Zwischen Messi und Ski-Simulator
In Berlin findet die wichtigste Messe der Industrie statt. Saudiarabien wirbt genauso um Gäste wie Israel – auch wenn noch Krieg ist.
Dienstag, kurz nach neun Uhr. Vor dem Messegelände im Westen der deutschen Hauptstadt stauen sich Taxis und dunkle Limousinen. Drinnen rücken die letzten ihre Kimonos zurecht, streichen den Kaftan glatt, rücken sich den Schleier auf dem Kopf zurecht. Die Internationale Tourismusbörse (ITB) hat begonnen.
Seit 1966 findet die Leitmesse einer Industrie statt, die in den vergangenen Jahren schwer gelitten hat und sich nun wieder im Aufwind sieht. Die Buchungslage für dieses Jahr ist gut, melden die Touristiker. In den Messehallen kann komprimiert besichtigt werden, wie Länder sich der Welt anpreisen.
Das offizielle Gastland ist der Oman. Den meisten Aufwand betreibt dieses Jahr aber ein arabischer Nachbar, der erst zum zweiten Mal dabei ist: Saudiarabien. In Wüstengewänder gekleidete Männer verteilen etwas trocken geratene Süßigkeiten, Frauen mit bunten Kopftüchern helfen, die riesigen Touchscreens zu bedienen.
Auf dem riesigen Messestand wurde ein Teppich ausgelegt, der sich anfühlt, als ginge man auf künstlichem Sand. Selbst einen Formel-1-Boliden haben die Saudis herbeigekarrt.
Messi als Saudi-Botschafter
Natürlich hängt irgendwo ein Fußballdress von Cristiano Ronaldo, der seit einiger Zeit in Saudiarabien spielt. Über eine Leinwand flimmert sein ewiger Rivale Lionel Messi. Der hat es zwar ausgeschlagen, in der mithilfe von zig Milliarden aufgemotzten saudischen Liga zu spielen, aber trotzdem nicht abgelehnt, für viel Geld der „Saudische Tourismusbotschafter“zu werden. Es sei die größte Tourismus-Werbekampagne des Landes bisher, steht in einer ITB-Broschüre. Vor allem das Rote Meer wollen die Saudis touristisch erschließen.
In den Hallen der Touristiker ist alles bunt, schön, luxuriös – und die Welt da draußen kein Problem. Die Taiwanesen machen Tee, die Chinesen zeigen Comicpandas. Sogar nur ein paar Schritte in der Halle voneinander entfernt, obwohl die einen die anderen gar nicht als eigenes Land anerkennen. Kuba hat auch einen eigenen Stand. Letztes Jahr blieben die Russen fern, und die Ukrainer kamen. Die besten Plätze hat diesmal jedenfalls die arabische Halbinsel bekommen.
Die Österreicher sind zwischen Liechtenstein, Slowenien und Nordrhein-Westfalen in der Deutschland-Halle eingezwängt. Sie grillen „Original Salzburger Bosna“um sechs Euro, es gibt Meinl-Kaffee, einen Ski-Simulator und eine Virtual-Reality-Heißluftballontour. „Wir verabschieden uns nicht vom Winter“, sagte die für den Eröffnungstag angereiste Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und meinte damit nicht die Jahreszeit, sondern den Tourismus, einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren Österreichs. Die Salzburger Ski-WM im kommenden Jahr soll beworben werden. Daneben geht es viel um Nachhaltigkeit, die sei nämlich den deutschen Touristen sehr wichtig. „Was reden die, die kommen doch alle mit dem Auto“, raunt ein Messebesucher seinem Nachbarn zu.
„Touristische Regionen sicher“
Um harte Realitäten in der Welt ging es am Nachmittag am Stand 211, Halle 21B. Hier stellte Israel aus. Der israelische Tourismusminister ist gekommen, zum ersten Mal seit neun Jahren. Er heißt Haim Katz und gehört zur Likud-Regierung, die gerade den Gazastreifen bombardieren lässt.
„13.000 Touristen kamen pro Tag nach Israel, bevor die Hamas ihr Massaker anrichtete“, sagte Katz. Am Tag danach waren es genau 26. Es sind wieder mehr geworden, etwas unter 3000 pro Tag. Für die Osterfeiertage im April sei die Buchungslage aber besser. 11.000 Israelis befinden sich in Hotels, da sie vor Angriffen aus ihren Häusern fliehen mussten. „Die touristischen Regionen sind sicher“, sagte Katz. „Der Tourismus ist eine Brücke.“Er würde nicht Israelis in Hotels unterbringen lassen, wenn diese etwa für Deutsche gefährlich wären.
Katz ist auch in Berlin, um zu erreichen, dass die deutsche Reisewarnung für Israel aufgehoben wird. Österreich hat eine „partielle Reisewarnung“ausgesprochen. Rund ein Prozent der Wirtschaftsleistung habe Israel verloren, weil der Tourismus einbrach. Insgesamt sechs Monate lang gibt es Hilfsgelder für die Mitarbeiter von Tourismusbetrieben, er wolle sie notfalls verlängern. In den Messehallen wurde das Land in einem Raum mit „Nordafrika“neben Marokko untergebracht – und weit weg von seinen arabischen Nachbarn.