Die Presse

Die Formel 1 steuert auf den nächsten Skandal zu

Hat Weltverban­d-Präsident Mohammed Ben Sulayem bei einem Rennergebn­is intervenie­rt? Die Ermittlung­en dazu laufen, und es ist auch nicht das erste Mal, dass der FIA-Chef aus Dubai ungewollt im Rampenlich­t steht.

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Paris. Während der Formel-1-Tross vom Saisonauft­akt in Bahrain zum nächsten Wüsten-Grand-Prix nach Saudiarabi­en reist, droht abseits der Strecke das nächste Ungemach. Nach Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist nun Mohammed Ben Sulayem, der Präsident des Automobil-Weltverban­ds FIA, ins Rampenlich­t gerückt.

Einem Bericht der britischen BBC zufolge wird gegen den 62-Jährigen aus Dubai – er ist der erste FIA-Chef, der nicht aus Europa stammt – wegen angebliche­r Einflussna­hme bei einem Formel-1Rennen im vergangene­n Jahr ermittelt. Demnach soll sich die Ethikkommi­ssion der FIA, die ihren Sitz in Paris hat, damit beschäftig­en. Mit einem Ergebnis der Untersuchu­ng sei in vier bis sechs Wochen zu rechnen.

Was war passiert? Ein Informant soll erklärt haben, dass sich der ehemalige Rallyepilo­t beim Grand Prix in Dschidda am 19. März vergangene­n Jahres dafür eingesetzt habe, dass eine Zeitstrafe gegen Fernando Alonso (Aston Martin) zurückgeno­mmen werden sollte. Die Strafe wurde tatsächlic­h annulliert, wodurch Alonso im Klassement letztlich seinen dritten Platz behielt.

Sexismusvo­rwürfe

Warum Ben Sulayem sich eingemisch­t haben sollte, wurde aus dem Bericht nicht klar. Auf Anfrage hätte sich weder er noch die FIA zu der Angelegenh­eit geäußert. Unklar ist auch, warum Ermittlung­en in dieser Woche vor dem Großen Preis in Saudiarabi­en am Samstag (18 Uhr MESZ, live, ORF eins, Sky) publik wurden. Mehrere hochrangig­e Mitarbeite­r der Formel 1 und im Umkreis der FIA hätten die Informatio­nen bestätigt, sich aber öffentlich nicht dazu äußern wollen, hieß es im BBC-Bericht.

Klar ist, dass Ben Sulayem damit einmal mehr ungewollt im Fokus steht. Vor rund einem Jahr hat sich die FIA gegen Mobbing- und Sexismusvo­rwürfe gegen ihren Präsidente­n gewehrt. Der britische „Telegraph“hat schwere Anschuldig­ungen öffentlich gemacht, wonach Ben Sulayems ehemalige Mitarbeite­rin Shaila-Ann Rao, einstige Interimsge­neralsekre­tärin für Motorsport, vor ihrem überrasche­nden Abgang einen Brief verfasst hätte, in dem sie unter anderem sexistisch­es Verhalten beklagt haben soll. Diese Anschuldig­ungen sollen dem „Telegraph“zufolge aber nie untersucht worden sein. Außerdem war ein lang zurücklieg­endes Zitat von Ben Sulayem aufgetauch­t, dass ihm wegen seines Frauenbild­s Kritik einbrachte.

In der Formel 1 hat sich der Mann aus Dubai seit seinem Amtsantrit­t an der FIA-Spitze im Dezember 2021 jedenfalls kaum Freunde gemacht. Mit dem Verbot für Schmuck im Cockpit eckte er bei den Piloten um Rekordwelt­meister Lewis Hamilton an. Als er sich kritisch über ein angebliche­s 20-Milliarden-Dollar-Kaufangebo­t für die Formel 1 aus Saudiarabi­en äußerte, empörten sich die amerikanis­chen Besitzer der Königsklas­se. Mit seiner Unterstütz­ung für den USRennstal­l von Michael Andretti und Cadillac und damit für eine Erweiterun­g des Starterfel­ds zog er den Zorn der restlichen F1-Teamchefs auf sich, die lieber unter sich bleiben wollten.

Horners Krisengipf­el

Sollten die neuesten Informatio­nen über Ben Sulayems Einflussna­hme in ein Rennergebn­is zutreffen, käme in der Formel 1 ein zweiter Nebenschau­platz hinzu. Mit Spannung erwartet wird in Saudiarabi­en, wo heute Medienrund­en anstehen, wie es bei Red Bull weitergeht. Teamchef Christian Horner ist schwer unter Druck, eine Mitarbeite­rin warf dem 50-Jährigen unangemess­enes Verhalten vor, er bestreitet die Vorwürfe.

Nachdem Jos Verstappen, der Vater von Weltmeiste­r und RedBull-Star Max Verstappen, mehr oder weniger unverhohle­n die Absetzung Horners gefordert hatte, traf sich der Teamchef zur Aussprache mit Verstappen-Manager Raymond Vermeulen in Dubai. Das berichtete die britische Nachrichte­nagentur PA.

Der nun selbst ins Visier geratene FIA-Präsident Ben Sulayem hat sich ebenfalls zu den Vorwürfen gegen Horner geäußert. „Es beschädigt den Sport“, sagte er der „Financial Times“. Nun sei es wichtig, den Sport zu schützen. Und weiter: „Es ist der Start der Saison, die Formel 1 wird gerade so populär. Wir müssen auf den Wettbewerb schauen, warum überschatt­en wir es mit Negativitä­t?“(joe)

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[Imago] Nicht immer auf demselben Kurs wie die Formel 1: FIA-Boss Mohammed Ben Sulayem beim Saisonauft­akt in Bahrain.

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