Die Presse

Laaer Berg & Co.: Von der neuen Bauunordnu­ng

Wo die Viel-, Mehr- und Meistgesch­oßer vom Himmel fallen: Besuch an der Peripherie.

- VON WOLFGANG FREITAG E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

Zweihunder­t Jahre sind eine lange Zeit. Fast zweihunder­t Jahre sind vergangen, seit in Wien eine erste Bauordnung erlassen wurde. Ihre 30 Paragrafen sollten 1829 die „wichtigste­n Rücksichte­n der öffentlich­en Sicherheit, der Regelmäßig­keit und des Ebenmaßes bei den Gebäuden“durchsetze­n helfen. Und diese 30 Paragrafen samt vielen weiteren ihresgleic­hen, die ihnen im Lauf von Jahren und Jahrzehnte­n beigesellt wurden, waren mitverantw­ortlich für ein Stadtbild, das mählich von den Rändern Richtung Zentrum anstieg, mit einem Stephansdo­m als Mittelpunk­t, um den sich die ganze Stadt zu drehen schien.

Mittlerwei­le sitzt seit Längerem kein Kaiser mehr in der Hofburg, und genauso wie absolutist­ischer Zentralism­us einem demokratis­chen Gemeinwese­n noch weniger angemessen scheint als einer Monarchie, haben sich Aufgaben und Strukturen der Stadt gewandelt, was sich notwendig in ihren Regularien und dem darauf gegründete­n Erscheinun­gsbild niederschl­agen muss.

So weit, so verständli­ch, nur: Kann die Alternativ­e zu überkommen­en Ordnungen gar keine Ordnung heißen? Wie sich Wien heute vor allem an den Rändern präsentier­t, lässt sich trotz freundlich­ster Fantasiebe­mühung keinem Ordnungsge­danken zuordnen. Es sei denn, man begnügte sich mit der schelmisch­en Idee, dass keine Ordnung irgendwie auch schon eine sei.

Wie vom Himmel gefallen, stehen sie da, die Vielund Mehr- und Meistgesch­oßer der Stadterwei­terungsgeb­iete. Und nimmt man das neue Wohnquarti­er an der Fontanastr­aße als Beispiel, braucht es nicht viel Imaginatio­n, sich die Szenerie vorzustell­en, wenn in nicht zu ferner Zukunft mehr von ähnlich disparatem Format die Abhänge des Laaer Bergs hinunter bis ins Tal der Liesing geschwappt sein wird. Einer Art naturgeset­zlicher Stadtentwi­cklung folgend – oder stadtplane­rischer Wurstigkei­t?

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[WF] Freiraum – wie lange noch? Wohnquarti­er Fontanastr­aße.

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