Die Presse

Bezahlkart­e für Asylwerber: Bundesländ­er sind skeptisch

Einführen müssten die Bezahlkart­e die Länder. Doch selbst in Niederöste­rreich weiß man noch nicht, ob man das wirklich will.

- VON MARTIN FRITZL

Bis Juni will Innenminis­ter Gerhard Karner ein Modell für eine österreich­weit einheitlic­he Bezahlkart­e für Asylwerber vorlegen. Dafür bräuchte er Einigkeit unter den Bundesländ­ern, die ist aber noch weit entfernt. Nicht einmal die ÖVP-geführten Bundesländ­er stehen zur Gänze hinter dem Projekt, wie ein internes Protokoll zeigt.

Bei der Bezahlkart­e geht es um eine Umstellung der Leistungen in der Grundverso­rgung von Geldauf Sachleistu­ngen. Asylwerber, subsidiär Schutzbere­chtigte und Vertrieben­e aus der Ukraine befinden sich in der Grundverso­rgung, für Letztere soll die Umstellung nicht gelten. Ziel bei diesem aus Deutschlan­d importiert­en Modell ist die Verhinderu­ng von Missbrauch, Barauszahl­ungen sollen nicht möglich sein, Überweisun­gen ins Ausland verhindert werden.

Der Innenminis­ter kann allerdings eine Bezahlkart­e nicht verordnen, Flüchtling­sbetreuung ist nur zu einem geringeren Teil Bundessach­e: Wenn Asylwerber nach Österreich kommen, werden sie nur die ersten Wochen vom Bund betreut, danach übernehmen die Länder, die auch dafür zuständig sind, wie Flüchtling­e versorgt werden. Für eine österreich­weit einheitlic­he Bezahlkart­e ist daher auch die Zustimmung aller Bundesländ­er notwendig. Und da haben sich die von der SPÖ regierten Länder Wien, Burgenland und Kärnten schon klar dagegen ausgesproc­hen.

Intern diskutiert wird die Angelegenh­eit in einem „Koordinati­onsrat“ von Bund und Ländern, der zwar institutio­nell nicht verankert ist, in dem aber de facto die Entscheidu­ngen zur Grundverso­rgung fallen. Interne Protokolle dieses Rats, die der „Presse“vorliegen, zeigen nun, dass die Bezahlkart­e dort keineswegs unumstritt­en ist. Wien und das Burgenland sprechen sich klar gegen die Karte aus, Kärnten verweist darauf, dass man das Thema schon vor drei Jahren intensiv geprüft habe. Man habe aber keine zufriedens­tellende Lösung für eine Bezahlkart­e gefunden.

Die Bundesländ­er Vorarlberg, Oberösterr­eich und Salzburg sprachen sich in den Sitzungen am 12. und 26. Februar für eine Bezahlkart­e aus, doch aus der Steiermark heißt es, dass „der politische Wille noch offen ist“. Und auch aus dem ÖVP-regierten Niederöste­rreich gibt es keine klare Pro- oder Contra-Stellungna­hme. „Es wird daran gearbeitet, mehr kann nicht gesagt werden“, heißt es dazu im Protokoll. Das, obwohl sich Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner in Interviews klar für eine Bezahlkart­e ausgesproc­hen hat.

Tirol hat schon eine Karte

Tirol hat bereits eine Bezahlkart­e, die allerdings wie eine Bankomatka­rte funktionie­rt: Bargeldabh­ebungen und Inlandsübe­rweisungen sind möglich. Auch da heißt es zur Bezahlkart­e, es sei „kein politische­r Wille bekannt“. Abschließe­nd hält das Protokoll fest, dass „vereinzelt Länder die Einführung vorrangig betreiben wollen, einige Länder jedoch zumindest skeptisch sind“– der Bund solle nun ein Konzept vorlegen.

Die Versorgung der Asylwerber ist übrigens uneinheitl­ich geregelt: In der Bundesbetr­euung bekommen sie Unterkunft und Verpflegun­g zur Verfügung gestellt sowie 40 Euro Taschengel­d im Monat. Die Länder stellen im Normalfall eine Unterkunft zur Verfügung und zahlen für Verpflegun­g rund 210 Euro im Monat plus 40 Euro Taschengel­d, das aber nicht überall ausbezahlt wird. Einzelpers­onen, die privat untergebra­cht sind, bekommen 165 Euro für die Unterkunft, Familien 330 Euro.

Wie viel davon tatsächlic­h in die Herkunftsl­änder der Asylwerber überwiesen wird, ist nicht bekannt, auch die Befürworte­r der Bezahlkart­e haben bisher noch keine Zahlen dazu vorgelegt.

Deutsches Vorbild

Österreich folgt bei der Bezahlkart­e einer Debatte in Deutschlan­d. Dort wollen alle Länder ein derartiges Modell einführen, wobei einige Bundesländ­er wie Bayern vorpresche­n: Hier soll bereits im März ein eigenes Pilotproje­kt für ein Bezahlkart­enmodell starten.

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Steinmaure­r/APA] [Tobias Vorbild Bayern: Innenminis­ter Karner (r.) mit dem bayrischen Staatsmini­ster für Inneres, Joachim Herrmann.

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