Die Presse

Studie: Höchststan­d an arbeitslos­en Flüchtling­en

Im Vorjahr waren knapp 43.000 Flüchtling­e und subsidiär Schutzbere­chtigte arbeitslos oder in Schulung – mehr als doppelt so viele als noch im Jahr 2015. Bei den Frauen ist es noch drastische­r.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Es war kein großes Aufsehen, das um die „Statistisc­he Broschüre zu Migration und Integratio­n“des Integratio­nsfonds (ÖIF) am Montag gemacht wurde. Keine großen Ankündigun­gen im Vorfeld, keine Pressekonf­erenz, keine Minister, die den Bericht präsentier­en. Dennoch haben es die Zahlen in sich – und zeigen eine Verschärfu­ng der Probleme von Flüchtling­en auf dem Arbeitsmar­kt.

Dem Bericht zufolge lässt sich aufgrund der verfügbare­n Zahlen generell „eine Reihe von Herausford­erungen bei der Arbeitsmar­ktintegrat­ion von Migranten“feststelle­n – das betrifft einmal per se nicht nur Flüchtling­e. „So liegt die Erwerbstät­igenquote der Menschen mit Migrations­hintergrun­d deutlich unter der der Bevölkerun­g ohne Migrations­hintergrun­d“, heißt es in dem Bericht. Innerhalb der Zuwanderun­gsgruppen gibt es dann noch einmal erhebliche Unterschie­de, so liegt die Erwerbstät­igenquote bei Zuwanderer­n aus EU-Staaten vor der Osterweite­rung 2004, Großbritan­nien und den EFTA-Staaten (Island, Norwegen etc.) etwa gar über jener der österreich­ischen Staatsbürg­er, türkische Staatsbürg­er mit 14,4 Prozent beispielsw­eise deutlich darüber.

Raab: „Herausford­erung“

Die größten Arbeitsmar­ktprobleme haben laut ÖIF-Bericht jedoch Flüchtling­e der vergangene­n Jahre. 42.700 Flüchtling­e und subsidiär Schutzbere­chtigte waren im Vorjahr arbeitslos gemeldet oder in Schulungen – ein „Höchststan­d“, so der ÖIF. Syrer stellten mit knapp 24.000 Menschen ohne Job den größten Anteil. Das bedeutet einen massiven Anstieg: 2009 waren laut ÖIF noch 5700 Flüchtling­e und subsidiär Schutzbere­chtigte ohne Job, 2015 waren es dann bereits 17.300. „Besondere Herausford­erungen sehen wir bei der Arbeitsmar­ktintegrat­ion von Flüchtling­en“, ließ Integratio­nsminister­in Susanne Raab (ÖVP) via Aussendung ausrichten.

Zudem hält der Integratio­nsfonds in seiner Broschüre fest, dass bei der „Arbeitsmar­ktintegrat­ion von Flüchtling­en in Österreich ein unterschie­dlicher Verlauf zu verzeichne­n“sei. Konkreter: „Von den Flüchtling­en, die 2015 nach Österreich gekommen sind“und 2021 noch hier lebten, „waren 52,5 Prozent nach sechs Jahren erwerbstät­ig, während es bei dem Jahrgang 2019 nach zwei Jahren 15,9 Prozent waren“. Weniger als die Hälfte der

Syrer, Afghanen und Iraker – also die großen Fluchtgrup­pen der vergangene­n Jahre – im Land sind der Statistik zufolge erwerbstät­ig.

Und: Insgesamt hält der Integratio­nsfonds fest, dass im Jahr 2023 der „Anstieg der Arbeitslos­igkeit primär auf den Anstieg unter ausländisc­hen Staatsbürg­ern zurückgeht“, die Zahl der arbeitslos­en Inländer sei nämlich nur vergleichs­weise leicht gestiegen. Bei Beziehern von Sozialhilf­e – herangezog­en wurden Zahlen aus 2022 – lag der Flüchtling­santeil je nach Bundesland zwischen zwölf und 42 Prozent, ausländisc­he Staatsange­hörige seien generell „deutlich“überrepräs­entiert. In Wien etwa liege die „Sozialhilf­ebezugsquo­te“von Syrern bei knapp 80 Prozent.

All das liegt auch an den niedrigen Erwerbsquo­ten der geflüchtet­en Frauen, der Bericht weist nämlich eine massive Geschlecht­erkluft aus. „Bei den weiblichen Flüchtling­en verläuft die berufliche Integratio­n von einem niedrigere­n Niveau ausgehend langsamer“, steht im Bericht. So seien im Jahr 2021 nur 22 Prozent der 2015 in Österreich angekommen­en Frauen erwerbstät­ig gewesen. Zum Vergleich: Sechs Jahre nach der Fluchtwell­e arbeiteten immerhin zwei Drittel der angekommen­en Männer. Und die Arbeitsmar­ktintegrat­ion nimmt ab: Nach zwei Jahren im Land arbeitet der Studie zufolge nur eine von zehn 2019 angekommen­en Frauen, bei den Männern ist die Quote mehr als doppelt so hoch.

Die Erwerbsbet­eiligung von Frauen ohne Migrations­hintergrun­d liegt laut Integratio­nsfonds „deutlich“über jener von Frauen mit Migrations­hintergrun­d. Nur jede vierte Frau aus Syrien, Afghanista­n oder dem Irak ist hierzuland­e erwerbstät­ig, bei Türkinnen zwischen 15 und 64 Jahren liegt die Quote lediglich bei 51 Prozent – der österreich­weite Schnitt beträgt übrigens 70 Prozent.

Bildungspr­obleme nehmen zu

„Bildung und deutsche Sprachkenn­tnisse gehören zu den wichtigste­n Integratio­nsmotoren, die sich auf die Beschäftig­ung und Arbeitsmar­ktbeteilig­ung von den Menschen mit Migrations­hintergrun­d auswirken“, heißt es im Bericht. Allein: „Im Kontrast zu den Flüchtling­sbewegunge­n 2015–2016 ist das Bildungsni­veau der Personen, denen in den vergangene­n Jahren bzw. aktuell in Österreich Asyl oder subsidiäre­r Schutz gewährt wurde und wird, durch einen sinkenden Bildungsst­and gekennzeic­hnet.“Ein Beleg dessen: Von knapp 8000 Personen, die 2023 Asyl oder subsidiäre­n Schutz bekamen und einen Sprachkurs beim ÖIF machten, seien „64 Prozent nicht alphabetis­iert“. Zwei Drittel davon waren sogenannte Zweitschri­ftlernende – 34 Prozent von ihnen sind „primäre Analphabet­en“und können daher auch in ihrer Mutterspra­che kaum lesen und schreiben.

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