Für diese Frauenmorde gibt es keine politische Verantwortung
Feministinnen und FPÖ-Funktionäre missbrauchen die jüngste Serie von Tötungsdelikten für billige Polemik. Schämt sich da wirklich keiner?
Fünf Frauen und ein junges Mädchen wurden binnen weniger Tage von Männern ermordet. Was ist nur los in diesem Land? Der Österreichische Frauenring kann das erklären: Es fließt zu wenig Geld in Präventionsmaßnahmen. Rund 250 Millionen Euro würde es kosten, Frauen vor Gewalt zu schützen, behaupten die Aktivistinnen. „Wir können und wollen diesen tief sitzenden Frauenhass nicht mehr ertragen und appellieren an die Regierung und alle Politiker*innen, Männergewalt an Frauen und Femizide sofort zu stoppen“, steht auf der Homepage der Organisation.
250 Millionen Euro sind nach den aktuellen Maßstäben der Budgetplanung nicht viel Geld. Solche Summen gibt die österreichische Bundesregierung an einem normalen Arbeitstag locker noch vor dem Frühstück aus. Ist es da nicht wahnsinnig mies und herzlos, ausgerechnet bei den bedrohten, um ihr Leben fürchtenden Frauen zu knausern? Das wäre es in der Tat – wenn die Kritik des Frauenrings und anderer Gruppen irgendetwas mit der Realität zu tun hätte. Doch offenbar geht es in erster Linie darum, ideologische Duftmarken zu setzen und politisches Kleingeld zu wechseln.
Wahrscheinlich ist die Häufung von Bluttaten in der letzten Februarwoche einfach nur ein schrecklicher Zufall. Nichts deutet darauf hin, dass Österreich plötzlich ein lebensgefährliches Pflaster geworden sein könnte. Die Zahl der Morde ist seit den 1970er- und 1980er-Jahren stark gesunken und schwankt zwischen 50 und 80 im Jahr. Es stimmt, dass schon länger mehr weibliche als männliche Opfer zu beklagen sind. Für das Jahr 2021 etwa weist das Bundeskriminalamt insgesamt 54 Morde aus, zwei Drittel davon an Frauen. Ein Jahr später gab es 72 Morde, davon 39 an Frauen.
Wer aus diesen Zahlen nun den Schluss zieht, dass Frauen in Österreich besonders bedroht seien, verdreht die Fakten – und tut das wahrscheinlich mutwillig. Jedenfalls ist es nicht kompliziert, den korrekten Zusammenhang herauszufinden: Verantwortlich für die hohe Frauenquote unter den Mordopfern ist das insgesamt niedrige Gewaltniveau in
Österreich. Hätten wir Bandenkriege und regelmäßige Schießereien, kämen mehr Männer zu Tode. Wenn Frauen ermordet werden, handelt es sich dagegen meistens um Beziehungstaten – die durch staatliche Maßnahmen besonders schwer zu verhindern sind. Die Schweiz habe ein ähnliches Problem, schrieb die APA vor ein paar Jahren in einem ausführlichen Faktencheck zum Thema. Fazit : Der Mangel an kriminellen Strukturen in Österreich führe zu einer besonders niedrigen Mordrate unter Männern, „während sich die Rate der Frauenmorde oft im europäischen Durchschnitt befindet“.
Aber das ist wohl eine zu banale Erklärung für linke Feministinnen, die es grundsätzlich für eine Zumutung halten, dass die Frauenministerin von der ÖVP gestellt wird.
Hier Vorwürfe zu konstruieren, ist einfach nur billige Polemik.
Deutlich weiter rechts im politischen Spektrum weiß man allerdings auch, wie sich so eine Mordserie instrumentalisieren lässt. Die schlimmste Bluttat mit drei Opfern ereignete sich in einem Wiener Bordell; dringend verdächtig ist ein afghanischer Asylwerber. Der Wiener FPÖ-Chef, Dominik Nepp, nahm das zum Anlass, „eine rigorose Abschiebepolitik“und einen Asylstopp für die Hauptstadt zu fordern. Maximilian Weinzierl, blauer Bezirkschef in der Brigittenau, delirierte in einer Aussendung über Parallelen zwischen Wien und Kabul.
Zuwanderer sind unter Gewaltverbrechern überrepräsentiert, das darf man ansprechen. Aber nicht einmal in Afghanistan gehört es zum landestypischen Brauchtum, willkürlich ausgewählte Frauen derart wahnhaft niederzumetzeln, dass die Opfer kaum noch identifizierbar sind. Wer das tut, ist psychisch schwer gestört. Sollte nicht sogar der FPÖ klar sein, dass man die Asylpolitik nicht an so einem Fall erörtern kann?
Für die jüngste Mordserie gibt es keine politische Verantwortung. Trotzdem Vorwürfe zu konstruieren, ist einfach nur billige Polemik.