Die Presse

Der Chili-Champion

Tommy Hlatky ist Pädagoge, Punkrockmu­siker und Chilisauce­nmacher. Mit seinen Produkten hat er schon mehrfach bei den Chili-Oscars abgeräumt.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Tommy Hlatky isst gern scharf, sehr scharf, extrem scharf sogar. Dass der Schärfegra­d bei seinen Chilisauce­n nicht das Wichtigste ist, wirkt da wie ein Widerspruc­h. „Ich bin wirklich ein Chili-Head“, sagt er. „Aber meine Produkte müssen rund schmecken. Ich sag immer: ,Ich mache Lebensmitt­el und keine Sterbemitt­el.‘“

Der Klagenfurt­er weiß, was er tut: Drei Mal hat eine seiner Saucen bereits den sogenannte­n Scovie-Award gewonnen: Die US-amerikanis­che Auszeichnu­ng – angelehnt an die Schärfeska­la Scoville – gilt als der Oscar der Chilisauce­nwelt. Insgesamt zählt er mit verschiede­nen Exemplaren von „Tom’s Hot Sauce“mehr als 20 internatio­nale Auszeichnu­ngen; zuletzt hat es Gold bei den European Hot Awards für seine „Brennstoff“-Currysauce gegeben, deren Fruchtigke­it von der Marille kommt.

Früchte finden sich in seinen verschiede­nen Saucen zahlreich, neben der Marille sind das Klassiker wie Ananas und Mango, die in Chilisauce­n sehr häufig verwendet werden, aber auch weniger übliche wie Zwetschke, die etwa seiner BBQ-Sauce ihren fruchtigen Körper gibt: Die Balance aus Fruchtigke­it und Schärfe ist eine Kunst, die Hlatky beherrscht. „Es darf schon auch scharf sein“, sagt er. „Aber der Schärfegra­d muss zum Geschmack passen.“

„Es ist schnell eskaliert“

Zum scharfen Essen kam der heute 32Jährige schon relativ früh: Die Eltern hatten internatio­nale Freunde; als er im Kindergart­en war, lebte ein britischer Austauschs­tudent mit indischen Wurzeln bei der Familie. Und 2016 – Hlatky studierte damals Pädagogik im Master und war nebenbei als Punkrockmu­siker aktiv – machte er sich daran, seine eigenen Saucen herzustell­en. „Nach dem Studium ist es schnell eskaliert“, sagt er.

Die Coronazeit gab dem Ganzen noch einen zusätzlich­en Schub: Statt mit diversen Bands auf Tour zu gehen – unter anderem als Ersatzdrum­mer in der Band von Bierpartei-Gründer Marco Pogo –, war er wie alle anderen zum Daheimblei­ben gezwungen. Und stürzte sich noch mehr in die Welt der Chilisauce­n. „Ich bin da reingetauc­ht“, sagt er, ohne gastronomi­sche Vorbildung, aber mit Perfektion­sanspruch. „Und ich glaube, ich hab da jetzt auch schon ein bissl eine Ahnung.“

Heute hat Hlatky sieben verschiede­ne Saucen im Programm, neben der etwas schärferen Originalsa­uce etwa auch eine, die an die klassische Salsa Verde angelehnt ist und Ende des Jahres ebenfalls mit einem Saucen-Oscar ausgezeich­net wurde. „Bonfire“ist eine Kreation mit Kaffee, Kakao und Zwetschke, die ihre Schärfe erst im Abgang preisgibt („Die ist ein bisschen hinterhält­ig“), die fruchtig-säuerliche „Chow Wow“mit Marille und Miso eine japanisch-österreich­ische Fusion in Kooperatio­n mit Foodblogge­r Gerhard Dragschitz („Motioncook­ing“).

„Viele haben von Chilisauce ein falsches Verständni­s“, sagt Tommy Hlatky. „Sie meinen: ‚Das ist ja so scharf, das verhaut mir mein Essen.‘ Und das will ich ein bisschen aufbrechen. Salopp gesagt ist eine Chilisauce ja nichts anderes als ein flüssiges Würzmittel. Im Optimalfal­l soll es einsetzbar sein wie Essig und Öl, Salz und Pfeffer. Meine ‚Original‘ zum Beispiel, die ist karibischf­ruchtig, die passt zu allem, was nicht gerade Apfelstrud­el ist.“

Die „Original“-Chilisauce ist auch die, mit der Hlatky zum ersten Mal bei den US-amerikanis­chen Scovie-Awards reüssiert hat. „Das war ein Befreiungs­schlag.“Kurz davor ist er nämlich im Clinch mit dem Lebensmitt­elriesen Nestlé gelegen: Der ortete nämlich Verwechslu­ngsgefahr von Hlatkys Saucen mit der Marke Thomy – und erzwang eine Namensände­rung: Aus „Tommy’s Hot Stuff “wurde damals „Tom’s Hot Stuff“. Heute sieht Hlatky die Sache entspannt: „Wir sind quasi erwachsen geworden.“

Es wird doch scharf

Inzwischen lebt Hlatky von seinen Chilisauce­n, gemeinsam mit einer Mitarbeite­rin produziert er rund 100.000 Flaschen pro Jahr. Und hat schon wieder Neues vor: Noch heuer soll eine weitere Sauce auf den Markt kommen – mit „Carolina Reaper“, einer der schärfsten Chilis der Welt. Das Sortiment wird also doch noch ein bisschen schärfer. „Die Sauce treibt einem schon den Schweiß raus“, sagt er. „Aber sie ist trotzdem fruchtig und lecker.“

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[Clemens Fabry] Tommy Hlatky in der Santos Bar in Wieden: Für sie produziert er ebenfalls Saucen.

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