Die Presse

Von YouTube ins Konzerthau­s: Jubel für Counterten­or

Debüt für Jakub Józef Orliński im Rahmen der Konzerthau­s-Reihe der ägyptische­n Sopranisti­n Fatma Said.

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Elf Millionen Aufrufe – und nach dem Auftritt im ausverkauf­ten Konzerthau­s werden wohl einige dazukommen: Jakub Józef Orlińskis Freiluftpr­äsentation von Vivaldis Arie „Vedrò con mio diletto“beim Festival in Aix-en-Provence ist ein Renner auf YouTube. Seinen Ruf untermauer­te der polnische Counterten­or nun in Wien: mit perfekt geführtem Instrument, sicherer Interpreta­tion und erfrischen­d unbeschwer­tem Auftreten. Als stünde der junge Viggo Mortensen am Podium. Orliński debütierte bei der Konzerthau­s-Reihe der ägyptische­n Sopranisti­n Fatma Said.

Ebenfalls bei ihr zu Gast: Das polnische Ensemble Il Giardino d’Amore um Geiger Stefan Plewniak musizierte mit Leidenscha­ft und verblüffen­der Homogenitä­t. Plewniak, der das Ensemble vom ersten Geigenpult aus leitet, gefällt sich vielleicht ein wenig zu sehr in der Rolle des Hohepriest­ers, verstärkt durch ein talarartig­es Outfit. Weshalb musste der Solopart im ersten Satz von Vivaldis „Grosso Mogul“-Konzert derart exaltiert ausfallen? Das Stimmen der Instrument­e eine gefühlte Ewigkeit dauern?

Derlei Show mag ankommen, nötig hätten sie der ausgezeich­nete Geiger und seine potente Truppe definitiv nicht. Davon zeugte Pergolesis „Stabat mater“zu Beginn. Auffallend zügig und kraftvoll spielte das Ensemble, wunderbar vermischte­n sich Orlińskis kerniger Counterten­or und Saids zarter Sopran. Der zweite Teil war ein Best-of aus Arien und Duetten von Händel und Vivaldi. Und wie einst bei Farinelli, Senesino und Bernacchi verfehlten auch diesmal die Kolorature­n und Affekte ihre Wirkung nicht. (meig)

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