Rapids historische Chance zur Imagekorrektur
Rapids Maßnahmenkatalog gegen Homophobie könnte Österreichs Fußball verändern. Protest gegen Höhe der Spieler-Strafe folgt.
Wien. Die Stimmung in Hütteldorf ist gedämpft. Die Folgen des DerbyEklats wirken nach, die Aufräumungsarbeit verlangt von Klubchef Alexander Wrabetz höchste Sensibilität und Eile. Das harte Urteil wirft nun sportliche Planungen für das Spiel am Sonntag in Klagenfurt, bei dem der Einzug in die Meistergruppe fixiert werden muss, über den Haufen. Wobei der Klubchef die Strafe für Geschäftsführer, CoTrainer und Spieler ja annimmt, doch gegen ihr Ausmaß – manch Profi müsste drei Partien unbedingt zuschauen – „mit einem Protest bei der Bundesliga vorgehen“werde.
Geht es aber um den in Folge des Eklats entworfenen Maßnahmenkatalog, der Rapid als sozial kompetenten Verein in die Zukunft führen soll, klingt der Ex-ORF-General zuversichtlicher.
Die nötige Glaubwürdigkeit
Man stelle sich der Verantwortung, trage Konsequenzen und wolle gezielt reagieren, um solch Fehlverhalten nicht nur zu unterbinden, sondern auch alles dafür getan zu haben, damit Bewusstseinsfindung, Sensibilisierung der Thematik und Selbstreflexion im Verein wie auf den Tribünen gelingen. Schnell gesagt, doch Wrabetz präsentierte seinen Katalog, der „ab sofort“umgesetzt werden müsse, damit ihm die nötige Glaubhaftigkeit beigemessen werde.
Marco Grüll, Guido Burgstaller, Niklas Hedl, Maxi Hofmann und Thorsten Schick hätten zugestimmt, nicht nur ihren sozialen Beitrag zu leisten, indem sie bei diversen Institutionen mithelfen, sondern auch „finanzielle Mitwirkung“zugesagt. Damit schließt Wrabetz weitere Sanktionen seitens des Klubs aus. Und doch, ganz aus der Welt geräumt sei die Causa nicht. Er legte Wert darauf, dass Geschäftsführer Steffen Hofmann geschimpft habe, jedoch sein Fall zu trennen sei von dem homophoben Gesang, den Spieler und Co-Trainer geliefert haben.
Großeltern in Favoriten
Fehltritt und Einstellung müsse man trennen, das habe man dem Senat 1 „glaubhaft“vermittelt. „Wir als Rapid haben keine homophoben Einstellungen. Die dulden wir auch nicht. Die gibt es auch gar nicht, auch nicht in der Fanszene.“
Als Verein müsse man diese Lage ernst nehmen, jetzt die richtigen
Schritte setzen, „damit Vorbildrollen erfüllt sind über die Grenzen Hütteldorfs hinaus.“Es brauche dabei allerdings eine „Nachschärfung der persönlichen Verantwortung in den Arbeitsverträgen“, sprich eine Möglichkeit zur Sanktionierung bei Fehlverhalten. Und er hoffte, dass manch Spieler anfange, trotz Euphorie und Momentum in der Masse, mitzudenken. Wrabetz nannte als Beispiel Maxi Hofmann. Er habe gegen Austria, in Richtung Favoriten geschimpft. Wrabetz wunderte sich, „denn seine Großeltern wohnen doch dort, er hat Familie dort“. Dem Spieler, versichert sein Präsident, habe es die Augen geöffnet.
Der Zehn-Punkte-Plan
Der Plan beinhalte, „dass alle mitwirken“, man geschlossen Verantwortung übernehme und zu Diskriminierung und Sexismus auf Distanz gehe. Ob Rapidler als „Botschafter“, wie er es sich vorstellte, auftreten können, bleibt abzuwarten. Weitere Eckpfeiler des zehn Punkte starken Kataloges sind „Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen“, „Vermittlung der Werte des SK Rapid in der Nachwuchsarbeit“, „Diversität“mit Frauenklub und Jugendarbeit, der Erstellung eines „Change-Teams“, geleitet von Schlüsselfiguren, die „breite Kommunikation des Leitbildes“, die Schaffung eines „Preises gegen Diskriminierung“sowie der Einsatz der Wissenschaft, die von Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger, sie ist Informatikerin und Universitätsprofessorin, implementiert werden soll.
Wann, wenn nicht jetzt, muss Österreichs populärster Fußballklub vortreten und alles dafür unternehmen, um die Imagekorrektur zu schaffen? Das Auftreten habe Signalwirkung bis in die jüngste Nachwuchsmannschaft und zeige Sponsoren, mit denen es zahlreiche Gespräche – „selbst ohne politischen Fingerzeig durch Werner Kogler“– gegeben habe, wie ernst man diese Angelegenheit nehme und wie seriös man sie aufzuarbeiten versuche.
Wofür Rapid wirklich steht
Vor allem im Nachwuchs müsse angesetzt werden mit pädagogischen Konzepten in der Akademie. Da, in dieser Phase als Findung des Rollenverständnisses als Fußballer bzw. Fußballerin, müssten Kinder und Jugendliche begreifen, „wofür wir, ja: Rapid, stehen“, ohne auffällig zu werden mit Diskriminierung oder Aggression. Der neue Katalog soll strukturell verankert sein mit dem Leitbild des Klubs, ohne Wenn und Aber. Die Nachhaltigkeit beginne im Jetzt, um sie auch in der Zukunft zu genießen, brauche es das Begreifen der Kinder.
Weil all das vor dem Senat 1 geschildert und auch der Liga vorgelegt wurde, müsse Wrabetz, obschon er mehrfach beteuerte, nicht über das Urteil urteilen zu wollen, Protest einlegen. Es mute als Präzedenzfall an, die Reaktion des Vereins darauf sei auch historisch und landesweit einzigartig. Aufschiebende Wirkung habe der Einspruch keine, am Sonntag stehe im so wichtigen Spiel gegen Austria Klagenfurt nicht die stärkste Auswahl zu Verfügung. Dass eine Sperre realistisch war, musste der Klubchef nicht betonen. Sie komplett auszuschließen, wäre naiv gewesen.
Wrabetz sprach aus, was dieser Eklat bewirken kann: Imagewandel, Bewusstseinsschaffung, Selbstreflexion, vorgelebt in Hütteldorf.
‘‘ Rapid ist dann am stärksten, wenn wir vor besonderen Herausforderungen stehen. Werner Kogler sollte dafür sorgen, dass Geld in den Sport kommt. Nachdem ich gesagt habe, was wir mit dem Maßnahmenkatalog wollen, hat er nichts mehr gesagt. Ich hoffe, es bleibt dabei.
Alexander Wrabetz
Mehr: Im Podcast spricht Markku Datler über den Rapid-Eklat, die Strafen für den Klub und die Frage, ob Österreichs Fußball ein HomophobieProblem hat.