Die Presse

Teherans Spione planten Anschläge in USA

Das FBI hat einen Iraner zur Fahndung ausgeschri­eben. Er soll es auf den ehemaligen US-Außenminis­ter Pompeo abgesehen haben. Das Regime will Washington zufolge den Tod des Topgeneral­s Qassem Soleimani rächen.

- VON DUYGU ÖZKAN

Er bewegt sich zwischen Miami und Venezuela. Er spricht Farsi, Spanisch, Französisc­h und Englisch. Er ist 41 Jahre alt – und ein Mitglied des iranischen Ministeriu­ms für Nachrichte­nwesen. In den USA verfolgt der iranische Staatsbürg­er Majid Dastjani Farahani ganz spezifisch­e Ziele, das vermutet das FBI und hat Farahani nun zur Fahndung ausgeschri­eben. Er soll für verschiede­ne Operatione­n Individuen rekrutiert haben. Das unscharfe Foto, das das FBI veröffentl­icht hat, zeigt einen leger in T-Shirt gekleidete­n Mann mit ergrauten Haaren und einer Brille mit dünnem Rahmen. Farahani gehört nun zu den meistgesuc­hten Männern in der Region Miami beziehungs­weise Florida.

Die US-Behörde wirft Farahani vor, ein Mordkomplo­tt gegen mehrere ehemalige Mitglieder der Regierung Donald Trumps geplant zu haben, darunter offenbar Mike Pompeo und Brian Hook. Farahanis Aktivitäte­n werden als Racheakt gewertet, und zwar für die Tötung des iranischen Kommandeur­s Qassem Soleimani – der berüchtigt­e General der Quds-Brigaden überlebte vor vier Jahren einen amerikanis­chen Drohnenang­riff in Bagdad nicht.

Schon unmittelba­r danach hieß es aus Teheran, dass dieser Tod gerächt werden müsse. Der ehemalige CIA-Direktor Pompeo war zu der Zeit Außenminis­ter, Hook war der Sondergesa­ndte der Regierung für den Iran. Sie werden beide derzeit streng bewacht.

Gezielte Jagd auf Dissidente­n

Dass Farahani direkt oder indirekt im Auftrag des iranischen Geheimdien­sts handle, daraus macht das FBI kein Geheimnis. Er lasse religiöse Stätten, Geschäfte und weitere Standorte in den USA für seine Zwecke überwachen, heißt es in der Fahndung. Und seit einigen Monaten steht er auch auf Washington­s Sanktionsl­iste. Der Fall Farahani ist indessen nicht der erste, in dem iranische Spione ins Visier der amerikanis­chen Behörden geraten; auf der FBI-Fahndungsl­iste taucht auch Shahram Poursafi auf. Der 47-Jährige soll über Messengerd­ienste aktiv nach Auftragsmö­rdern gesucht haben, um den ehemaligen Nationalen Sicherheit­sberater John Bolton umzubringe­n. Poursafi ist Mitglied der Revolution­sgarden und war offenbar mit Alias-Namen unterwegs. Den potenziell­en Killern soll er bis zu 300.000 US-Dollar angeboten haben, auch diese Aktion wertet Washington als Teherans Racheakt für die Tötung Soleimanis ein.

Auch Exil-Iraner, die Teheran unangenehm sind, schweben in den USA in Lebensgefa­hr. Die USBehörden konnten beispielsw­eise eine Entführung­saktion vereiteln: Die bekannte Regimegegn­erin Masih Alinejad sollte Medienberi­chten zufolge in New York gekidnappt und nach Venezuela verschlepp­t werden. Und erst Anfang Jänner hat die Justiz einen Mann namens Naji Sharifi Zindashti in Abwesenhei­t verurteilt, er soll Anführer eines Kartells sein, das gezielt iranische Dissidente­n – in diesem Fall im Bundesstaa­t Maryland – im Visier hat. Für deren Tötung soll Zindashti zwei Kanadier angeworben haben, unter ihnen ein Mitglied der Hells Angels. „Wir müssen seinen Kopf von seinem Torso trennen“, schrieb der Kanadier etwa per verschlüss­elter Nachricht an die Auftragsge­ber.

Lange Blutspur

Zindashti ist kein Unbekannte­r in der Mafiawelt. Er baute einen Drogenschm­uggelring auf, in Teheran wurde er vor Jahrzehnte­n deswegen zum Tode verurteilt. Ihm gelang eine spektakulä­re Flucht aus dem berüchtigt­en Evin-Gefängnis, anschließe­nd wirkte Zindashti von der Türkei aus. Dort taucht sein Name in den Ergenekon-Akten auf, sie sind Teil der unrühmlich­en Geschichte der zeitgenöss­ischen Türkei rund um den „tiefen Staat“und seiner Verschwöru­ng. Lange Zeit beschäftig­te auch die griechisch­e Öffentlich­keit das mit Heroin gefüllte Schiff Noor One, das nahe Athen beschlagna­hmt wurde.

Zindashti soll Teil dieses Schmuggels gewesen sein, und die Aufklärung der genaueren Umstände hinterließ eine lange Blutspur in der Türkei, in Griechenla­nd und im Nahen Osten. In der Zwischenze­it soll sich Zindashti wieder im Iran aufhalten und mit dem Regime arrangiert haben.

 ?? [Wana News Agency/Reuters] ?? Der Kommandeur der Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, wurde bei einem Drohnenang­riff getötet.
[Wana News Agency/Reuters] Der Kommandeur der Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, wurde bei einem Drohnenang­riff getötet.

Newspapers in German

Newspapers from Austria