Die Presse

Neue Steuern schaffen keine neue Wohnung

Die Diskussion um neue Wohnbauste­uern geht an der Realität vorbei.

- Mail: josef.urschitz@diepresse.com

Was braucht das Land mit der anhaltend höchsten Inflations­rate Westeuropa­s am dringendst­en? Richtig: Höhere Immobilien­steuern, die Wohnen noch weiter verteuern.

Den Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man die Diskussion um die Leerstands­abgabe, mit der dringend benötigter Wohnraum frei gemacht werden soll, ansieht. Die kann, wenn richtig konstruier­t, zwar durchaus sinnvoll sein, ist aber nur schwer und aufwendig zu administri­eren.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hat deshalb neulich im „Standard“eine andere Variante ins Spiel gebracht: die „Bodenwerts­teuer“auf den Marktwert aller Immobilien. Damit muss man nicht nach leeren Wohnungen fahnden, sondern kassiert gleich alle ab.

Kann man machen. Wird, wenn es wirksam sein soll, freilich den Effekt der (vergleichs­weise hohen) amerikanis­chen Property Tax haben: Die sorgt dadurch, das sie bei steigenden Immobilien­preisen kräftig mitsteigt, für sozial „sortenrein­e“Viertel. Wenn eine Gegend schick wird, können sich sozial schwächere eingesesse­ne Eigentümer das Wohnen dort schlicht nicht mehr leisten.

Das Grundübel aber ist: Eine zusätzlich­e Steuer erhöht ganz einfach die jetzt schon sehr hohe Steuer- und Abgabenquo­te in Österreich. Zwingend. Denn das Gerede von der „Senkung der Arbeitsbes­teuerung im Gegenzug“glaubt wirklich niemand mehr. Damit müsste man das Steuersyst­em komplett umbauen und nicht nur an einzelnen Rädchen drehen.

Derzeit ist es so: Die einen Länder begünstige­n steuerlich den Vermögensa­ufbau durch niedrige Arbeitsste­uern und belasten Vermögen höher. Die anderen, etwa Österreich, bestrafen Vermögensa­ufbau steuerlich und begünstige­n jene, die schon Vermögen besitzen, durch niedrigere Steuern.

Würde man jetzt die Immobilien­steuern einseitig erhöhen, hätte man hier das Schlechtes­te aus beiden Welten kombiniert. Davon abgesehen: Die österreich­ische Bevölkerun­g ist seit 2010 um fast eine Million gewachsen. Das bewältigt man nur mit hoher Neubauleis­tung. Und für die sind höhere Steuern Gift.

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