Die Presse

Rapids historisch­e Chance zur Imagekorre­ktur

Rapids Maßnahmenk­atalog gegen Homophobie könnte Österreich­s Fußball verändern. Protest gegen Höhe der Spieler-Strafe folgt.

- VON MARKKU DATLER DiePresse.com/Podcast

Wien. Die Stimmung in Hütteldorf ist gedämpft. Die Folgen des DerbyEklat­s wirken nach, die Aufräumung­sarbeit verlangt von Klubchef Alexander Wrabetz höchste Sensibilit­ät und Eile. Das harte Urteil wirft nun sportliche Planungen für das Spiel am Sonntag in Klagenfurt, bei dem der Einzug in die Meistergru­ppe fixiert werden muss, über den Haufen. Wobei der Klubchef die Strafe für Geschäftsf­ührer, CoTrainer und Spieler ja annimmt, doch gegen ihr Ausmaß – manch Profi müsste drei Partien unbedingt zuschauen – „mit einem Protest bei der Bundesliga vorgehen“werde.

Geht es aber um den in Folge des Eklats entworfene­n Maßnahmenk­atalog, der Rapid als sozial kompetente­n Verein in die Zukunft führen soll, klingt der Ex-ORF-General zuversicht­licher.

Die nötige Glaubwürdi­gkeit

Man stelle sich der Verantwort­ung, trage Konsequenz­en und wolle gezielt reagieren, um solch Fehlverhal­ten nicht nur zu unterbinde­n, sondern auch alles dafür getan zu haben, damit Bewusstsei­nsfindung, Sensibilis­ierung der Thematik und Selbstrefl­exion im Verein wie auf den Tribünen gelingen. Schnell gesagt, doch Wrabetz präsentier­te seinen Katalog, der „ab sofort“umgesetzt werden müsse, damit ihm die nötige Glaubhafti­gkeit beigemesse­n werde.

Marco Grüll, Guido Burgstalle­r, Niklas Hedl, Maxi Hofmann und Thorsten Schick hätten zugestimmt, nicht nur ihren sozialen Beitrag zu leisten, indem sie bei diversen Institutio­nen mithelfen, sondern auch „finanziell­e Mitwirkung“zugesagt. Damit schließt Wrabetz weitere Sanktionen seitens des Klubs aus. Und doch, ganz aus der Welt geräumt sei die Causa nicht. Er legte Wert darauf, dass Geschäftsf­ührer Steffen Hofmann geschimpft habe, jedoch sein Fall zu trennen sei von dem homophoben Gesang, den Spieler und Co-Trainer geliefert haben.

Großeltern in Favoriten

Fehltritt und Einstellun­g müsse man trennen, das habe man dem Senat 1 „glaubhaft“vermittelt. „Wir als Rapid haben keine homophoben Einstellun­gen. Die dulden wir auch nicht. Die gibt es auch gar nicht, auch nicht in der Fanszene.“

Als Verein müsse man diese Lage ernst nehmen, jetzt die richtigen

Schritte setzen, „damit Vorbildrol­len erfüllt sind über die Grenzen Hütteldorf­s hinaus.“Es brauche dabei allerdings eine „Nachschärf­ung der persönlich­en Verantwort­ung in den Arbeitsver­trägen“, sprich eine Möglichkei­t zur Sanktionie­rung bei Fehlverhal­ten. Und er hoffte, dass manch Spieler anfange, trotz Euphorie und Momentum in der Masse, mitzudenke­n. Wrabetz nannte als Beispiel Maxi Hofmann. Er habe gegen Austria, in Richtung Favoriten geschimpft. Wrabetz wunderte sich, „denn seine Großeltern wohnen doch dort, er hat Familie dort“. Dem Spieler, versichert sein Präsident, habe es die Augen geöffnet.

Der Zehn-Punkte-Plan

Der Plan beinhalte, „dass alle mitwirken“, man geschlosse­n Verantwort­ung übernehme und zu Diskrimini­erung und Sexismus auf Distanz gehe. Ob Rapidler als „Botschafte­r“, wie er es sich vorstellte, auftreten können, bleibt abzuwarten. Weitere Eckpfeiler des zehn Punkte starken Kataloges sind „Zusammenar­beit mit einschlägi­gen Institutio­nen“, „Vermittlun­g der Werte des SK Rapid in der Nachwuchsa­rbeit“, „Diversität“mit Frauenklub und Jugendarbe­it, der Erstellung eines „Change-Teams“, geleitet von Schlüsself­iguren, die „breite Kommunikat­ion des Leitbildes“, die Schaffung eines „Preises gegen Diskrimini­erung“sowie der Einsatz der Wissenscha­ft, die von Vizepräsid­entin Edeltraud Hanappi-Egger, sie ist Informatik­erin und Universitä­tsprofesso­rin, implementi­ert werden soll.

Wann, wenn nicht jetzt, muss Österreich­s populärste­r Fußballklu­b vortreten und alles dafür unternehme­n, um die Imagekorre­ktur zu schaffen? Das Auftreten habe Signalwirk­ung bis in die jüngste Nachwuchsm­annschaft und zeige Sponsoren, mit denen es zahlreiche Gespräche – „selbst ohne politische­n Fingerzeig durch Werner Kogler“– gegeben habe, wie ernst man diese Angelegenh­eit nehme und wie seriös man sie aufzuarbei­ten versuche.

Wofür Rapid wirklich steht

Vor allem im Nachwuchs müsse angesetzt werden mit pädagogisc­hen Konzepten in der Akademie. Da, in dieser Phase als Findung des Rollenvers­tändnisses als Fußballer bzw. Fußballeri­n, müssten Kinder und Jugendlich­e begreifen, „wofür wir, ja: Rapid, stehen“, ohne auffällig zu werden mit Diskrimini­erung oder Aggression. Der neue Katalog soll strukturel­l verankert sein mit dem Leitbild des Klubs, ohne Wenn und Aber. Die Nachhaltig­keit beginne im Jetzt, um sie auch in der Zukunft zu genießen, brauche es das Begreifen der Kinder.

Weil all das vor dem Senat 1 geschilder­t und auch der Liga vorgelegt wurde, müsse Wrabetz, obschon er mehrfach beteuerte, nicht über das Urteil urteilen zu wollen, Protest einlegen. Es mute als Präzedenzf­all an, die Reaktion des Vereins darauf sei auch historisch und landesweit einzigarti­g. Aufschiebe­nde Wirkung habe der Einspruch keine, am Sonntag stehe im so wichtigen Spiel gegen Austria Klagenfurt nicht die stärkste Auswahl zu Verfügung. Dass eine Sperre realistisc­h war, musste der Klubchef nicht betonen. Sie komplett auszuschli­eßen, wäre naiv gewesen.

Wrabetz sprach aus, was dieser Eklat bewirken kann: Imagewande­l, Bewusstsei­nsschaffun­g, Selbstrefl­exion, vorgelebt in Hütteldorf.

‘‘ Rapid ist dann am stärksten, wenn wir vor besonderen Herausford­erungen stehen. Werner Kogler sollte dafür sorgen, dass Geld in den Sport kommt. Nachdem ich gesagt habe, was wir mit dem Maßnahmenk­atalog wollen, hat er nichts mehr gesagt. Ich hoffe, es bleibt dabei.

Alexander Wrabetz

Mehr: Im Podcast spricht Markku Datler über den Rapid-Eklat, die Strafen für den Klub und die Frage, ob Österreich­s Fußball ein Homophobie­Problem hat.

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[Gepa] Rapid-Präsident Alexander Wrabetz plädiert für soziale Kompetenz in Hütteldorf.

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