Der Geist, den Hütteldorf braucht
Rapid muss ernüchterndes Remis gegen Lustenau erklären und das Urteil zum Derby-Eklat akzeptieren. Wird die Meistergruppe gegen Klagenfurt verspielt?
Der Unmut über das ernüchternde 1:1 gegen den Tabellenletzten Lustenau und die damit verspielte Chance, den vorzeitigen Einzug in die Meistergruppe zu fixieren, nagte ebenso am Nervenkostüm aller Rapid-Verantwortlichen wie die für Montag anberaumte Anhörung vor dem Strafsenat der Bundesliga. Seit dem Derby-Eklat gehen die Wogen hoch, kündigte der Autopartner die Zusammenarbeit auf und herrscht auch bei weiteren Geldgebern, Verband und Politik großes Unbehagen. Ob sich diese Situation auch auf die Qualität des Hütteldorfer Spiels übertragen hat?
Fakt jedenfalls ist, dass nun erst am Sonntag in Klagenfurt die sportliche Entscheidung fallen wird. Im Duell Peter Pacult gegen Rapid reicht beiden Seiten ein Remis, das bereits medial als „Gijón vom Wörthersee“beworben wird, um in die Top sechs der Tabelle einzuziehen. Am Montag standen bereits alle von der Liga – in zwei Verfahren – angeklagten Rapid-Akteure vor dem Senat 1, in Begleitung eines Klubjuristen, Präsidenten Alexander Wrabetz und Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger machte jeder im „Haus der Bundesliga“in Hietzing vom Recht der persönlichen Anhörung Gebrauch.
Reue und Strafe
Also schilderten Steffen Hofmann (Beschimpfung) sowie Co-Trainer Stefan Kulovits, Guido Burgstaller, Niklas Hedl, Marco Grüll, Thorsten Schick und Maximilian Hofmann (Fair-Play-Code bzw. Diskriminierung) reuig ihre Sicht der Dinge.
Dazu legten die SCR-Funktionäre dem Strafsenat (Vorsitz Manfred Luczensky; Mitglieder u. a. Juristen, Universitätsprofessoren wie Konrad Koloseus, Norbert Wess oder Richter Rainer Graf ) und LigaVerantwortlichen einen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Homophobie und Sexismus vor. Der Öffentlichkeit wird er heute Vormittag präsentiert und dabei im Rahmen einer Pressekonferenz auch über das Strafmaß diskutiert.
Das „Schwammerl“-Video
Kolportierte Rücktritte blieben aus, auch Rauswürfe wird es (vorerst) nicht geben. Hanappi-Egger sagt: „Rapid braucht keine kurzfristigen Aktionen, sondern langfristige Lösungen. Wir wollten und konnten das nicht ad acta legen und zur Tagesordnung übergehen.“Dass mit Geschäftsführer Hofmann und dem Co-Trainer zwei Führungskräfte in den Skandal verwickelt sind, bedurfte tiefergehender Gespräche. „Die zwei sehen ihre Vorbildrolle, die sie haben.“Und verstünden damit auch die Tragweite ihrer Verfehlungen.
Einen entbehrlichen Auftritt leistete sich am Sonntag dann übrigens auch Lustenau-Trainer Andreas Heraf, der sich nach dem erstaunlichen 1:1 mit einem Zuschauer, der ihn zuvor provoziert haben dürfte, anlegte. Damit ist der nächste Video-Eklat perfekt: Beschimpfungen wie „Schwammerl“oder „Trottel“fielen, dazu die nicht zu überhörende Androhung einer „Watschn“. Österreichs Fußball lässt weiterhin kein Fettnäpfchen aus, die Frage des Lerneffekts stellt sich offenbar nicht. Eine Reaktion von Verein, Trainer und Liga steht aus. Das Video geht in sozialen Netzwerken viral.
„Gijón vom Wörthersee“
Nun muss Rapid auf dem Rasen danach trachten, das große Ziel der Meistergruppe nicht zu verspielen. Ausgerechnet der bisher letzte Meistermacher, Peter Pacult, könnte mit Austria Klagenfurt die grünweiße Ernüchterung vervollständigen. Bei einem Sieg der Kärntner und einem gleichzeitigen AustriaErfolg daheim gegen WSG Tirol wäre Hütteldorfs Albtraum am Sonntag Wirklichkeit. Dann müsste man in der Qualifikationsgruppe weiterspielen. Dass ein Remis beiden Vereinen reicht, will der deutsche Trainer Robert Klauß freilich nicht hören. Auch der kolportierte Nichtangriffspakt à la Gijón 1982 entlockte ihm bloß ein Staunen. „Wir wollen gewinnen, unabhängig davon, wie die Konstellation ist.“Zudem sei er Optimist, folglich würde man den Grunddurchgang mit einem Sieg in Kärnten, einem Punkteverlust Hartbergs gegen Sturm Graz und einer Lask-Niederlage gegen Salzburg auf Platz drei beenden.