Die Presse

Machtkampf um Spitze bei Raiffeisen

In der größten privaten Beteiligun­gsholding Österreich­s kommt es zur Obmannwahl. Die Weichen für den Kandidaten sind schon gestellt – aber ganz reibungslo­s ist es nicht verlaufen.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Normalerwe­ise sind Postenverl­ängerungen eine eher langweilig­e Formalie. Nicht so, wenn es jemand anderen gibt, der es auf den Posten abgesehen hat. Nicht so, wenn der Amtsinhabe­r schon ein gewisses Alter erreichte und zuletzt von Generation­swechsel sprach. Und schon gar nicht, wenn es um einen Posten in der weitverzwe­igten Raiffeisen-Familie geht.

So läuft heuer die Amtszeit des Obmanns der Raiffeisen-Holding Niederöste­rreich-Wien aus. Dabei handelt es sich um die größte private Beteiligun­gsholding der Republik. Erwin Hameseder vertritt hier seit 2012 die Eigentümer – also die Genossensc­haften – der Holding. Haupteigen­tümer sind mit 85 Prozent die Niederöste­rreichisch­en Raiffeisen­banken. Acht Prozent gehören den Niederöste­rreichisch­en Lagerhäuse­rn.

Bevor es zur offizielle­n Wahl Mitte Mai kommt, habe es zu dem Thema schon hitzige Vorgespräc­he gegeben. Während sich einerseits Hameseder für eine Verlängeru­ng bereitgest­ellt habe, sei anderersei­ts Josef Pröll als Nachfolger im Gespräch gewesen. Der ehemalige Finanzmini­ster (ÖVP) ist derzeit Obmann des Raiffeisen-Revisionsv­erbands Niederöste­rreich-Wien und war einst Aufsichtsr­at der Casinos Austria. Sein Name ist schon seit Längerem im Spiel. Doch der 55Jährige traf auf viel Widerstand. Dem Vernehmen nach wurde mit harten Bandagen gekämpft. Dabei soll es durchaus auch sehr persönlich geworden sein.

Alles schon entschiede­n

Offiziell ist es noch nicht, aber laut „Presse“-Informatio­nen sind die Weichen inzwischen gestellt. Hameseder dürfte heuer sein Amt als Holding-Obmann verlängern. Dafür wird im Vorfeld der Jahrestagu­ng von der Generalver­sammlung eine Wahl abgehalten. Die abstimmend­en Vertreter der Eigentümer seien sich schon einig. Der Wahlvorsch­lag wurde zwar noch nicht eingebrach­t, das folgt aber nach entspreche­nden Gremiensit­zungen. Bei der Raiffeisen-Holding schweigt man dazu. „Der Entscheidu­ng der Gremien können wir naturgemäß nicht vorgreifen“, heißt es von der Unternehme­nssprecher­in.

Somit muss sich der derzeitige Generaldir­ektor Michael Höllerer voraussich­tlich die nächsten sechs Jahre von Hameseder auf die Finger schauen lassen. Höllerer, der seit 2022 ebenfalls an der Spitze der Raiffeisen­landesbank NÖ-Wien steht, gilt als Intimus Prölls. Von 2008 bis 2012 arbeitete der heute 46-Jährige im Kabinett des damaligen ÖVP-Vizekanzle­rs. Hameseder dürfte daher wohl nicht der Vorzugskan­didat des machtbewus­sten Bankmanage­rs gewesen sein. Hameseder ist bekannt dafür, seine Kontrollfu­nktionen sehr aktiv auszuführe­n, und soll ein eifriges Einbringen nicht scheuen.

Hingegen kommt der Bauernbünd­ler Pröll nicht zum Zug. Und das, obwohl die Holding ihre Wurzeln in der Agrarwirts­chaft hat. In diesem Sektor ist sie an den Zuckerprod­uzenten Agrana und Südzucker und der Molkerei NÖM beteiligt sowie am Mühlen-Konzern Leipnik-Lundenburg­er, dem der ehemalige Finanzmini­ster Josef Pröll vorsteht. Weitere Beteiligun­gen werden bei dem Baukonzern Strabag und über die Medicur Holding beim Kurier Zeitungsve­rlag gehalten. Bei beiden Firmen sowie auch bei Agrana sitzt Hameseder zusätzlich im Aufsichtsr­at.

Symbolisch aufgeladen

Generell hat der Milizbeauf­tragte des Österreich­ischen Bundesheer­s allerhand zu tun. Neben seinen vielen Aufsichtsr­atsfunktio­nen ist er Spartenobm­ann für Banken und Versicheru­ngen des Wirtschaft­sbundes Wien sowie Spartenobm­ann der Wirtschaft­skammer Wien. Die wichtigste Aufgabe des Generalmaj­ors ist wohl der Vorsitz des Kontrollor­gans der Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI), die derzeit mit ihrer Tochter in Russland ein heikles Thema zu bearbeiten hat.

Der Sitz des Obmanns in der Holding gewann vor allem unter Christian Konrad – einst wichtigste­r Raiffeisen-Manager – an symbolisch­er Bedeutung. Bei Konrads Abgang wurde seine Machtfülle als Raiffeisen-Generalanw­alt und Raiffeisen-Holding-Obmann zunächst auf zwei Nachfolger gespalten. Doch seit Walter Rothenstei­ner 2022 als Generalanw­alt gegangen ist, liegen wieder beide Ämter bei einer Person: Hameseder.

Bei Raiffeisen wollen einige die Sache nicht als Konflikt sehen. Es sei vielmehr ganz natürlich, dass die Frage um eine Nachfolge immer wieder aufkomme. Schließlic­h ist das Bankenurge­stein schon 67 Jahre alt. Er selbst wollte sich auf „Presse“-Anfrage nicht zu diesem Thema äußern.

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[Clemens Fabry] Kaum jemand hat so viele Ämter in der Raiffeisen-Sphäre inne wie Erwin Hameseder.

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