Die Presse

„Wir brauchen das Ja der EU als Signal an Moskau“

Außenminis­ter Schallenbe­rg beriet in Sarajewo über nächste Schritte für Bosniens EU-Beitritt.

- VON WIELAND SCHNEIDER

Der Wunsch des bosnischen Außenminis­ters ist klar: „Wir hoffen, dass die Bürokratie der EU nicht die politische Führungsst­ärke besiegen wird“, sagt Elmedin Konaković vor Journalist­en in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo. „Wir erwarten grünes Licht aus Brüssel, als Signal an unsere Bürger – aber auch an Moskau, um klarzustel­len, dass es hier keinen Einfluss hat.“Seit Ende 2022 ist Bosnien und Herzegowin­a ein Kandidat für die EUMitglied­schaft. Doch das Okay für Beitrittsv­erhandlung­en hat es von der EU noch nicht erhalten. Noch gibt es dafür Bedingunge­n, die Bosnien und Herzegowin­a noch nicht erfüllt hat. Um das voranzutre­iben, reisten Österreich­s Außenminis­ter, Alexander Schallenbe­rg, und der italienisc­he Außenminis­ter, Antonio Tajani, am Montag nach Sarajewo. Jetzt sei die Zeit zu handeln, sagte Schallenbe­rg. Bosnien und

Herzegowin­a dürfe den EU-Staaten, die skeptisch gegenüber Beitrittsg­esprächen mit dem BalkanStaa­t sind, nicht leichtfert­ig Argumente in die Hand geben. Von 21. bis 22. März trifft sich der Europäisch­e Rat. Und sowohl Schallenbe­rg und Tajani als auch Konaković hoffen, dass Bosnien dabei die Zustimmung für die Beitrittsv­erhandlung­en erhält.

Zwei Gesetze ausständig

Wie von Brüssel gefordert, hat das südosteuro­päische Land ein Gesetz gegen Geldwäsche verabschie­det und Verhandlun­gen über ein Abkommen mit der EU-Grenzschut­zagentur Frontex aufgenomme­n. Ausständig sind noch ein Gesetz zur Organisati­on von Gerichten und eines zum Thema Interessen­konflikte.

Bosnien und Herzegowin­a sei ein Teil Europas und solle deshalb in den kommenden Jahren EU-Mitglied werden, sagte Italiens Außenminis­ter Tajani. Er sprach sich für eine „starke strategisc­he Kooperatio­n“mit dem südosteuro­päischen Staat aus, auch im Kampf gegen Terror, Menschenha­ndel und illegale Migration.

Zwar ist Bosnien und Herzegowin­a EU-Beitrittsk­andidat. An dem Land haben aber auch andere Player Interesse: China sieht in Bosnien einen weiteren Baustein, um den wirtschaft­lichen Einfluss in Südosteuro­pa auszudehne­n. Die Türkei und auch Saudiarabi­en sind hier präsent. Und Russland versucht, den kleinen Balkanstaa­t als Einfallsto­r zu nützen, um die Integratio­n der Region in die EU zu hintertrei­ben. Dabei setzt Moskau vor allem auf Milorad Dodik, den starken Mann in der Republika Srpska, dem zweiten Landesteil von Bosnien und Herzegowin­a. Er ist ein gern gesehener Gast bei Kreml-Chef Wladimir Putin – und droht regelmäßig mit der Abspaltung der Republika Srpska vom Gesamtstaa­t.

Um den Krieg zu beenden, wurde das Land 1995 im Dayton-Vertrag in zwei Entitäten geteilt: die Republika Srpska – also die Serbische Republik – und die Föderation, in der vor allem Bosniaken (bosnische Muslime) und Kroaten leben. Die staatliche­n Strukturen sind komplizier­t, Politiker der drei Volksgrupp­en versuchen immer wieder, einander zu blockieren.

Jeder Politiker in Bosnien und Herzegowin­a, der den Weg in die EU behindere, stehle dem Land und seiner Jugend die Zukunft und „spielt mit dem Feuer“, sagte Schallenbe­rg. Auch für Österreich und die EU sei ein Beitritt geopolitis­ch wichtig – um einen „Ring der Stabilität“zu schaffen, in Zeiten, in denen der Krieg zurückgeke­hrt ist.

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