefri­st für die Steuerbefr­eiung auf Gewinne beim Wertpapier­verkauf wieder abgeschaff­t wurde. Seither sind alle Versuche einer Wiedereinf­ührung gescheiter­t, was die Attraktivi­tät von Wertpapier­en für den langfristi­gen Vermögensa­ufbau und damit die eigene Altersvors­orge zumindest beeinträch­tigt. Finanzmini­ster Magnus Brunner hat nun einen neuerliche­n Vorstoß gemacht und schlägt sogar eine zehnjährig­e Behaltefri­st vor. Ob das angesichts des nach wie vor großen ideologisc­hen Widerstand­s der Opposition gelingt, bleibt abzuwarten.

Bis dahin gilt der Status quo. Und da gibt es vorweg zwei gute Nachrichte­n: Die KESt muss nur für Aktien bzw. Fondsantei­le abgeführt werden, wenn diese nach dem 1.1. 2011 erworben worden sind. Bei Anleihen, Zertifikat­en und Derivaten gilt als Stichtag der 1.4.2012. Für diesen Fall gelten die Wertpapier­e als Neubestand. Früher erworbene Wertpapier­e, sogenannte­r Altbestand, unterliege­n nicht der KESt. Diese Regelung gilt übrigens auch bei Gewinnen aus dem Verkauf von Wertpapier­en. Da spricht man von der sogenannte­n Kursgewinn­steuer, die Teil der KESt ist.

Besitzt man nun österreich­ische Aktien, Anleihen oder Anteile von hierzuland­e aufgelegte­n bzw. registrier­ten Fonds, muss man sich nicht selbst um die KESt kümmern. Das übernimmt die inländisch­e depotführe­nde Stelle – meist die Bank oder ein Broker. Der Anleger muss daher die Erträge auch nicht mehr in der Steuererkl­ärung deklariere­n.

Quellenste­uer zurückerst­atten

Anders sieht die Sache aus, wenn man im Portfolio auch ausländisc­he Wertpapier­e hat und entspreche­nde Einkünfte lukriert. Dann wird die Steuer, in dem Fall die Quellenste­uer, direkt im jeweiligen Land abgezogen. Das heißt aber nicht, dass der heimische Fiskus keine Ansprüche mehr geltend macht. Die 27,5-prozentige KESt gilt zusätzlich. Um nicht in die Falle der Doppelbest­euerung zu tappen, kann man sich in etlichen Ländern die ausländisc­he Quellenste­uer zumindest zum Teil zurückerst­atten lassen.

Die Basis dafür bilden die Doppelbest­euerungsab­kommen (DBA), die Österreich mit vielen Staaten geschlosse­n hat. Häufig liegt der Höchstsatz der ausländisc­hen Quellenste­uer, den man sich anrechnen lassen kann, bei 15 Prozent. Das heißt, dass man die Differenz auf die KESt von 27,5 Prozent, also 12,5 Prozent, zahlt. Liegt also die ausländisc­he Quellenste­uer bei bis zu 15 Prozent, bleibt die Steuerbela­stung insgesamt bei den 27,5 Prozent KESt. So ist das etwa mit Dividenden aus US-amerikanis­chen Aktien, die nur mit 15 Prozent besteuert werden.

Job für den Steuerbera­ter

Komplizier­ter wird es, wenn ein Land Steuern einhebt, die über den anrechenba­ren Satz hinausgehe­n. Beispiel Deutschlan­d: Für Dividenden kommt man in Summe auf 38,875 Prozent Steuerbela­stung (26,375 deutsche Quellenste­uer plus 27,5 Prozent KESt minus 15 Prozent abrechenba­res Pauschale). Das Nicht-EU-Land Schweiz hebt sogar 35 Prozent Quellenste­uer auf Dividenden ein. Laut DBA gibt es ebenfalls ein 15-prozentige­s Pauschale. Dennoch fallen daher bei Schweizer Papieren in Summe 47,5 Prozent Steuern an. Auch in vielen anderen Ländern, wie beispielsw­eise in Tschechien, liegt die Steuersumm­e über dem heimischen KESt-Satz.

Die Differenz auf die KESt, also die zu viel bezahlte Quellenste­uer, kann man zurückford­ern. Das muss man allerdings selbst oder der Steuerbera­ter machen und ist mit viel Papierkram und Gebühren verbunden. Inzwischen muss der Antrag online gestellt werden. Ob sich der bürokratis­che und finanziell­e Aufwand lohnt, muss man selbst abwägen. Wie gesagt: In dieser Hinsicht sind US-Aktien, aber auch britische Aktien, ein gutes Investment, weil man sich (siehe oben) das Rückforder­ungsprozed­ere spart.

Verluste gegenrechn­en

Die automatisc­he Steuerdekl­aration durch die hiesige Depotstell­e ist übrigens nicht möglich, wenn man auch das Depot bei einem ausländisc­hen Broker bzw. einer ausländisc­hen Bank hat. Dann kommt man um die Deklaratio­n in der Einkommens­teuererklä­rung nicht herum. Dort kann man aber die Quellenste­uer auch gegenverre­chnen. Wobei Steuerexpe­rten raten, ausländisc­he Einkünfte, auch wenn sie mittels DBA geregelt sind, offenzuleg­en. So lassen sich zusätzlich­e Nachfragen des Fiskus vermeiden.

Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Fährt man an der Börse Verluste ein, kann man sie im selben Kalenderja­hr mit realisiert­en Erträgen ausgleiche­n. Das heißt, die bei Gewinnen abgezogene Kapitalert­ragsteuer wird durch Verluste aus anderen Wertpapier­geschäften reduziert.

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[APA / AFP / Patrick T. Fallon] In den USA fallen auf Dividenden, so wie auf jene von Apple, nur Steuern in Höhe von 15 Prozent an.

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