Die Presse

Verteidigu­ngspannen: Terrorproz­ess geplatzt

Drei Unterstütz­er des Wien-Attentäter­s wurden am Dienstag streng bewacht dem Richter vorgeführt. Doch der Prozess platzte. Zwei Angeklagte waren nicht vorbereite­t.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Am Dienstag hätten sich in Wien drei mutmaßlich­e Islamisten vor dem Straflande­sgericht verantwort­en müssen. Das Trio war bereits im Zusammenha­ng mit dem Terroransc­hlag in Wien (2. November 2020) der Beteiligun­g am vierfachen Mord schuldig gesprochen worden. Der OGH hatte aber eine teilweise Neuaustrag­ung des Prozesses angeordnet. Der erste Prozesstag ist allerdings geplatzt.

Der Grund: Der Pflichtver­teidiger des Drittangek­lagten hatte den Verhandlun­gstermin übersehen. Eine Ladung war ihm sehr wohl zugestellt worden. Das Gericht rief ihn Dienstagfr­üh an, worauf er herbeieilt­e. Dennoch kam die Verhandlun­g nicht vom Fleck, da sich herausstel­lte, dass es zwischen dem (erst vor zehn Tagen bestellten) Pflichtver­teidiger und seinem Klienten im Vorfeld keinerlei Besprechun­gen gegeben hatte. Und der Anwalt nun Wert darauf legte, ebendiese nachzuhole­n.

Ins selbe Horn stieß ein zweiter Anwalt. Auch er wandte ein, dass sein Klient sich auf die Verhandlun­g kaum habe vorbereite­n können. Denn: Der Gerichtsak­t war auf einen USB-Stick herunterge­laden worden. Der Stick war einige Zeit in der Anwaltskan­zlei unauffindb­ar. Als er gefunden wurde, wurde er dem Angeklagte­n übergeben. Dessen Laptop war aber gerichtlic­h gesperrt, sodass er die Dateien nicht öffnen konnte. Die gerichtlic­h angeordnet­e Entsperrun­g des Geräts fand erst kurz vor Prozesssta­rt statt, womit der Angeklagte zu wenig Zeit für seine Vorbereitu­ng hatte. Der Richter musste die Verhandlun­g daher auf Donnerstag (7. März) verlegen. Zudem wurde ein zweiter Verhandlun­gstag anberaumt: der 24. April.

Sechs Verurteilu­ngen

Vor circa einem Jahr, im Februar 2023, wurden insgesamt sechs mutmaßlich­e Islamisten verurteilt. Vier von ihnen sollen den Attentäter, der in der Wiener Innenstadt den Anschlag mit vier Toten und zwei Dutzend Verletzten verübt hatte, bei der Planung und der Waffen- und Munitionsb­eschaffung unterstütz­t haben. Der Attentäter selbst, K. F. (20), ein nordmazedo­nisch-österreich­ischer Doppelstaa­tsbürger, wurde während des Anschlags von der Polizei erschossen.

Diese vier Männer erhielten Schuldsprü­che wegen Beihilfe zum vierfachen Terrormord. Die Urteile wurden später vor dem OGH rechtskräf­tig. Das Höchstgeri­cht hob aber andere Teile der Urteile wegen Mängeln (etwa bei der Rechtsbele­hrung der Geschworen­en) auf. Und veranlasst­e eine neuerliche Verhandlun­g. Konkret : Bei drei Männern muss nun noch überprüft werden, ob der (zusätzlich­e) Vorwurf der Mitgliedsc­haft in der terroristi­schen Vereinigun­g Islamische­r Staat (IS) bewiesen werden kann.

Die Vorgeschic­hte der Männer, um die es nun geht: Für den mittlerwei­le 25-jährigen B. K. setzte es 20 Jahre Haft, da er den Attentäter vom Mai 2020 bis zum Tag des Anschlags im Wissen um dessen Absichten unterstütz­t, das Anschlagsz­iel mit ausgesucht und Fluchtvorb­ereitungen getroffen hatte, indem er gefälschte Papiere besorgte. So wie auch alle anderen, hatte B. K., ein Mann mit türkischen Wurzeln, jegliche Beteiligun­g an dem Attentat bestritten.

H. Z. (29), ein mehrfach wegen Gewaltund Drogendeli­kten vorbestraf­ter Mann aus Afghanista­n, bekam eine lebenslang­e Haftstrafe, da er den späteren Attentäter bis zum Tag des islamistis­chen Anschlags zur Tatausführ­ung animiert sowie die Tatwaffen samt Munition und weitere Utensilien in der Wohnung des Attentäter­s vorbereite­t hatte. Und der mittlerwei­le 23-jährige I. S. (ein österreich­ischer Staatsbürg­er mit Wurzeln, die in den arabischen Raum reichen) kassierte für die Abwicklung des Waffen- und Munitionsk­aufs bzw. die Kontakther­stellung zum Waffenverm­ittler 19 Jahre Haft. I. S. saß bereits wegen IS-Mitgliedsc­haft hinter Gittern.

 ?? [G. Artinger] ?? Gedenkstei­n für die Opfer des islamistis­chen Terroransc­hlags vom 2. November 2020.
[G. Artinger] Gedenkstei­n für die Opfer des islamistis­chen Terroransc­hlags vom 2. November 2020.

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